•~ 17 ~•

103 10 4
                                    

"You won't ever be alone
Wait for me to come home."

"Wow, du hast eine richtig gute Stimme!"
Meine Wangen glühten rot und ich murmelte ein Danke.
"Wieso singst du nicht im Chor? Oder als Solo in unserer Schule?"
"Ich bin schon verschroben und schief, ich brauche nicht noch einen Grund um mir Kommentare von der Elite unserer Schule anhören zu müssen."
"Ist es denn so schlimm?"
"Naja, manchmal mehr, manchmal weniger."
Er drückte meinen Arm und legte die Gitarre weg. Ich saß im Schneidersitz vor Luke und konnte mir sein blasses, eingefallenes Gesicht anschauen.
"Was ist?", fragte Luke als er meinen Blick bemerkte. Ich wurde noch ein Stück roter und hielt mir meine Hände vors Gesicht.
Ich hatte erwartet, dass Luke lachen würde, aber ich hörte nichts von ihm. Bis auf einmal seine Hände an meinen Hüften zu spüren waren und er mich umdrehte und gegen sich zog, er wischte meine Hände von meinem Gesicht. Dann hörte ich ein Klicken und wurde geblendet.
"Das erste Bild."
Ich starrte ihn entgeistert an, senkte meinen Kopf und ließ meinen langen Pferdeschwanz ins Gesicht fallen. Luke strich ihn sacht nach hinten. "Und es werden noch 364 folgen."
Er lächelte und drückte meinen Arm. "Mehr oder weniger."
"Mehr oder weniger", echote ich und schaute ihm in die Augen. Seine haselnussbraunen Augen funkelten und ich roch den scharfen Duft, den er an sich haften hatte. Seine blonden Haare standen von seinem Kopf ab und einige Strähnen verirrten sich in seinem Gesicht.
    "Ich habe mir überlegt, dass wir so bald wie möglich mit meiner Liste anfangen sollten", warf er ein und ich konnte mich nur schwer auf seine Worte konzentrieren.
"Ja das denke ich auch. Aber erst einmal Schritt für Schritt, die Hausaufgaben!", ich zog meinen Ordner heraus und zeigte ihm ein paar der Reime die ich aufgeschrieben hatte.
"Das Thema ist Frühling und unsere Hoffnungen und Träume. Das können wir dann beim Frühlingsball vortragen."
"Das mache ich nicht!", kam es blitzschnell von Luke. "Ich lege den Anderen doch nicht einfach meine tiefsten Gefühle offen!"
Grinsend nickte ich und stimmte ihm so zu.

Ich verbrachte noch eine lange Zeit mit ihm im Zimmer. Einmal kam die Schwester rein und flüsterte Luke etwas zu, dann war sie auch schon verschwunden.
Eine halbe Stunde später, klopfte es an der Tür und ein Arzt kam herein. Wie von der Tarantel gestochen, sprang ich auf und taumelte nach hinten. Luke begann laut zulachen und konnte sich kaum noch halten.
"Hallo, ich bin Doktor Matthew."
"Eden Hendriks. Du Luke ich verschwinde dann mal", sagte ich an Luke gerichtet, doch er hielt mich mit einer Geste zurück.
"Ich will, dass du dir bewusst wird, was dieser Herzfehler für Folgen hat. Fangen wir an Doktor Matthew?"
Der Arzt trat an Lukes Bett und setzte sich auf den Stuhl auf dem ich eben gesessen habe, Luke hob die Schulsachen und die Gitarre vom Bett.
"Also wie geht es dir so, Luke?"
"Ganz gut eigentlich."
"Wie schlimm war dieser Anfall?"
"Auf einer Skala von eins bis zehn? Sieben vielleicht?"
"Also doch so schlimm."
  Die Beiden schienen sich schon zu kennen und ich fühlte mich wie am falschen Ort. Doktor Matthew zog sich Gummihandschuhe an, Luke winkte mich zu sich und nickte mir ermunternd zu, als ich mit zögerlichen Schritten auf ihn zukam.
"Würdest du meine Hand halten?", er streckte mir seine große wohlgeformte Hand entgegen. Ich streckte mein zierliches Händchen aus und ergriff seine.
"Gut, fangen wir an."
Der Doktor zog Luke das Hemd an der Brust herunter und begutachtete seine Brust. Dann legte er seine Finger dorthin, wo sein Herz war. Lukes Finger drückten auf meinen Handrücken und er schaute nur mit Widerwillen dem Arzt bei seiner Arbeit zu.
"Hey, wie findest du den Satz: Weiß und schwarz, das ist was wir sind. Sollten uns nie treffen, aber das Schicksal spielt anders ?"
"Was?", zischend zog er die Luft ein und wandte seine Augen auf mich.
   "Ich dachte das passt zu meinem Poetry. Findest du das gut?"
Luke runzelte dich Stirn und schien sich sichtlich zu überlegen ob ich wichtiger war als der Arzt. Plötzlich grinste er mich an und wie immer sah er aus wie ein Kind.
"Das ist perfekt!"
"Gut", ich lächelte ihn an und seine Finger drückten sachte zu.
"So das wäre es für's Erste", Doktor Matthew zog die Handschuhe aus und warf sie in den Müll.
"Wie sieht's aus?", ich löste meine Hand von Lukes, doch er schnappte nach ihr und hatte sie schon wieder umklammert, bevor ich überhaupt zucken konnte.
"Naja...", Doktor Matthew warf einen Blick auf mich und seufzte dann. "Wenn sich deine Herzanfälle verschlimmern, muss man dir einen Katheter legen, damit dein Herz wenigsten noch pumpen kann."
"Wenn mein Herz es denn zulässt", murmelte er und der Arzt sah ihn mitfühlend an.
"Klappt schon alles!", dann verschwand er aus dem Raum. Luke ließ meine Hand los und wuschelte sich durch die Haare.
"Als wenn das alles klappt!"
Er wirkte kraftlos, seine Hände sanken von seinem Kopf und blieben auf dem Bett liegen.
"Hilf mir bitte raus", Luke legte seine Hände auf meine Arme und ich packte seine starken Unterarme.
    "Gut, dann eins, zwei, DREI!", so fest es ging zog ich ihn an seinen Armen hoch und er rutschte aus dem Bett heraus. Als er stand, hielt er sich kurz den Kopf und nickte mir dankend zu. Er begann in Richtung Badezimmer zu taumeln.
    "Warte ich helfe dir!", er stützte sich auf mir ab und ich half ihm ins Bad.
"Geht es dir immer so schlecht danach?", fragend blickte er auf und schüttelte den Kopf.
"Nein, normalerweise nicht. Aber das war einer der, eher seltenen, schweren Anfälle."
"Achso."
Er zupfte an einer Tasche herum, zog eine Jogginghose und ein Longsleeve heraus. Ich blieb vor ihm stehen und wartete.
Soll ich helfen?
Er schaute mich fragend an, seine Gesichtsfarbe änderte sich in ein zartes Rosa.
"Oh, ja... Entschuldigung... Ich meine... ähm... bis gleich!", ich trabte aus dem Badezimmer heraus und versteckte mich neben dem Bett.

"Eden? Hey Eden?"
"Hmm?"
"Komm schon, ist es dir so peinlich?"
"Ja ist es."
"Na los, komm. Lass uns zum Dach!", er nahm meine Hand und zog mich hoch. Luke ging schon wieder viel aufrechter und schlingerte nicht mehr so doll wie vorher.
"Diese Idee hat es dir echt angetan, hmm?", fragte ich und schaute zu ihm hoch, seine Augen fixierten meine und er hob die Kamera vom Bett.
"Klar. Wieso nicht?"
"Nein, ich mein ja nur", verteidigte ich mich. Luke legte sich den Finger auf die Lippen und öffnete leise die Tür, dann schlichen wir durch den verlassenen Flur, um die Ecke und in ein Treppenhaus herein. Ich stieg die Treppen nur langsam hoch, um Lukes Herz zu entlasten. Zwischen uns herrschte Stille. Aber es war keine erdrückende oder seltsame, sondern eine ruhige und schöne Stille. Ich könnte mich an sie gewöhnen.
"Und...", Luke stieß die Tür auf und lächelte mich an "... Tadaa!"
Grinsend trat ich hervor, unter meinen Füßen war mit leuchtend roter Farbe ein Landeplatz für einen Helikopter gemalt.
"Musstest du schonmal mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden?", er schüttelte zum Glück den Kopf und sagte dann: "Nein, aber mein Vater. Er hatte einen Autounfall, nachdem meine Ma uns verlassen hatte."
   Meine Augen weiteten sich, aber er schaute ganz gelassen auf mich herunter.
"Ich finde, du solltest wenigsten etwas über mich erfahren."
Wenn ich so darüber nachdenke... du weißt mehr über mich, die ich so verschlossen bin, als ich über einen offenen Kerl wie dich.
   "Hmm", brummte ich und trat näher an den Rand heran. Luke stellte sich neben mich und zeigte auf die große Bücherei in unserer kleinen Stadt.
"Irgendwann gehen wir da mal zusammen hin."
"Bestimmt, dann zeigte ich dir meine liebsten Bücher."
"Gut! Und ich werde dir meine Lieblingsfilme zeigen."
Lachend drehte ich mich zu ihm und hob meine Hand, er betrachtete sie kurz, dann wusste er was ich wollte und klatschte mich ab.
    Nach ein paar weiteren Minuten der Stille, begann er tief zu atmen und schloss die Augen.
Danach begann er zu rufen, schrie sich die Seele aus dem Leib und beleidigte sein Herz und sein Leben.
   Das ging so eine halbe Stunde, bis uns jemand entdeckte und uns vom Dach runterschleifte.
"Das ist für Hubschrauber gedacht! Nicht für Rotznase die herumbrüllen und ihr Leben hassen!", der Mann schimpfte uns regelrecht aus, ich zog den Kopf ein, währenddessen Luke sich aufbaute und blöde vor sich hin grinste.
   "Wollen wir fliehen?", flüsterte er in mein Ohr und ich starrte ihn erschrocken an.
"Los!", rief er und zog mich mit sich. Lachend rannte er die Gänge herunter und zog mich mit sich.
   Nachdem wir ein paar Hacken geschlagen hatten, kamen wir wieder in dem Krankenzimmer an. Luke hatte nicht aufgehört zu lachen und ich meine Luft verloren, durch das Rennen.
"Das... war zu viel... für mich", japste ich und stemmte meine Hände auf meine Knie.
"Sorry!", lachte er und streifte mir die Haare aus dem Gesicht.
"Komm morgen wieder, ja?", seine Augen glitzerten und seine Mundwinkel waren auf eine schiefe Weise verzogen worden.
"Immer. Solange du es willst."
"Immer", antwortete Luke ernst und schaute in mein sicherlich rot angelaufenes Gesicht.
"Ich weiß, dass ich rot bin! Hör auf mich anzustarren!", murrte ich und wandte meinen Kopf ab.
"Du bist nicht rot... nur eine leichte Rötung", er nahm mein Gesicht in seine Hände und hob es an. Seine Augen forschten in meinem Gesicht nach irgendwelchen Anzeichen.
    Draußen war die Sonne schon fast untergegangen und warf ein rötlich, orangenes Licht in das Zimmer. Es tauchte alles in einen wunderschönen Schimmer, fast schon magisch.
   Sein Gesicht senkte sich auf meines hinab und er schloss die Augen. Ich konnte sie nicht schließen, dann wäre mir dieser schöne Moment bestimmt verloren gegangen.
Schön? War das etwa was ich wollte? Das ein Todgeweihter mich küsste? Damit es nur noch mehr schmerzte...?
Unsere Nasen berührten sich leicht und er hob mein Gesicht an, um mich zu küssen. Ich spürte seinen Atem auf meinem Gesicht. Seine Wärme übertrug sich auf meinen Körper.
Gleich würde es passieren. Gleich würde ich das erste Mal geküsst werden! Gleich...
   Er schlug die Augen wieder auf und wich schlagartig von mir weg, als hätte ich eine ansteckende Krankheit.
"Entschuldigung", keuchte er und wischte sich über die Lippen und Augen.
"Ja", flüsterte ich. Luke blickte auf und atmete tief aus.
"Das darf nie wieder passieren! Niemals! Du darfst das nicht verstanden?!"
"Was darf ich nicht?!", fauchte ich ihm, genauso wütend, entgegen.
"Dich in mich verlieben! Herr Gott nochmal!"
"Spinnst du?! Du hast mich an dich gezogen!"
"Das war doch nur wegen diesem Moment! Normalerweise würde ich dich niemals im Leben küssen wollen!", er hatte die Hände zu Fäusten geballt. Ich hatte keine Ahnung warum ich so sauer war, aber das traf mich mitten ins Herz.
"Na fein! Dann hast du ds jetzt erreicht! Tschüss! Vielleicht sehen wir uns ja nochmal, wenn du nicht wieder einen dieser Momente hast!", mit diesen Worten schnappte ich mir mein Zeug und rannte aus dem Raum heraus.
Weg von diesem quälenden Gefühl der Zurückgeweisenheit, weg von seiner Wärme. Endlich weg. Einfach nur weg.

-------------------------------------------------------
Hey meine Leseratten!
Na wie gefällt euch dieses Kapitel?
Ich würde mich darüber freuen wenn ihr mir eure Meinung über diese Entwicklung schreiben könntet! :-)

Für Immer Bei DirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt