34. Teil

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Caners Lippen waren in diesem Moment eins mit meinen. Mein Herz hämmerte so schnell gegen meinen Brustkorb, wie während einer aufregenden  Achterbahnfahrt. Seine Hände fuhren wohltuend über meinen Hals und über meinen Rücken. Und jede seiner Berührungen ließ einem Hauch von Gänsehaut zurück.  Jeder seiner Berührungen ließ ein gutes Gefühl zurück. Als es plötzlich mehrmals klingelte entzogen wir uns schnellatmend   voneinander.

,,Wer das auch immer ist, er hat ein absolut miserables Timing.", kommentierte Caner laut ausatmend und ließ sich ein letzten, kurzen Kuss auf meinen Mund nicht nehmen. Ich spürte wie mir ein Lächeln über die Lippen schlich. Ich fühlte mich geliebt. Geliebt von einem so tollen Mann.


Einem Mann  - der mich von Sekunde zu Sekunde mehr ausfüllte.
Einem Mann - dem ich vollkommen verfallen war.
Einem Mann - der mir wieder einen Sinn fürs sonst so trostlose Leben schenkte.

,,Wenn es wieder der Postbote ist und er verlangt, dass ich ein Nachbarspaket annehme, raste ich aus.", rief Caner beinahe lachend zurück, als er dabei war zur Haustür zu laufen. Ich stand angelehnt am Türrahmen, welcher zur Küche führte und beobachtete grinsend  wie sein muskulöser Rücken den Blick auf die Haustür verdeckte.

,,Papa?", hörte ich plötzlich Caners verdutzte Stimme, welche nicht mehr belustigt klang. Ich schluckte schwer und spürte wie mir plötzlich unglaublich unwohl würde. Ein großer Mann trat in die Wohnung und sein erster Blick fiel ausgerechnet auf mich. In diesem Moment wäre ich am Liebsten in die tiefste Erdschicht versunken. Oder mich in Luft aufgelöst. Doch all dies war gerade nicht realitätsnah. Meine Wangen glühten rot auf, als Caner sich neben ihn stellte und meinen Hilfesuchenden Blick wahrnahm. Ein identisches, beinah gleiches Grün sah mich rätselhaft an. Der Mann nickte mir ruhig zu und sah zu seinem jüngeren Spiegelbild. Lieber Gott! Was musste sein  Vater bloß von mir denken? 

Erstens: Ich stand am frühen Morgen in der Wohnung seines Sohnes.
Zweitens: Ich hatte unübersehbar Caners Klamotten an.  
Zusammenfassend: Es hätte nicht schlimmer kommen können.

Ich spielte nervös mit dem Saum des zu großen Oberteils und flüchtete mit meinen Blicken.

,,Das ist Defne, meine Freundin.", sprach Caner ernst aus und ich fühlte wie ich von Sekunde zu Sekunde mehr in Peinlichkeit ertrank. Es war komisch, wenn Caner mich so betitelte. Beinahe unglaubhaft und doch so guttuend. Der Blick des Mannes fiel wieder auf mich. Und erst jetzt fielen mir die mehreren, kleinen Narben auf seinen beiden Gesichtshälfte auf. Pechschwarze Haare, welche jedoch an den Seiten mit einigen grauen Strähnen versehrt waren und das Alter des Mannes verrieten.

,,Was willst du eigentlich hier?", fragte Caner und nun erhörte ich wie kalt er sich gegenüber seinem Vater verhielt.
Caner hatte seine Hände in die Hosentaschen gesteckt - was er sehr oft tat wenn er ernster Laune war - und blickte mit zusammengezogenen Brauen in die Augen seines Vaters.

,,Willst du mich nicht zumindest auf einen Kaffee einladen?", fragte sein Vater rau und emotionslos. Caners Seufzer war unüberhörbar und doch bat er ihn mit einer Handgeste auf den schwarzen Couches Platz zu nehmen. Ich übernahm die Aufgabe des Kaffees und zog davor noch meine schwarze Hose von gestern an. So fühlte ich mich zumindest ansatzweise wohler und femininer. In der Küche nahm ich erst richtig wahr, wie schnell mein Puls raste. Es war komisch jemanden aus Caners unmittelbaren, familiären Umfeld kennenzulernen. Denn sonst mied er solche Themen. Als ich den beiden Männern den Kaffee servierte, spürte ich sie schwer die Blicke auf mir lagen. Es war wirklich eine unangenehme Situation.

,,Dass mein Sohn so eine anständige Freundin abgekommen hat, wundert mich.", sprach der Mann plötzlich ehrlich aus und sah abwechselnd von Caner zu mir. Ich knetete nervös meine Finger und sah beschämt zum Couchtisch.

SchicksalsschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt