36. Teil

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Meine Beinen schienen mit dem Boden eins zu werden. Ich war wie eingefroren. Mimik, Emotionen, Sprache -eingefroren. Das Grün seiner Augen wirkte anders. Verschlüsselt und verborgen. So als ob ich davor noch nie hinter die kühle Fassade dieses makellosen Gesichtes durchdringen konnte. So als ob wir uns nicht kannten. Als ob wir uns fremd waren. Den gegenseitigen persönlichen Geruch noch nie gerochen hätten. Uns noch nie nah waren wie in diesem beiläufigen Moment.

Ein schmerzend-beschleunigter Herzschlag bebte gegen meinen Brustkorb. Mein Blick neigte ich zur Seite. 

Weg von ihm. Weg von hier. Weg von allem

Einfach nur verschwinden und das am Besten mit einem lebenslangen Gedächtnisverlust.

Als mich plötzlich ein starker Handgriff zurück zog, schien in mir drin für einen Moment alles stehen zu bleiben. Mein Blick führte ungebremst hoch und schon wieder traf ich auf die Perfektion aller möglichen grünen Farbkombinationen. Die Stelle wo er mich berührte brannte. Brannte schmerzend, höllisch schmerzend. Und so absurd es auch war - die Berührung fühlte sich trotz der Schmerzen gut an. Verboten gut an. Mein Atem schien lange angehalten zu sein. Der Druck auf meinem Arm ließ ab. Sein Blick blieb an meinen Augen hängen. Und es schien mir als ob es minutenlang so war. Auf einmal fühlte ich weichen Stoff auf meiner Hand. Ich blickte runter und beobachtete wie er mir meinen Schall reichte, welcher anscheinend davor zu Boden gefallen war. Diese Erkenntnis löste etwas merkwürdiges in mir aus. Etwas schmerzendes. Ich verfluchte meine Gefühle. Denn diese erhofften sich in dieser widerlichen Wahrheit etwas unmögliches. 

Ich packte das Stück Stoff fest und drehte mich weg. Meine Gesichtszüge probierte ich bestmöglich hart zu halten und nun versuchte ich einfach aus diesem  Lokal rauszukommen. Während ich die Türklinke der Schiebetür drückte fühlte es sich an, als ob sein Blick auf meinem Rücken lag. Es fühlte sich an, als ob mir jemand etwas tonnenschweres gegen meinen Körper drückte. Es war schrecklich. Wortlos lief ich raus. Minusgräder ließen meinen Körper aufzittern. Doch dies war nichts und harmlos, im Vergleich zur Kälte welche in diesem Moment mein Inneres vereiste. Welches jede warme Emotion, jedes intensives Gefühl in einen spitzen, stechenden Eiszapfen verwandelte. 


Am nächsten Tag hatte ich frei und saß mit Esma in einem kleinen Friseursalon. Es war ihr Drängen und ihre Hartnäckigkeit die uns heute hierhin führte. 

,,Jetzt schau nicht so. Du wirst hier verwöhnt, nicht gefoltert!'', rief Esma aus ihrem Nachbar-stuhl zu mir. Sie grinste mich plötzlich an, als sie dabei war einen Katalog auf den hölzernen Tisch zurück zu legen. Ich sah sie fragend an. 

,,Wir wär's: Heute gibt es es nicht nur gewöhnliches Spitzen schneiden, sondern eine Veränderung. Für uns beide, was sagst du?''

Ich blickte unbegeistert in ihre funkelnden hellbraunen Augen. Und wenige Minuten später saßen wir vor dem Spiegel und hinter uns jeweils eine der freundlichen Friseurinnen. Die dunklen, tiefen Augenringe waren unübersehbar und stachen mir als erstes ins Auge.

,,Ich will meine Haare dunkelblond.''

Meine Augen gingen automatisch zu Esma, welche begeistert zur Friseurin sah. Sie wollte ernsthaft von dunkel auf hell? Einfach so? Unüberlegt?

- Gesagt getan. Die Fachkraft war bereits dran, Esmas Wunsch nachzugehen. Ich dagegen wusste ehrlich gesagt nicht was ich mit meinen schwarzen, langen Haaren anfangen sollte.

,,Defne eine äußerliche Veränderung wird dir gut tun. Vertrau mir.'', sprach Esma von meiner rechten Seite. Ich blickte mit gehobenen Brauen zu ihrem breiten Grinsen. Lachend schüttelte ich meinen Kopf und blickte in das freundliche Gesicht der jungen Friseurin. 

SchicksalsschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt