,,Ich habe dich gewarnt, Vural. Du wirst unglücklich sein.''
Mit diesen recht direkten Wörtern ließ Davut eine verwirrte mich - und einen wutentbrannten Caner zurück. Ich traute mich nicht mal zu Caner zu blicken. Denn sein lautes Schnaufen konnte mir seinen Gesichtsausdruck recht gut beschreiben. Als die Tür laut zugeschlagen wurde blickte ich aus der Starre hinauf. Er war sauer. Doch ich konnte Davut nicht hassen. Ich hatte keinen Grund mehr dazu. Er hatte unser Leben gerettet, ohne ihn wären wir tot. Ohne ihn wär ich jetzt an Buluts Stelle - tief unter der Erde vergraben. Auch wenn ich es wollte - ich konnte ihn nicht hassen.
,,Verdammt!", flüsterte ich leise dahin und lehnte mich gegen die kühle Eingangstür. Irgendwas hinderte mich daran Davut zu vergessen. Ich wusste wer er war. Was er tat. Was er mir mal angetan hat - Dass alles wusste ich. Zu gut.
Erneut lagen weiße Rosen auf ihrem Grabstein. Caners Vater - sicher. Meine legte ich ebenfalls dazu. Meine Mutter liebte sie. Sie liebte Rosen - und sie liebte ihn - Caners Vater. Und ich liebte Caner. Was für ein Paradox.
,,Ich liebe ihn. Trotz, dass es mich fertig macht, dass er eine Nacht mit einer anderen verbrachte. Es macht mich rasend, Mama. Ich will es vergessen, verdrängen, doch ich bin dafür zu schwach. Ich weiß, dass es in der Zeit geschah, wo wir getrennt waren. Ich weiß das. Wie musstest du dich erst gefühlt haben, als sein Vater eine andere heirate? Wie konntest du seelenruhig bleiben? Wie konntest du neben Papa liegen, wenn dein Herz doch nach ihm schrie?''
Ich fuhr langsam mit meinen Fingerspitzen über ihren eingravierten Name. Ich liebte Caner. Ich musste es ihm beweisen. Ich durfte nichts mehr zwischen uns lassen. Mit eiligen Schritten verließ ich den seelenruhigen Friedhof. Meine Finger tippten mehrmals auf das Handy-Display. Eine sanfte Stimme nahm ab.
,,Ich bins Defne. Ich wollte bloß fragen ob Davut daheim ist, ich müsste mit ihm über etwas reden.''
,,Liebes er ist in seiner Wohnung über Nacht geblieben. Such ihn am Besten dort.''
Ich bedankte mich bei Davuts älteren Schwester, Gizem, und fuhr mit den nächstbesten Verbindung zu seiner Wohnung. Ich musste ihm klar machen, dass nichts wie früher war. Nun war Caner da. Er konnte nicht einfach so vor meiner Haustür erscheinen - nicht mehr. Während ein äußerst netter Mann aus dem noblen Gebäude hinaustrat, hielt er mir die Tür auf. Ich bedankte mich schnell und stellte mich in den Aufzug. Er wohnte im Penthouse. Diese Wohnung war sicher mehr Wert als ich je in meinem Leben verdienen konnte. Es war erschreckend, welche finanziellen Welten uns trennten. Wie viele Menschen in Armut lebten, wie viele im blankem Luxus. Es war merkwürdig, was für Unterschiede herrschten. Und doch konnte ich diese Familie - Davut und Gizem - nicht verurteilen. Laut ihren Erzählungen waren sie beide Waisenkinder. Sie erbauten sich alles selbst.
Die Aufzugstüren öffneten sich. Tief einatmend drückte ich auf die golden verzierte Klingel. Es dauerte Ewigkeiten bis ich Schritte hörte. Ungeduldig tapste ich mit meinem Bein auf den grauen Fliesenboden herum. Als sich endlich was tat, blickte ich hoch. Doch solch einen Anblick hatte ich nicht erwartet. Vor mir Davut - ohne Oberteil - mit seinem blanken Oberkörper und äußerst roten Augen. Ich musste schwer schlucken als meine Augen seinen Hals im Blick hatten. Übersät mit rötlichen Flecken. Neben ihm erschien eine dunkelhaarige Frau, welche schon letztes mal hier auftauchte. Sie trug relativ wenig. Ich war wie parallelisiert. ,,Davuts Cousine, nicht wahr? Du denkst wahrscheinlich ich wäre das letzte Flittchen. Erklär du ihr mal lieber die Situation in jugendfreier Version. Ich bin weg süßer.'' Nachdem sie mir zuzwinkerte, drückte sie Davut einen Kuss auf den Mund und verschwand im Aufzug. Davut blickte ihr leer hinterher.
,,Vural was machst du hier?'', fragte er rau und zog mich plötzlich wenig sanft in seine Wohnung. Sein dunkler Blick fixierte mich. Mein Rachen fühlte sich plötzlich staubtrocken an. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Sein nackter Oberkörper, der Hals, die verwüsteten Haare verwirrten mich. Nein wohl eher verschlug es mir die Sprache. Wieso öffnete er auch diese verdammte Tür, wenn er in so einer Situation war? Wieso musste ich mir jedesmal die Schamröte unterdrücken?
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Schicksalsschlag
Teen Fiction» Ich werde versuchen ihn so zu erziehen, wie Du es gemacht hättest. Das verspreche ich dir. « Wie nennt man es, wenn die verschollene Vergangenheit plötzlich ein Verhängnis für die eigene Zukunft wird? Man nennt es Kampf. Gegen die Feinde, die Li...