7. Teil

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Ich blickte auf den Handydisplay und nahm letztendlich ab. Die Stimme meines Vaters schallte aus der anderen Leitung.

,,Defne, wir sind vorher in Izmir angekommen.'', perplex sah ich durch die Luft und konnte um ehrlich zu sein wenig aus den Wörtern meines Vaters deuten.

,,In Izmir angekommen?'', fragte ich verwirrt.

Was wollte mein Vater mitten im Herbst in der Türkei?

,,Ceylan und ich werden hier einige Tage lange bleiben und entspannen, passt auf alles gut auf.''

Meine Brauen zogen sich wütend runter.

.,Was wollt ihr da?''

Der Ton meines Vaters hörte sich mit jeder Frage meiner angespannter an. War es den so leicht, einfach von heute auf morgen wegzufliegen?

,,Wir haben den Flug schon vor mehreren Wochen gebucht.''

Und schon lauschte ich einem fast endlosen Klang zu. Er legte ohne weiteres Wort auf. Die Wut stieg in mir. Wollte er mich grade völlig verarschen? Erholung in der Türkei? Von was musste sich den Ceylan erholen? Vom herumsitzen?! Diese Frau musste nur schnipsen und mein Vater gehorchte ihr wie ein kleiner Hund. Alle ihre Wünsche waren zu erfüllen, wirklich jeder. Sei es die neue Sitzgarnitur im hochwertigem Echtleder oder der für nichts zu gebrauchende, überteuerter Bilderrahmen. Diese Frau hatte meinen Vater um den kleinen Finger gewickelt. Hemmungslos. Wieso ließ er sich von ihr betäuben, wie merkte er nicht, dass diese Frau ihn nicht würdigte und ihm bloß etwas vorspielte? Wie konnte er ihr so vieles ermöglichen und meiner Mutter nicht? Diese Frau war in keiner Hinsicht wie meine Mutter, geschweige besser.

Ich selber war schon mittlerweile sieben Jahre lang nicht mehr in der Türkei gewesen. Aber wenn ich ohne meine Mutter leben konnte, dann auch ohne die Luft meiner Heimat. Innerlich war ich einerseits stinksauer auf meinen Vater und seine Gattin, die sich das Leben zum reinsten Luxus machten und Kaan und mir die Freude am Leben raubten. Doch andererseits war ich doch froh und irgendwie erleichtert, eine Zeitlang nicht mehr die Gesichter dieser Menschen ertragen zu müssen.

Lange saß ich auf der Couch und blickte ins Leere, bis mich das Klingeln der Haustür aus der Gedankenwelt riss. Ich erblickte meinen kleinen Bruder vor mir, mit seinem roten Rucksack in der Hand. Hinter ihm erkannte ich meinen Onkel in seinem Auto winken und wegfahren.

,,Was habt ihr so gemacht?'', fragte ich meinen Bruder.

,,Viel gespielt. Ich war vorher auf dem großen Spielplatz und da war etwas.''

Neugierig blickte ich in ­seine blauen Augen, die mich im Unterbewusstsein immer an die meiner Königin erinnerten.

,,Da kam so ein Mann, der hat mir gesagt ich soll dich grüßen.''

Verwirrt blickte ich zu meinem Bruder und sammelte meine Gedanken, doch konnte keine Lösung finden. ,,Der hat mich wieder kleiner Mann genannt. Ich hasse das, Defne. Ich bin doch nicht klein, oder?''

Ich verschluckte mich an meinem Wasser und durchspielte den Film kurz in meinem Kopf.

Mann, grüßen, kleiner Mann.. Caner! Dieser Idiot.

Meine Gesichtszüge verfinsterten sich. Wie konnte er es wagen, nach der gestrigen Aktion, mich zu grüßen und das noch über meinen kleinen Bruder?!

,,Rede nicht mehr mit fremden, okay?'', ich strich durch das dunkle Haar meines Bruders und musste wieder mit dem Gedanken um Caner kämpfen. Der größte Idiot, den ich je zu Gesicht bekommen hatte. Ich hasste ihn, wirklich.

SchicksalsschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt