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Ich hatte zwar gesagt, dass ich ihn finden würde, aber das war schwerer als gedacht.
Ich seufzte und starrte an die Tafel, auf der französische Vokabeln standen.
Auf einmal tippte mich jemand an, es war Henry, einer der stillen, aber trotzdem gutaussehenden Jungen. Er hatte blonde Haare und grüne Augen und ein Lächeln, wie die Sonne.
"Dürfte ich dein Radiergummi haben?", fragte er und ich schob ihm meins zu.
"Danke", und schon folgte das Lächeln.
Nickend wendete ich mich den Vokabeln zu, der Lehrer erklärte gerade wie wir sie deklinierten. Henry schubste mir mein Radiergummi wieder zu und ich nickte noch einmal.
Ich musste an diese strahlenden Menschen denken, wie Henry oder Luke einer waren. Sie lachten immer, sahen gut aus und waren beliebt. Alles was ich nicht war.
Es klingelte und alle sprangen auf, nur ich blieb sitzen und bettete meinen Kopf auf den Tisch.
Wie kann ich jemanden anhand der Handschrift erkennen? Ich kann doch nicht einfach in die Hefte anderer gucken. Obwohl, wenn ich mir eine gute Idee einfallen lassen würde, bestimmt. Aber ich habe noch nie mit jemandem hier geredet! Wie zur Hölle, schaffe ich es den Jungen zu finden?!
Ich fing an innerlich zusammenzubrechen und ich begann eine Haarsträhne zu zwirbeln, wie ich es immer tat wenn ich nicht weiter wusste.
"Hey, Hendriks!", Betty kam auf mich zu und lächelte mich sarkastisch an.
"Ich wollte dich bitten zu dem Klassenlehrer zu gehen. Er meinte du sollst ein paar Zettel abholen."
"Ist okay", sagte ich und stand auf.
Betty starrte mich an, während ich ging.
Mist! Ich hatte vergessen, nicht zu reden!
Ich wurde rot und entfernte mich vom Klassenraum.
Ich war nervös, als ich am Lehrerzimmer stand, doch ich riss mich zusammen und klopfte. Unser Klassenlehrer öffnete die Tür und lächelte mich an.
"Hendriks. Hier, kann ich Sie bitten, dass an die zu verteilen, dessen Namen da stehen.", er gab mir ein paar Zettel in die Hand und ich ging los. Ich fing an die Schüler zu suchen, Henry fand ich als erstes. Er bedankte sich bei mir und lächelte mich an.

Die Pause ging zur Neige und ich musste nur noch Luke Orion und Manny Stevans finden. Ich lief gerade an ein paar Klassenzimmern vorbei, als ich die Beiden im Treppenhaus entdeckte. Sie redeten und aßen dabei Chips, so wie fast immer.
Ich drehte mich um und lief zum Treppenhaus. Als ich ankam keuchte ich schon, ich hatte keine Kraft und Lust mehr herunterzurennen, also rief ich einfach so laut es ging:
"Luke Orion, Manny Stevans!!" Ich keuchte und ging die Treppe herunter.
Bitte wartet!
Als ich auf der 2 Etage angekommen war, standen Luke und Manny an der Treppe.
"Was willst du denn?!", Manny starrte mich gehässig an, ich reichte ihm einfach nur die Zettel. Ein bisschen verdutzt nahm er sie an, er reichte Luke seinen Zettel, dieser starrte den Zettel stumm an, so als würde das Blatt ihm irgendwann etwas zu flüstern. Manny murmelte ein beschämtes "Danke".
Meine Wangen wurden genauso rot wie Mannys, so schnell ich konnte rauschte ich an Luke Orion vorbei und die Treppe herunter, als ich plötzlich etwas hörte, dass mich noch röter werden ließ.
"Danke!"
Ich weiß nicht wessen Stimme es gewesen ist, doch sie machte mich auf eine zufriedene Art und Weise glücklich. Noch nie hatte sich jemand bei mir bedankt!
So schnell ich konnte rannte ich die Stufen hinunter und hechtete zu der Cafeteria.

Heute schmeckte mir das Cafeteria-Essen besonders gut, ich wusste nicht wieso, aber ich hatte einen peinlichen Verdacht.
Heute gab es einen wabbeligen Hackbraten mit zu dunkel gewordenen Pommes.
Nachdem ich fertig gegessen hatte, brachte ich das Tablett weg und lief durch die Schule, was ich immer tat wenn ich Langeweile nach dem Essen hatte.
Immer mal wieder traf ich auf Schüler, die ich wie immer, mit Blicken auf den Boden meidete.
Ich hatte gerade eine Gruppe mit Mädchen überholt, als ich in den kleinen Gang zu meiner Rechten bog. 3, 4, 5 Schritte und ich war an einer grün gestrichenen Tür angekommen, ich öffnete diese leise und trat ein.
Eine leere Bücherrei lag vor mir, still, klein und mein Reich. Eigentlich sollte ein Büchereidienst hier sein, doch die Idee wurde wieder fallen gelassen und so hatte ich das alles für mich allein. Die alten Tische und Stühle hatten kleine Kritzeleien und Bemalungen ertragen müssen. Doch das störte mich kaum, die meisten Tische waren so oder so an die Wand geschoben worden, nur in der Mitte stand ein Tisch mit zwei Stühlen. Komisch, ich dachte das letzte Mal hätte ich nur einen hingestellt. Durch das Panoramafenster fiel ein wunderschön helles Licht auf den Tisch, ich zog eines der dicksten Bücher heraus und setzte mich.
Als ich das Buch aufschlug, wehte mir der Geruch von alten Büchern entgegen, ich vergrub meine Nase in ihm und las.
Ich blickte nach ein paar Minuten auf und bemerkte, dass mich etwas blendete. Schützend hielt ich meine Hand vor meine Augen und blickte herum, als ich einen Collegeblock entdeckte. Er lag auf dem Boden, neben einer Tasche, die metallischen Ringe hatten mich geblendet.
"Was?", murmelte ich und bückte mich um den Block aufzuheben. Ich blätterte durch den Block und fand Notizen zu Biologie und Mathematik.
"Warte mal!", rief ich aus und griff in meine Blazertasche.
Die Schuluniform war hauptsächlich schwarz und dunkelblau, so auch der Blazer. Die Krawatte war blau, rot gestreift und das Hemd weiß. Eben eine stinknormale Schuluniform.
Ich legte den kleinen Zettel, den ich jetzt immer bei mir trug, neben den Collegeblock mit den Notizen und verglich die Schrift.
Dieselbe Schrift!
Das 's' war genauso geschwungen und das 'd' war fast schon eckig, alles passte!
Ich linste zu der Tasche und kniete mich neben sie.
Es war falsch sie einfach zu öffnen und zu durchwühlen, aber niemand war hier. Stimmt doch oder? Ich drehte mich zu allen Seiten um und war mir letztendlich sicher, dass niemand hier war.
Der Reißverschluss klang auf einmal sehr viel lauter und ich zuckte unter jedem kleinen Zipp.
"Beruhig dich Eden! Es ist nur eine Tasche", versuchte ich mich selbst zu beruhigen und streckte meine Hand nach dem Inneren der Tasche aus.
Gleich werde ich wissen wer diesen Zettel, diese Liste schrieb.
Plötzlich aber schallte es durch den Raum, ich zuckte auf und rannte hinter ein Regal. Der Collegeblock war noch in meiner zitternden Hand, ich hörte wie Schritte auf die Tasche zu liefen und das Kratzen eines zurückgezogenen Stuhls. "Verdammt! Wo ist dieser blöde Collegeblock?!", hörte ich die Stimme fluchen. Plötzlich kamen Schritte auf das Regal zu, hinter dem ich mich versteckte, ich hielt die Luft an.
Einerseits wollte ich zu gern wissen wer es war, aber andererseits, hatte ich Angst erwischt zu werden.
Die Schritte stoppten und entfernten sich wieder, ich seufzte leise und traute mich einen Blick zu der Richtung zu werfen, aus der die Schritte kamen. Doch als ich endlich etwas erblickte, war es nur ein braunes Haarbüschel, dass zur Tür verschwand.
Die Tür klickte als sie sich schloss und ich begann zu rennen, aus der Bücherei, in den Gang hinein.
Doch ich hatte vergessen, dass jetzt wieder die Schüler umher liefen. Und so stieß ich voll mit einem Mädchen zusammen. "Auuu", machte ich und rieb mir das Knie. "Sag mal spinnst du?! Hast du keine Augen im Kopf?! Frechheit!", fauchte mich eine hohe Stimme an. "Hallo?! Ich hab dich was gefragt!", sie packte mich am Ärmel und wollte mich hochziehen, aber ich riss mich los und stand selbst auf. "Du Snob! Ich will nicht in deiner Haut stecken!", ihre Stimme triefte vor Hochnäsigkeit aber sie ließ von mir ab.
So schnell es ging huschte ich davon, aber etwas blieb.
Wieder eins meiner seltsamen Gefühle, hatte mich da gerade jemand angeschaut? Fast sogar gestarrt? Der Collegeblock lag noch immer schützend in meinem Arm und ich trottete so unauffällig wie es ging zum Bioraum, wo ich schon vorher meine Tasche geparkt hatte.

Für Immer Bei DirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt