>>>>><<<<<
Der Wind wehte in meinen Haaren, und die Spieler bewegten sich in fließenden, eingespielten Mustern über das Feld. Ich hatte meine Kamera in der Hand und machte ein paar Aufnahmen, die ich später meiner Seminararbeit beifügen würde – Momentaufnahmen, die zeigen sollten, wie die Spieler im Training agierten, wie ihr Körper sprach, während sie sich bewegten. Das Klicken der Kamera war wie ein beruhigender Rhythmus, der mich kurz in meinen Arbeitsmodus eintauchen ließ.
Doch heute fühlte sich alles etwas schwerer an. Die letzte Woche, der Vorfall in der Uni und die Gedanken, die immer wieder an die Oberfläche kamen, lasteten wie ein Gewicht auf meiner Brust. Als ich beschloss, dass es Zeit für ein weiteres Interview war, machte ich mich auf den Weg zu meinem Vater, der am Rand des Spielfelds stand und mit einem anderen Trainer sprach.
„Papa," begann ich, als ich ihn erreichte, „könnte ich heute noch ein Interview führen? Es wäre gut, noch eine Perspektive zu bekommen."
Er musterte mich kurz, dann nickte er. „Warte hier, ich schicke dir jemanden. Gib mir ein paar Minuten." Ich sah ihm nach, wie er über das Feld ging und sich an die Spieler wandte. Sein Blick blieb schließlich an Florian Wirtz hängen, und ich konnte nicht anders, als mein Herz einen Moment schneller schlagen zu spüren. Oh, nein. Nicht Flo, dachte ich und straffte die Schultern. Der Junge mit den markanten Gesichtszügen, den durchdringenden Augen und der Art, wie er die Welt zu beobachten schien, als gehöre er nicht wirklich dazu. Er war immer so distanziert, fast unerreichbar.
Mein Vater kehrte mit Flo an seiner Seite zurück. Flo hielt den Ball in der Hand, und selbst aus der Entfernung konnte ich die gleichgültige Miene sehen, die er trug. Sein Kiefer war angespannt, die markanten Linien seines Gesichts betonten diese distanzierte Haltung noch mehr. Ich musste zugeben, dass er gut aussah – auf eine Art, die ihn aus der Masse hervorhob. Aber ich schob diesen Gedanken schnell beiseite. Jetzt ist nicht der Moment, Amber.
„Hier ist Flo," sagte mein Vater und legte ihm eine Hand auf die Schulter, die Flo mit einem leichten Zucken abschüttelte. „Er hat sicher ein paar interessante Einblicke für deine Arbeit."
Flo antwortete nicht, er sah mich nur kurz an, bevor er den Blick abwandte. Der Ausdruck auf seinem Gesicht sagte mir alles: Er war nur hier, weil er musste. Ich seufzte innerlich und setzte mein professionellstes Lächeln auf.
„Danke, dass du dir die Zeit nimmst," sagte ich und legte die Kamera beiseite. Flo nickte knapp, ohne viel Regung. Ein Teil von mir wollte schon aufgeben, bevor ich überhaupt begonnen hatte, aber ich verdrängte den Impuls.
„Also, Florian," begann ich, „wie gehst du mit dem Druck um, der auf dir lastet, gerade weil du so jung bist und schon so viele Erwartungen auf dir liegen?"
Er hielt den Blick auf einen Punkt irgendwo über meiner Schulter gerichtet und antwortete leise: „Training hilft." Keine weiteren Erklärungen, keine Details. Ich wartete, gab ihm Raum, falls er noch etwas hinzufügen wollte, aber er schwieg.
Ich biss mir kurz auf die Innenseite der Wange und fuhr fort. „Gibt es Momente, in denen du dich besonders belastet fühlst, wenn du auf dem Platz stehst und alle Augen auf dich gerichtet sind?"
„Manchmal schon, ja," kam es kurz und knapp. Sein Tonfall war gleichgültig, fast mechanisch, als würde er eine Routine durchlaufen, die ihn nicht interessierte. Meine Geduld begann zu bröckeln, und ich spürte, wie mein Kiefer sich anspannte.
Ich atmete tief ein und sah ihn direkt an. „Wenn du keine Lust hast, hier zu sein, dann sag es einfach. Ich kann auch jemanden anderen fragen. Ich brauche keine Antworten, die wie aus einem Pflichtprogramm stammen."
![](https://img.wattpad.com/cover/382895726-288-k205604.jpg)
DU LIEST GERADE
Kopfspiele - Erstes Band
Fiksi PenggemarAmber Nagelsmann ist die Tochter eines Fußballtrainers, angehende Sportpsychologin und bestens darin, sich hinter einem charmanten Lächeln zu verstecken. Doch zwischen Leistungsdruck, alten Narben und neuen Verbindungen muss sie sich bald ihren größ...