51. Teil - Schlussteil

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Ich wusste nicht was in mich gefahren war. Ich wusste nicht wie lange dieser Kuss anhielt. Ich wusste auch nicht was ich wirklich dabei gefühlt habe - ob ich etwas gefühlt habe. Geschweige wie ich letztendlich vor dem Gebäude Atem- und orientierungslos stand und das Nachbeben meiner geschwollen Lippen spürte. Ich realisierte nicht einmal meine unzähligen Schritte. Das Brennen meines Brustkorbes genauso wenig. Es kam mir vor als ob ich fliegen würde, als ich nach kurzer Zeit schon die Bushaltestelle erreicht hatte. Ein innerliches Chaos ergriff mich und blockierte alles logisch denkendes in mir drin. Gedankenverloren sackte auf einer Holzbank zusammen.

Was hatte ich gemacht? Wo war mein Verstand? Mein Herz? Welches verdammte Gefühl hatte mich ergriffen. Wut? Ja, Wut. Ich strebte nach Rache. Ich wollte dass er litt. Litt wie ich es nun tat, zumindest ein Ansatz des verletzenden Gefühles. Die ständigen Predigten meiner toten Mutter schwirrten mir durch den Sinn »Rache ist immer mit blutigen Händen verbunden « Der Gedanke, dass er diese Frau mehrmals begehrte - ihr reichliche Komplimente machte - mich dermaßen hintergang und auch bis heute nicht rein Tisch machte - tödlich schmerzend. Verrückt machend - unmoralisch machend. Erniedrigend.


,,Ich habe einen Fehler gemacht."

Esmas Gesichtszüge veränderten sich. Ihr mädchenhafter Geruch stieg hoch, als sie sich neben mir aufs Bett setzte.

,,Defne? Was ist passiert?"

Ich spürte blutige Tränen in meinen Augen.

,,Ich bin genau wie er. Die ganze Zeit hat er mir Unsinn unterstellt, und im Endeffekt hat es sich verwirklicht. Ich bin widerlich."

Wie von Schüttelfrost erfasst stand ich auf und versank in weiteren, bitterschmeckenden Tränen.

,,Alles zerstört.", wiederholte ich mehrmals. Mein Handy Display erleuchtete. Nach Tagen erschien sein Name auf diesem. Er meldete sich. Gott was hätte ich früher dafür gemacht, dass diese fünf Buchstaben auf dem leuchtenden Display erscheinen. Das erste mal seit langem war er der, der als erster Kontakt aufsuchte. Ich zitterte noch mehr. Panik, Angst und Wut - all dies ergriff meinen leblosen Körper. Ich nahm es in die Hand. Mein Daumen, mit dem ich den Anruf annahm, zitterte und verfehlte beim ersten und zweiten Versuch. Ohne ein Wort rein zu sprechen nahm ich ab und drückte das Mobilgerät fest an mein Ohr.

,,Defne."

Seine raue Stimme sprach mir sanft zu und ließ ein komisches Gefühl in meinem Herzen zurück.

,,Ich..", begann er zögerlich. Mein Herz zog sich unbewusst zusammen und ließ
mich kaum atmen. Gott diese Schmerzen die ich gerade spürte - die Prügel die ich als junges Mädchen von meiner elenden Familie zugesetzt bekam waren im Vergleich zu diesen nichts.

,,Seepark.in.einer.Stunde...Ich muss dich sehen."

Ein lautes dröhnendes Geräusch blieb zurück. Mein Blick fand Esmas.

,,Was ist passiert?", fragte sie leise und mit großen Augen.

,,Ich erzähle dir alles. Aber..ich muss ihn jetzt sehen."

Sie wollte mich beruhigen, aber nichts konnte mich aufhalten. Nichts. Mit der nächst besten Verbindung fuhr ich zu unserem Treffpunkt. Meine Gedanken schweiften zu gestern. Ich konnte nicht realisieren diesen sündhaften Fehler begangen zu haben. Es schien wie ein schlimmer Albtraum, welcher sich dem Ende nicht zuneigen wollte.

,,[..]Soweit ich nüchtern war und mich erinnern kann, haben wir dreimal zusammen geschlafen. Vielleicht auch mehr. Er hat mir Versprechungen gemacht.."

Meine Augen brannten. Wieso log er? Weshalb tat er das? Wie konnte er drei mal den selben Fehler begehen und diese Frau schwängern? Dann war doch mein bedeutungsloser Kuss mit Davut völlig irrelevant? Oder?

SchicksalsschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt