Wir saßen im Auto und fuhren hin zu dem Platz, wo das Feuerwerk heute stattfinden sollte.
Nachdem wir Andy angerufen haben und ihm alles erklärten, stimmte er zu mit einem Taxi zum nächsten Bahnhof zu fahren und dort, den Zug zurück zu nehmen.Es war gefährliches Terrain, alleine mit Luke in einem Auto. Verdammt gefährliches Terrain.
Ich balancierte den Tortenkarton auf meinen Oberschenkeln, was mir in etwa so viel Schutz gab, wie wenn ich mich hinter einer Schüssel verstecken würde, wobei ich Luke mit der Schüssel auf den Kopf hauen könnte.
Aber ich glaube sowieso, dass ich eher das Problem bin, und nicht Luke. Immerhin kenne ich niemanden der sich wünschen würde, der Fahrer eines Autos würde sich zu mir beugen und mich küssen und damit gefährden, dass wir beide draufgehen.
Niemand außer mir.
"Lass uns ein Spiel spielen", sagte Luke auf einmal in die Stille hinein. Ich wandte meinen Kopf zu ihm und musterte ihn. Luke warf mir einen Seitenblick zu und zuckte mit den Schultern. "Okay fang an", antwortete ich.
"Gut. Es heißt Wahrheit oder Fressen."
Ich zog meine Augenbrauen angewidert zusammen und beobachtete Luke. "Guck nicht so böse, hol mal aus dem Handschuhfach die Tüte Gummibären raus."
Misstrauisch zog ich die Tüte heraus und meine Befürchtung war bestätigt. Die waren steinhart.
"Also das Spiel funktioniert so, dass ich dir eine Frage stelle und du sie beantworten musst, wenn du es nicht willst, musst du einen dieser Dinger essen", Luke nickte der Tüte in meiner Hand zu. "Dasselbe darfst du dann auch bei mir machen, verstanden?"
"Ja, ist ganz einfach, ich weiß nur nicht ob ich das wirklich spielen will", warf ich ein.
"Na komm! Sei keine Memme!", meinte Luke und schloss seine erste Frage an mich, an. "Wieso hast du den Zettel nicht einfach weggeschmissen? Wieso hast du mich gefunden?"
Ich überlegte kurz und antwortete: "Meine Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, ich weiß also wie es ist, jemanden zu verlieren. Ich wusste nicht ob du Selbstmord oder sowas begehen wolltest, aber ich wollte dir helfen.
Ich hatte gehofft, dich abbringen zu können, und selbst wenn nicht, wenigstens konnte ich deiner Familie nach deinem Tod, etwss geben was sie ruhen lassen kann, auch wenn ich nicht wusste was."
Im Auto wurde es still. Es vergingen Minuten, endlos lange Minuten bis Luke sich räusperte und sagte: "Du bist an der Reihe."
Aber mir fiel keine Frage ein.
"Ich finde das Spiel ziemlich unlustig."
"Ich auch", seufzte Luke. "Aber ich möchte gern, dass du mehr von mir erfährst und wenn es nur so geht, dann mache ich es so", er hielt an einer roten Ampel und sah mich an. Langsam strich Luke mir das Haar aus den Augen. Ich könnte mich in seinen Augen verlieren.
Aber da sprang die Anpel auch auf grün und Luke wandte sich wieder dem Straßenverkehr zu.
"Okay... also, hm, bis jetzt habe ich nur deinen Vater gesehen. Wo ist denn deine Mutter?"
Luke räusperte sich und kratzte sich dann am Kopf.
Er sah verdammt gut aus, wenn er nur mit einer Hand fuhr. Luke sah immer gut aus.
Okay! Genug Geschmachte, konzentrier dich!
Ich räusperte mich und wartete bis Luke seine Hand wieder ans Lenkrad lag und die Wörter aus seinem Mund kam.
"Sie ist abgehauen nachdem sie mich geboren hatte. Ich glaube, sie wollte kein krankes Kind, hat deshalb ihre Sachen gepackt und ist abgehauen. Oder sie wollte meinen Vater nicht, aber dann verstehe ich nicht, wieso sie mich bei ihm gelassen hat."
Er war verwirrt, starrte aber trotzdem so kühl wie es ging auf die Fahrbahn und umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
Am liebsten wollte ich ihn in den Arm nehmen, aber ich war nicht in der Position das zu tun. Noch nicht. Vielleicht auch nie.
"Ich bin dran. Wieso lässt du dich so schlecht behandeln? Was bringt es dir?"
Ich antwortete als hätte ich auf diese Frage gewartet, vielleicht hatte ich das auch: "Es bringt mir nichts, aber es zeigt wie ich zu all dem Schulchaos stehe. Wieso muss ich mit den Zicken lachen, wenn sie hinter meinem Rücken über mich lästern und ich die eigentlich nicht mag? Es interessiert mich nicht, und ich will auch nicht cool sein.
Die Leute mögen meine Art nicht, wenn es so sein soll, ist es mir egal."
Luke schmunzelte und nickte anerkennend, "Deshalb mag ich dich so".
"Was hättest du getan, wenn ich dich nicht gefunden hätte?", ich schluckte, weil ich selbst Angst hatte, die Wahrheit zu erfahren, aber das Unwissen, war noch viel unerträglicher.
"Ich weiß es nicht. Vielleicht hätte ich die Schule abgebrochen und hätte von meinem Vater verlangt mit mir zu reisen oder etwaiges in der Art. Ich habe ehrlich keine Ahnung, aber so wie es gekommen ist, bin ich verdammt glücklich. Wenn ich etwas ändern dürfte, würde ich das sicherlich nicht verändern... Oder doch, ich würde mein Verhalten verändern und ein paar Dinge früher sagen, als ich es getan habe."
"Was für Dinge?", Luke hatte die Begabung, Geschichten so zu erzählen, dass man neugierig wurde und immer mehr erfahren wollte. Er wäre bestimmt ein guter Autor geworden, oder aber ein perfekter Fotograf, der er schon war.
...Wieso denke ich das?! Luke lebt! Er sitzt gerade neben mir, spricht mit mir! Ich bin nicht anders, als die Zicken in der Schule.
"Ich bin ein verlogenes Miststück", seufzte ich und krallte meine Fingernägel in meine Oberschenkel.
"Eden?", Luke warf mir einen besorgten Blick zu und nahm meine Hand. "Eden?", fragte er nochmal, etwas drängender.
Ich legte meine Stirn an seine Schulter und flüsterte in sein Hemd. "Ich weiß, dass du lebst und ich will dass du lebst. Aber manchmal denke ich von dir als wärest du tot, in der Vergangenheit, obwohl du neben mir sitzt und lachst, sprichst und schimpfst. Ich hasse mich dafür selber!"
Plötzlich hielt der Wagen an und Lukes Arme schlangen sich um meinen Rücken und drückte mich. Der Karton rutschte mir fast von den Schenkeln, doch Lukes einer Arm drückte ihn wieder auf meinen Schoß.
Er ließ mich los und strich mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht.
"Du bist gut zu mir, Eden. Du nimmst mich so an, wie du es für richtig hältst. Ich will nicht wie ein zerbrechliches Glas behandelt werden, sondern wie jemand der stark ist. Und so siehst du mich", er hob meine Hand und drückte mir einen Kuss auf die Handfläche, küsste meine Fingerkuppen und strich mit seinem Daumen über meine Wange. "Jeder würde so denken. Ja selbst ich denke manchmal so über mich selbst. Es ist nicht falsch, und auch nicht schlimm. Ich verspreche es dir", seine Augen fesselten meine, ich fühlte mich wie an dem Tag, als er mir die Wahrheit über sich erzählte.
Der erste Schritt in eine Richtung, die ich niemals bereuen würde.
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Für Immer Bei Dir
RomanceIch räusperte mich. "Gehört das dir?" Er wirkte ehrlich geschockt, doch dann entspannte sich sein Gesichtsausdruck. Seine Mundwinkel gingen leicht nach oben, doch seine Augen sagten etwas anderes als sein Lächeln. Es war erschreckend. Das Lächeln wi...