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Immer wieder übergab sich Luke und in mir breitete sich immer weiter die Frage aus, wie ein Mann so viel spucken konnte.
Gerade lehnte Luke an einer Hauswand und würgte wässrige Galle hoch, meine Hand strich beruhigend über seinen Rücken, obwohl mir bei dem Anblick auch speiübel wurde.
Ich rieb zwischen seinen Schulternblättern, damit sich die Muskeln entspannten und er nicht mehr so verkrampft war.
"Tschuldige'", murmelte er und wollte sich über den Mund wischen, doch bevor er seine Jacke ruinieren konnte, drückte ich ihm ein Taschentuch auf den Mund und wischte die Reste weg.
"Schon gut", antwortete ich knapp, legte meinen Arm unter seine Achsel und wir setzten uns wieder langsam in Bewegung.
"Ist dein Vater da, um sich um dich zu kümmern?"
"Der is' bei einem Kunden im Ausland", nuschelte und ich wuschelte mir durch meine langen, zusammengebundenen Haare.
"Dann muss ich auf dich aufpassen", flüsterte ich, sodass er es weder hören, noch verstehen konnte.

Als wir am Haus ankamen, kramte Luke in allen Taschen seiner Jacke und Hose, fand den Schlüssel aber nicht. Kurzerhand kniete ich mich mit Augenrollen vor ihn und zog den Schlüssel aus seiner rechten Jackentasche.
Nach mühsamen Fummeln, damit dieser ins Schloss passte, bugsierte ich Luke ins Haus und schloss die Tür mit einem Tritt.
Luke stützte sich wackelnd an der Wand ab und versuchte sich die Sneaker auszuziehen.
Ich drehte mich weg um ihn nicht ansehen zu müssen und um meine Jacke und Schuhe auszuziehen, als es plötzlich laut knallte und Luke auf dem Boden lag.
Ich schlitterte über den Parkettboden zu ihm und ließ mich auf die Knie fallen. "Ist alles okay Luke?"
Er blieb stumm auf dem Bauch liegen und machte keine Geräusche, noch nicht einmal sein Körper bewegte sich.
... Noch nicht einmal sein Körper!
Ich lehnte mich gegen ihn, verlagerte sein Gewicht, sodass er auf den Rücken rollte.
Ich drückte mein Ohr auf seine Brust, das kalte Metall kitzelte mich, plötzlich packten mich zwei starke Hände und ich spürte weiche Lippen auf meinen.
Er war nicht wie unseren anderen Küsse, dieser war drängend, ungebändigt und voller Schmerz.
Wir lösten uns keuchend voneinander, Luke drückte meinen Kopf in den weichen Teil seines Nacken, wo dieser zur Schulter überging.
"Es geht mir gut, Eden."
"Alles bestens", flüsterte er mir leise zu und strich über meine Haare. Ein Tränenschleier ließ den Flur verschwimmen.
Luke hielt meine Taille so fest, als wäre rr kurz vorm Ertrinken und ich das einzige an das er sich klammern konnte.
Vielleicht stimmte das sogar, ich war mir nicht sicher.

Nach weiteren Sekunden ließ Luke mich los und fuhr sich durch das verwuschelte Haar.
Ich rutschte von ihm herunter und hing meine und seine Jacke auf, stellte die Schuhe ordentlich hin.
Als ich mich umdrehte, betrachtete Luke mich eingehend mit zusammengezogenen Augenbrauen, als müsse er überlegen wer ich war.
Instinktiv reichte ich ihm eine Hand und legte meinen Kopf etwas schräg.
Luke zog die Augenbraue spöttisch hoch und kicherte. "Du willst mir aufhelfen? Du würdest wohl eher auf dem Boden landen, als mich hochziehen zu können."
Er zog sich an der Wand hoch und schlich durch das Wohnzimmer, auf leisen Sohlen folgte ich ihm.
Kurz rutschte er aus, meine Hand schnellte hervor und lag an seinem Ellenbogen.
Er warf mir einen Blick zu, den ich nicht deuten konnte und zog seinen Arm aus meinem Griff.
Langsam und schwankend stieg Luke die Treppe hinauf, meine Hand lag an seinem Rücken, um ihn zu stützen.
"Eden könntest du deine Finger von mir lassen?", fragte Luke gereizt und nahm zwei Stufen auf einmal.
"Was ist mit dir los?", mein Stolz war gekränkt und eine dunkle schwarze Welle aus Wut kochte in mir hoch.
"Eden", seufzte er.
"Ich sollte seufzen und Luke sagen!", fauchte ich und äffte seine Stimmlage nach.
Wir waren die Treppe beide energisch hoch gestiegen und ich starrte ihn wütend an, als er sich umdrehte.
Seine Lippen kräuselten sich, als er mir in die Augen sah, ich öffnete den Mund, doch Luke legte seinen Zeigefinger auf meine Lippen und lächelte charmant.
Seine Wangen waren von dem Alkohol gerötet und seine Augen funkelten wässrig.
"Wenn du mich so anfässt, als wäre nichts dabei und ich so betrunken bin... dann habe ich Gedanken, Eden, die du dir nicht mal in deinen feuchtesten Träumen vorstellen kannst."
Meine Wangen wurden heiß, ich schob ihn von mir weg und schüttelte meine Hand, als Zeichen, dass er vorgehen sollte.
Luke öffnete eine Tür die zu dem Badezimmer führte und betätigte davor noch den Lichtschalter.
Der Flur wurde von warmen Licht umfangen und die dunkelgrauen Wände kamen zur Geltung.
Luke zeigte schnell auf eine Tür gegenüber des Badezimmers, knallte plötzlich die Tür zu und - wie man an den Geräuschen hinter der Tür vermuten konnte - spuckte noch einmal.
Ich ging auf die Tür zu und öffnete sie einen Spalt, schaute hindurch und schielte durch den kleinen Schlitz.
Hinter diesem lag ein Zimmer in der nächtlichen Schwärze, der Boden war mit einigen Büchern bedeckt und ein großer Erker trat etwas durch den Mondschein hervor.
Ich knippste das Licht ein und trat ganz in das Zimmer, mir stieg ein muffeliger Geruch in die Nase.
Wie als wäre es mein Zimmer öffnete ich die Erkerfenster und starrte auf die Bäume die vor dem Fenster lagen.
Der Wind bewegte die Blätter, es wirkte gespenstisch schön. Ich erkannte eine im Garten hängende breite Schaukel, die leicht quitschte als der Wind sie anstupste.
Die Luft hatte sich abgekühlt, sodass ich eine leichte Gänsehaut bekam.
Das Haus war wirklich schön. Modern, warm und trotzdem strahlte es eine männliche Presenz aus. Ich seufzte, wuschelte mir durch meine Haare und öffnete meinen Zopf.
Die langen Haare fielen mir in Wellen über den Rücken und einige der widerspenstigen Strähnen stand ab oder kringelten sich nach oben.
Das Gummi war herunter gefallen, deshalb kniete ich mich auf den Boden und bemerkte die Kamera und unsere Bilder auf einem Stapel Bücher liegen.
Zitternd griff ich nach den Bildern, seit vier Tagen hatten wir keine Fotos mehr gemacht, ich strich mit meinen Fingerspitzen über Lukes Gesicht und seine Augen.
Diese hasselnussbraunen Augen, die funkelten und mir auf einem Foto fest in die Augen blickten.
Die Fotos waren alle ordentlich gestapelt gewesen, fast sah es so aus, als hätte Luke sie nicht einmal angefasst.
Aber da waren diese abgerundeten, geknickten Ecken, die schon abgegriffen aussahen.
Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, mein Herz klopfte unaufhörlich und in mir regte sich ein wärmendes Gefühl der Liebe und des Glücks.
Ich richtete mich auf und schaute in Richtung des beleuchteten Flurs und zu der Tür hinter der man Luke noch immer hörte.
Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass Luke so jemand ist. Jemand der sich, wenn er frustriert ist, betrinkt und vergisst wer er überhaupt ist. Der die Leute die er liebt von sich stößt.
Plötzlich bemerkte ich, dass ich gar nichts über ihn wusste. Nichts, und trotzdem hatte ich mich in ihn verliebt.
Sollte Liebe so sein? Das man sich Knall-auf-Fall in jemanden verliebt, ohne ihn zu kennen?
Eigentlich sollte man sich doch erst durch die Eigenarten des anderen in diesen verlieben.
Dieser neue Luke gefiel mir nicht, machte mir sogar Angst.
Eine Gänsehaut trat auf meine Haut und meine Härrchen auf den Armen richteten sich auf.
Aber da spürte ich das Material in meinen Händen, die Fotos die Luke solange angesehen hatte, sodass sie schon älter aussahen, als sie waren.
Mir wurde übel, mein Kopf drehte sich und ich spürte wie die Ader unter meiner Schläfe hervortrat.
Ich war verwirrt und wusste nicht mehr was ich glauben und auf was ich hoffen sollte und konnte.

Doch ich wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen, als Luke etwas durch die Tür rief.
Seufzend lehnte ich mich zu seinem Bett hinüber, legte die Bilder auf eine Kommode und holte die graue Hose und ein schwarzes breites T-shirt unter der Bettdecke hervor.
Damit stiefelte ich zu Luke und klopfte an die Tür.

Für Immer Bei DirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt