Ich sah es. Ganz genau. Ich sah das, was meine neu aufgebaute Welt im Bruchteil einer Sekunde völlig zerstörte. Wölbung. Diese Wölbung am Bauch der unsympathischen Frau. Ich war nicht blind.
,,Ich bin schwanger.''
Erneut der abstoßende Akzent. Die Wörter schallten in meinen Kopf nonstop - wie eine Reihe von Buchstaben in Zeitlupe aufgezählt. Schwanger. Schwanger... Runder Bauch. 9 Monate lang. Kind. Mutter, Vater.. Vater.. Caner. Mein Blick war stets zur Frau gerichtet.
,,Sechste Woche. Du bist der Vater."
Mein Herz pulsierte rasend schnell, jedoch kam mir wiederum jeder Schlag unendlich lang gezogen vor. Meine Augen fanden die grünen Smaragde. Sein Blick schien wie eingefroren. Unsere Blicke verschweißten. Es war als ob wir unsere gegenseitigen gedanklichen Sätze lesen konnten. Als ob wir wussten, dass nun alles zerstört werden könnte.
Auf einmal löste Caner unseren Blickkontakt und wendete seine Augen zu dieser Frau.
,,Bullshit. Verarschen kann ich mich selber. Wer weiß mit wie vielen du herum gevögelt hast."
Bei seinem Satz spürte ich unangenehmes Herzrasen. Ich versuchte die Verbindung, die einst zwischen ihm und dieser Frau herrschte, auszublenden - doch es funktionierte nicht ansatzweise. Ihr Modellmaßstab, die roten Lippen - all dies mit der Vorstellungskraft machte mich rasend. Besonders dann, als sie ihm gefährlich nahe kam und Caner mit ihren gierigen Blicken verschlang.
,,In der verbrachten Nacht warst du total verrückt nach mir. Pure Leidenschaft - von beiderseits. Glaube mir nach dir konnte ich an keinen anderen einen Gedanken verschwenden.''
Die Töne in meinem Brustkorb wurden quälender. Ich wusste nicht was mich mehr zerfraß. Die Tatsache, dass Caner die Nacht mit der Frau doch nicht so uninteressant fand, oder die bittere Realität, dass er der Vater von diesem Kind zu seien schien.
,,Du kleine Nutte. Wenn willst du hier für dumm verkaufen? Hast du sie Bastard aufgefunden, sie flach gelegt und willst mir alles in die Schuhe schieben?!"
Caner zitterte vor Wut und spannte seinen Kiefer, zähneknirschend, an. Sein Körper war nun wenige Zentimeter vor Davuts. Mein Kopf schien explodieren zu wollen. Ich wollte weg. Ganz weit weg.
,,Rede dich nicht raus. Steh zu deinen Taten. So dreckig sie auch sind, Dogan.", entgegnete Davut und blickte ihn mit herunter gezogenen Augenbrauen an. Ich fühlte mich fehl an Platz. Als ob ich hier überflüssig wäre. Und das war ich auch. Hier ging es nicht um mich. Auf einmal packte Caner Davut am Kragen und boxte ohne Vorwarnung direkt in sein Gesicht. Davut ging mehrere Schritte zurück und spuckte Blut. Als er seinen Kopf anhob war sein Mund blutverschmiert.
Caners Namen schreiend hielt ich seinen Arm fest, um weitere Schläge zu vermeiden.
,,Lass mich los!", brüllte er und blickte zornig in meine Augen
Was sollte das? Was brachte ihm jetzt, seine Wut an Davut auszulassen? War Davut der, der ihm diesen Abend zuflüsterte, mit dieser Tussi zu schlafen? Nein. War es nicht. Caner musste damit klar kommen. Er nur er! Ich ließ seinen Arm auf seine recht laute 'Bitte' los und drehte mich mit einem Schwung in die andere Richtung. Mit schnellen - nein eher rasenden Schritten verließ ich den Busbahnhof. Tränen stauten sich in meinen Augen. In meinem Hals entfachte sich Feuer, welches mich schwer Atmen ließ. Ich.bin.schwanger Drei Wörter welche mich beinahe zum krepieren brachten. Wie konnte ich über diese Geschehnisse hinwegsehen? Dass er mit einer anderen Frau schlief konnte ich nie völlig aus meinem inneren verbannen. Es brannte mir noch immer auf der Seele. Wie loderndes Feuer. Ich hatte es nur verdrängt. Er wird Vater? Vater! Verdammte scheiße. Wie viele Schicksalsschläge sollte ich noch verkraften? Wie viele? Es ging nicht mehr. Die Kraft fehlte mir. Alles was sich schien zu bessern, wurde von einem auf den anderen Moment zerstört.
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Schicksalsschlag
Teen Fiction» Ich werde versuchen ihn so zu erziehen, wie Du es gemacht hättest. Das verspreche ich dir. « Wie nennt man es, wenn die verschollene Vergangenheit plötzlich ein Verhängnis für die eigene Zukunft wird? Man nennt es Kampf. Gegen die Feinde, die Li...