38. Teil

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Mein Herz hämmerte schmerzhaft gegen meine Brust, als ich direkt vor ihm stand. Direkt sein Gesicht betrachten konnte. Er schwieg und das ohne jegliche Emotionen. Es war eine komische Situation. Eine Situation, die es in meinem Leben bis jetzt nicht gab. Ich wusste nicht wie ich hiermit umgehen sollte. Aber  ich wusste, dass unser aufeinander treffen nicht korrekt war. Nicht gut war. In meinem Kopf bildeten sich Sätze, welche ich jedoch nicht aussprechen konnte. Egal was ich sagen würde - falsch. Es tat jedoch gut, in seiner Nähe zu sein. Die gleiche Luft wie er ein zu atmen. Unbewusst fielen einzelne Tränen mein Gesicht entlang, welche ich mit meinem Handrücken schnell verwischte. Das Weinen war mir zu Kopf gestiegen. Die Machtlosigkeit brachte mich um. Ich hasste meine momentane schwache Situation.

,,Du wolltest echt gehen, ohne dich zu Verabschieden.'', kam ohne weiteres leise über meine Lippen. Er hob seinen Kopf langsam an. Erst jetzt bemerkte ich, welch intensive Röte seine wunderschönen Augen umrandet hatte. Ich verlor mich erneut in diesen. Welche mir mein Verstand und Atem raubten, immer wieder aufs Neue. Ein tiefer Blick aus diesem Grün machte mich zum Diener. Machtlosen Diener. Diener dieser verbotenen, elendigen Gefühle. Auf einmal hob er langsam seine Hand und legte diese auf meine Wange. Ich schloss für einen kurzen Moment meine Augen. Als ich sie geöffnet hatte, waren meine Wangen erneut verräterisch nass geworden.

,,Es ist besser so.'', sprach er rau und ausdruckslos aus. Sein Daumen verharrte an meinem Mundwinkel und schien dort ein loderndes Feuer zurückzulassen. Ich hätte nichts anderes erwarten sollen.  Ich weiß das. Doch seine Wörter taten weh. Dachte ich ernsthaft, dass er mich nun an der Hand zu sich zieht und zurückkehrt? Dachte ich, dass wir diese bittere Wahrheit verschleiern konnten? Vielleicht. Gäbe es die Erinnerung nicht. Gäbe es den Verstand nicht, der nun dominierte. Es war wie aus Kants Philosophie gezeichnet. Dass einzig moralisch richtige was Mensch tun konnte, war die triebhaften Gefühle auszublenden und der Vernunft zu folgen.

Ohne ihn noch einmal richtig zu betrachten, nickte ich hastig und drehte mich um. Meine Sicht glich einem verpixelten Filmband. Ich traute mich nicht meine Augen zu schließen, denn dann gäbe es kein Halt mehr für meine Tränen. Doch in nächster Sekunde spürte ich wie ich am Arm stark zurück gezogen wurde. Er drückte mich beinahe schmerzend an sich. Sein Geruch benebelte meine Sinne. Ich legte meine Arme um seinen Hals und drückte ihn ebenfalls stark an mich heran. Den Test, meine Mutter.. Ich verdrängte alles. Nun konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Die gespielte Fassade brach in sich zusammen. Mit einer Hand boxte ich gegen seine Brust.

,,Wieso wolltest du gehen? Ohne dich zu verabschieden? Weißt du wie weh du mir tust?''

Ich formte meine Hand immer wieder zu einer Faust und schlug diese gegen seine steinharte Brust.

,,Hast du eine Ahnung wie ich mich dabei gefühlt habe?'', rief ich schluchzend und spürte wie sich in mir drin alles zusammen zog. Er hob meinen Kopf an und strich meine Tränen weg.

,,Defne.'', sprach er leise aus und so wie es kein anderer tat. Niemand. Seine Stirn lag an meiner. Ich erkannte wie seine Lippen zitterten.

,,Mach keine Dummheiten. Bleib so anständig. Ich hasse mich dafür, dich verlassen zu müssen. Ich hasse unsere Eltern. Alles hasse ich, nur dich nicht. Die letzten Monate waren die schönsten in meinem Leben. Und ich werde das nicht beteuern. Auch nicht jetzt wo ich diese scheiß Wahrheit kenne.''

Er küsste meinen Kopf und entzog sich mir. Seine Augen glasig - das Grün Gift. Langsam nahm er seinen Koffer zu sich und ging vor an den Schalter, da die Reihe sich schon komplett gelöst hatte. Der Angestellte nickte ihm zu und gewährte ihm freien Gang. Caner drehte sich noch einmal zu mir. Er schenkte mir ein leichtes Nicken und verschwand dann. Ohne sich noch einmal umzudrehen.

SchicksalsschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt