Ich krallte meine Fingerspitzen in mein Haar und sah nervös in die Dunkelheit raus. War diese Gestalt, von vorher, der Träger dieser verstörenden CD-Rom? Ich spürte einen eiskalten, unangenehmen Schauer an meinem Rücken entlang ziehen. Am Balkongeländer angelehnt quälte mich das chaotische Drehen in meinem Magen. Verstört lief ich in die Wohnung zurück und sah mir das Band noch dutzendmal an. In der Hoffnung noch irgendwas zu erfahren, etwas besser beobachten zu können.. Doch Sinnlos. Ich stoppte die Aufnahme mittendrin. Meine Mutter wirkte sehr Jung. Ich stöberte in meinen zisch Fotoalben herum. Sie wirkte zeitlich verglichen mit meinen ganzen Fotografien, so kurz vor meiner Geburt. Das könnte gut hinkommen.Meine Mutter, meine Königin, zu sehen, lebend.. Es tat so verdammt weh. Man pflegt zu sagen, dass Zeiten Wunden heilen. Aber falsch. Zeit verblendet nach und nach dieses heillose Gefühl, bis zu dem Zeitpunkt wo alles in einem wieder hoch geholt wird. Die belastende Trauer, die brennende Wut, die düstere Vergangenheit holt einen irgendwann trotz allem wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ich schloss meine Augen und lehnte mich mit dem Rücken zurück auf die weiche Couch. Mein Kopf schien Tonnen zu wiegen. Ich legte die CD wütend weg und nahm eines unserer Bilder in meine Hände. Langsam strich ich über ihr beiges Gesicht. Niemand würde sich jemals vorstellen können, wie es damals war. Wie sie leblos ihre Augen geschlossen hatte. Offener, blasser Mund. Kreidebleiche Haut. Sie bewegte sich kein Stück. So still, dass die Luftstösse im Hintergrund beinahe zu laut waren. Jahrelang stopfte ich alle negativen Gefühle in mich hinein, in der Hoffnung keiner würde meine Schwäche sehen. Schluchzend wischte ich mir mit meinem kalten Handrücken die Tränen weg und schloss die Augen. Das Leben meiner Mutter war nicht leicht. Ich wusste das. Ihre Heirat, ihre verlorene Jugend.. Ich wusste das, doch irgendwie wusste ich auch nichts. Gar nichts. Es existierte verborgenes. Ich drückte meine Augenlider fordernd zusammen und schlief mit tausenden Gedanken schließlich noch irgendwie ein.
Am nächsten Tag war ich einkaufen und überlegte bald im Cafe vorbeizuschauen. Ich brauchte meine alte Arbeitsstelle wieder. Das Klingeln meines Handys holte mich aus meinen Gedanken raus. Caner erleuchtete auf dem Display. Er bat mich zu sich zu kommen, um mir jemanden vorzustellen. Verwirrt sagte ich ihm, in zwanzig Minuten da zu sein. Während meiner Hinfahrt telefonierte ich mit Esma. Sie wusste nun wie es um Caner und mich stand. Überrascht war sie nicht. Mehr zufrieden, wenn man ihre Reaktion so nennen konnte. Alles schien wie ein neuer, aufregender Anfang von etwas Besonderem. Nur wusste ich in dem Moment noch nicht, was so besonderes war und ob sich nicht ein erneuter, tiefer Schicksalsschlag aus allem entpuppen würde. Ich lief das weiße Treppenhaus hinauf, bis ich den grünäugigen an der Tür erkannte. Sein Erscheinungsbild war jedes mal anders. Anders besser. Er wirkte von mal zu mal männlicher, reifer, gut aussehender. Ich wusste nicht was mehr an ihm funkelte. Seine Augen oder sein Lächeln.
,,Du siehst besser aus.''
,,Ich hatte auch eine ziemlich gute Verpflegung.''
Seine Augen fixierten mich. Ich musste nachgebend lachen, als er mir den Durchgang mit seinem muskulösen Körper versperrte.
,,Soll ich wieder gehen?''
Das tiefe Grün musterte mich ruhig. Mein Inneres kribbelte. Würde es immer so sein? Würde meine weibliche Seele stehts so unter Strom stehen? Bevor sein Plan, meinem Gesicht näher zu kommen, aufgehen konnte schallte eine tiefe, männliche Stimme aus seiner Wohnung.
,,Wer ist das?'', fragte ich leise und neugierig.
Er zog mich an der Hand in die Wohnung hinein. Ich warf ihm nonstop fragende Blicke zu, doch er ignorierte diese.
,,Das ist mein Cousin, Ziya.''
Ich erblickte ein halbes Tier vor mir. Schwarze Haare. Schwarze Augen. Ein kühler Blick. Er war gut aussehend, aber wirkte schon beim Anblick völlig aufgeblasen. Wieso kam mir dieses Gesicht so bekannt vor? Und dieser Name..Ziya.
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Schicksalsschlag
Teen Fiction» Ich werde versuchen ihn so zu erziehen, wie Du es gemacht hättest. Das verspreche ich dir. « Wie nennt man es, wenn die verschollene Vergangenheit plötzlich ein Verhängnis für die eigene Zukunft wird? Man nennt es Kampf. Gegen die Feinde, die Li...