Der Bus war überfüllt, jüngere Schüler, ältere und die Abschlussmachenden drängten sich Körper an Körper.
Die nackten Arme drückten sich aneinander und die Wärme von außen machte es nicht besser. Es war der wärmste Frühlingstag dieses Jahres.
Und trotzdem trug ich die lange Bluse mit dem Blazer, statt der Sommeruniform. Ich fand es einfach unangebracht mit entblößten Armen zur Schule zu gehen. Ich zwirbelte eine Haarsträhne um meinen Finger und hielt mich mit der anderen Hand an einer Schnalle am Dach fest.
Plötzlich lag ein Kinn auf meinem Kopf. "H-hey!", schimpfte ich und hob meinen Kopf. Das Kinn verschwand nicht, aber ein Leberfleck tauchte vor meinen Augen auf.
Er saß am Kiefer etwas unter dem Kinn. Eine ziemlich seltsame Stelle für ein Muttermal.
"Na Eden? Wieso so bedrückt?", fragte mich die dunkle Stimme und hob das Kinn. Das blonde verwuschelte Haar leuchtete in der Frühlingssonne, die sich durch die Fenster und die Schüler schob.
"Ich bin nicht bedrückt, Luke", amtwortete ich und schüttelte meinen Kopf.
"Du trägst ja noch die lange Uniform. Wechsel doch auf die Sommeruniform."
Ich blickte an ihm herunter. Das kurzärmlige Hemd stand ihm unfassbar gut, obwohl es bei allen anderen kastig wirkte und dick machte. Seine Krawatte hing falsch geknotet an seinem Hals. Meine Lippen kräuselten sich und ich musste mein Lachen unterdrücken.
"Was ist denn?", ich hielt die Hand vor mein Gesicht und kicherte weiter. "Ha! Na Eden?", Luke packte meine Hand und verwuschelte meinen Zopf.
"Hey!", ich schob ihn von mir weg und lachte offen. Es hörte sowieso niemand, der Bus war zu überfüllt, als dass man mich hören könnte.
Und trotz Lukes Drohungen sagte ich ihm nichts von seiner Krawatte. Dazu machte es mir zu viel Spaß die dümmlich belustigten Blicke der anderen zu sehen, wenn sie Luke sahen.
Mir wurde immer wieder warm, wenn die Blicke mich streiften und es hinter uns zu tuscheln begann.
Luke legte seinen Arm um meine Schulter und sah mich mit seinem schiefen Grinsen an.
"Ist doch egal was die sagen."
"Vermutlich hast du recht."
"Nein, er hat ganz klar recht", Ahna kam auf uns zu, sie trug ihr langes Hemd, die Ärmel waren hochgekremmpelt und sie trug eine sommerliches Rosa auf den Lippen.
Als ich sie sah kam in mir der Drang auf mich zu entschuldigen und sie fest zu umarmen. Anscheinend verspürte Ahna dasselbe Gefühl, denn sie packte mich am Kragen und zog mich in eine feste Umarmung.
"Es tut mir leid! Ich wollte dich nicht wütend machen, wirklich nicht", ihre Stimme klang verzweifelt.
Als könnte ich ihr jemals wirklich böse sein.
"Schon gut. 'Tschuldige, dass ich so komisch reagiert habe."
Luke starrte uns an, als wätlren wir zwei Verrückte. Vielleicht waren wir das ja, aber Luke war mindestens genauso verrückt, wenn nicht sogar schlimmer.
Ich lächelte ihn an und wir machten uns auf den Weg zum Hauptgebäude, Manny trat zu uns und begrüßte mich mit einem Zucken der Achseln.
Was für ein verdrehter Typ.
Ich lächelte unwillkürlich.
Aber es sind meine Freunde.Wir hatten die ersten paar Stunden geschafft und Luke und ich traten gerade in die Bibliothek ein. Ich musste Ahna geradezu drängen mich mit Luke alleine zu lassen.
Ich hatte ihm etwas zu sagen. Und ich freute mich schon tierisch darauf.
"Kommt Ahna denn gar nicht? Oder Manny?"
"Nein. Manny hat doch jetzt Trainingsbesprechung mit seiner Fußballgruppe. Und Ahna musste ich verscheuchen."
"Du musstest sie verscheuchen?"
"Ich muss dir was sagen... also", ich räusperte mich und blickte starr auf seinen Hals, wo ich das Muttermal erkennen konnte. Noch ein Räuspern. "Ich habe mir ein Kleid gekauft. Also nicht dass ich mit dir tanzen will, ich weiß ja, dass du schon mit Emma Rodrig tanzt! Also... ich weiß nicht", meine Stimme sank bis ich verstummte und auf meine Füße starrte.
"Alles gut Eden?", Luke klang besorgt und dennoch ruhig.
Nein, gar nichts ist gut. Ich hasse meine eigenen Gefühle! Ich kenne sie ja noch nicht einmal!
"Ja. Alles gut. Ich hoffe du hast mich verstanden."
"Du willst mit mir tanzen?", Luke zog eine Augenbraue hoch und setzte einen kecken Unterton auf.
Na toll. Ich seufzte. "Nein!"
Luke fing an zu lachen. Seine Brust hob und senkte sich zitternd, die Brust, in der ein Herz klopfte, das nicht ohne ein Metallding schlagen konnte.
"Wie geht es eigentlich dem... Ding", ich zeigte auf seine Brust, sein Lachen erstarb sofort.
"Ganz gut. Es schlägt, wie du siehst. Noch bin ich nicht tot."
Tot? Von einem Herzfehler konnte man doch nicht sterben?
Ich hatte mich nicht informiert, ich hatte Angst gehabt etwas zu lesen, weshalb ich Luke unansehnlicher finden würde. Aber so langsam bekam ich das Gefühl, dass ihn nichts, aber auch gar nichts, für mich hässlich machen konnte.
Seufzend streckte ich mich und setzte mich auf einen Stuhl.
Alles war so kompliziert. So verdammt kompliziert.
"Hast du dieses Wochenende etwas vor?"
"Nein, ich muss nur mal wieder richtig schlafen."
"Na dann ist ja gut. Ich habe die Konditorei nämlich für Sonntag eingeplant."
Ich wurde hellhörig und blickte auf. Es war schwer zu erkennen ob er log oder die Wahrheit gesagt hatte. Sein Gesicht musterte nur meines. Tastete sich von meiner Stirn zu meiner Nase und meinen Lippen und hoch zu meinen braunen Augen. Ich wurde rot.
Dann nickte ich. "Klar, Sonntag ist gut."
"Zieh dir süße Klamotten an, okay?"
"Was? Wieso?"
"Weil ich ein süßes Mädchen mitnehmen möchte."
Ich schlug ihm auf den Oberarm und verdrehte meine Augen.
"Stimmt. Du bist süß, aber dein Aussehen ist einfach so... streng."
"Streng?"
"Ja, ist dir das noch nie aufgefallen?"
"Ach sei leise", nuschelte ich und vergrub mein Gesicht in meinem Hemdkragen.
"Zum Beispiel, dass du nie eine Sommeruniform trägst. Ich habe dich noch nie mit einem kurzärmligen Hemd gesehen."
"So bin ich nunmal. Ich mag sowas nicht."
"Ich fände das süß", murmelte Luke und stützte sein Kin auf die Arme. Mein Wangen brannten, ich schloss meine Augen um mich etwas abzukühlen.
Doch natürlich hatte Luke überhaupt kein Taktgefühl und griff in meine Haare. Ich riss die Augen auf, aber Luke hielt meinen Kopf mit der anderen Hand fest und zog das Haargummi heraus.
Meine Haare lösten sich aus ihrer Struktur und fielen mir vor die Augen und die leichten Locken und Wellen traten hervor.
Bei diesem Anblick schmunzelte Luke und strich über meine Haare, dann fasste er ein paar Strähnen, die vor meinen Augen hingen und begann sie zu flechten.
Mir wurde heiß und die Welt begann sich um meine Achse zu drehen, mir wurde schlecht.
"Luke...", krächzte ich, wusste aber nicht weiter.
"Meine Großmutter hat mir das mal beigebracht. Ich kann aber nichts versprechen", setzte er hinzu und zog weiter an meinem Haar.
Der Druck war nicht unangenehm, es fühlte sich eher so an, als wolle er, dass ich näher zu ihm kam. Mein Körper bewegte sich fast von selbst und irgendwie lehnte ich dann an Lukes Schulter während er versuchte die geflochtene Strähne zu befestigen.
"Habs gleich", murmelte er und schaffte es schließlich auch.
"Gewonnen! Ihr könnt mir gar nichts Haare!", lachte Luke und schaute mich dann an.
Ich seufzte. "Du hast überhaupt kein Taktgefühl."
"Wie... wie kommst du denn da jetzt drauf", ich wusste, dass es eine ernstgemeinte Frage war aber mein Gefühle standen einfach im krassen Gegensatz zu Lukes, es hatte so viel Ironie, da musste ich lachen.
Das Lachen schüttelte mich durch und ich hielt mir meinen Bauch. Meine Haare fielen mir auf den Schoß als ich mich krümmte. Nach ein paar Minuten setzte auch Luke mit dem Lachen ein.Ich hatte so ein Gefühl, dass die Schüler auf den Gängen es auch gehört haben mussten, denn wir wurden noch mehr als sonst angestarrt, vielleicht war es auch wegen meinen offenen Haaren, die mir um die Schultern wehten.
Vielleicht war es aber auch wegen des breiten Lächeln, das ich auf den Lippen trug.Selbst wenn ich in Luke verliebt war, noch reichte es mir nur an seiner Seite zu stehen und zu lachen. Noch, wie lange hielt das wohl?
Ich hoffte auf eine sehr, sehr lange Zeit!
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Für Immer Bei Dir
RomanceIch räusperte mich. "Gehört das dir?" Er wirkte ehrlich geschockt, doch dann entspannte sich sein Gesichtsausdruck. Seine Mundwinkel gingen leicht nach oben, doch seine Augen sagten etwas anderes als sein Lächeln. Es war erschreckend. Das Lächeln wi...