14. Teil

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Ich sah Kaan. Seine schwarzen Haare waren zersaust. Das blaue seiner Augen spiegelte Kälte wieder. Er hielt die Hand meines Vaters fest und entfernte sich Stück für Stück weiter weg.

''Kaan!'', schrie ich so stark, doch meine Stimme hörte sich bloß geflüstert an. Es hatte keinen Sinn, da sie bereits außer Sichtweite waren. Mein Herz schmerzte.  Schmerzte stark und höllisch. Ich erblickte ein langes Messer auf einem Tisch. In meiner Hand betrachtete ich die scharfe Spitze. Langsam führte ich diese an mein Handgelenk und drückte die Spitze anschließend in meine Haut.

Blut, überall Blut. Das Rot erstreckte sich über mein ganzes Sichtfeld. Ich fing erneut an zu schreien. Doch nun lauter, ohne Pause, ohne zwischendurch nach Luft zu schnappen.

,,Defne, steh auf! Komm zu dir!''

Ich öffnete meine Augen und spürte wie verschwitzt  mein Körper war. Vor mir war meine Tante, welche einen besorgten Ausdruck in ihrem Gesicht trug.

Es war ein Traum. Nur ein Traum.
Ich atmete sehr schnell, als ob ich Meilen gerannt wäre.

Meine Tante umarmte mich und streichelte meine Haare tätschelnd. Als ich mich erneut hinlegte und die Augen schloss, dachte sie ich sei eingeschlafen und verließ das Zimmer.

Ich konnte nicht mehr. Drei endlose Tage waren vergangen. Ich hatte meinen kleinen Bruder nicht mehr gesehen. Meine Tante und mein Onkel gingen gestern zu meinem Vater, doch der knallte ihnen eiskalt die Tür vor der Nase zu.

Was hatten sie meinem Engel bloß angetan? Es war nicht mehr wie mein Kaan. Seine Art war völlig ausgewechselt. Die Wut stieg in mir zum erneuten Male auf. Wieso taten sie das alles? Was brachte es ihnen? Was wollten sie durch die Trennung zweier Geschwister bloß erreichen?

Ja, ich litt. Das war immer ihr Ziel gewesen. Nach dem meine Mutter nicht mehr da war musste jemand anderes her, den mein Vater tyrannisieren konnte. Die unzähligen Gedanken brachten mich um den Verstand.  Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.

Am morgen weckte mich das Geräusch des Regens.

,,Tolles Samstag Wetter", murmelte ich mürrisch vor mich hin.  Noch verschlafen lief ich ans Fenster und sah raus. Die Straße war von dem Grau des Regens bedeckt. Es sah alles kühl und leblos aus. Ähnlich wie in mir drin.

Nach dem ich frisch geduscht hatte, ließ ich mich auf den Sessel im Wohnzimmer nieder. Ein kleiner, verrissener Zettel lag auf dem Tisch.

Sind einkaufen gegangen.

Es war die gut lesbare Handschrift meiner Tante. Als ich zu Uhr sah konnte ich nicht glauben, dass es schon zwölf Uhr mittags war. Ich fing an aus langweile und wegen der nötigen Ablenkung zu putzen, auch wenn das meiste schon sauber war. Als ich den Staubsauger aus stellte hörte ich mein Handy klingeln. Ich eilte hin und nahm ab. Es war zur Abwechslung Esma. Meine beste Freundin. Meine Schwester.

,,Defne.'', hauchte sie leise. Auch über die Telefonleitung konnte ich heraushören, dass etwas nicht in Ordnung war.

,,Esma? Alles okay?''

Auf einmal hörte ich sie schluchzen.

,,Esma was ist los?''

,,Mein Leben ist kaputt. Einfach nur kaputt.'', piepste sie und ließ einerseits Irritation und andererseits Besorgnis bei mir hochkommen. Ich schluckte fest und versuchte ihre Sätze zu verstehen.

,,Esma wie meinst du das?!'', rief ich  etwas angespannt. Sie weinte erneut. Ich war überfordert.

,,Bist du in England?'', fragte ich drauf los, da sie auf die andere Frage nicht einging.

SchicksalsschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt