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Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr wie ich nach Hause gekommen bin.
Ich bin mir über den ganzen Abend nicht mehr sicher. Vielleicht habe ich geträumt, oder es mir gewünscht.
Und was wenn es wirklich passiert ist?
Bei dem Gedanken schlug mein Herz schneller, es fühlte sich an als wollte es aus meiner Brust herausbrechen und anfangen zu fliegen, weil der Platz in meinem Brustkorb zu klein für es ist.
Ich fuhr mir durch meine zerwühlten Haare und gähnte. Schlaftrunken torkelte ich durch mein Zimmer, bis ich an meinem Schreibtisch stand.
Ich setzte mich und durchforstete meine Ordner die vor mir lagen um nach Hausaufgaben zu suchen.
Aber es gab keine, keine Hausaufgaben, keine zumachenden Referate, nichts, was mich irgendwie ablenken könnte.
Ich streckte mich und klappte meinen PC auf. Ich schaute in meine Mails und surfte dann im Internet. Und wie immer landete ich im Forum.
Mannys Profil war deaktiviert und die kurze Beschreibung war geändert worden: Wunschlos glücklich! Findet die Menschen die ihr schon immer toll fandet und sprecht sie an! Ich brauche dieses Forum nicht mehr! Jetzt bin ich frei und glücklich.
Ich lachte und kratzte mich an der Kopfhaut. Dann änderte ich auch meine Beschreibung, aber nur leicht, damit ich nicht zu glücklich klang, denn wenn der Kuss mit Luke nur ein Traum war... würde ich es hassen, dass ich dieses Forum verlassen habe und so glücklich klang.
Also schrieb ich: Im Leben gibt es Höhen und Tiefen. Und wenn du denkst du hast das Tief endlich durch, dann fällst du noch tiefer. Sie Kunst liegt darin sich anzustrengen um zu einem Hoch zu klettern.
Denn es gibt nicht immer nur Regentage!

Ich saß noch eine weitere Stunde an meinem Computer, bis ich ihn abschaltete und mir die Haare mit viel Aufwand kämmte.
Dann stieg ich die Treppe herunter und schaute in Grannys Zimmer, sie war nicht da.
Ich rannte die Treppe ganz nach unten und lief in die Küche, Granny saß am Küchentisch und schmunzelte als sie mich sah.
"Anscheinend war es gestern sehr anstrengend. Luke Orion, musste die auf den Händen nach oben bringen", ich wurde puderrot und hielt mir die Hände vor das Gesicht.
"Oh Mann. Das wusste ich nicht!", seufzte ich beschämt und setzte mich Granny gegenüber.
"War es schön gestern?"
"Ja, es war wirklich toll! Und die Torte erst! Sie ist so schön!"
"Luke wirkte fast schon hibbelig habt ihr... du weißt schon?"
"Nein! Granny ich trinke noch nicht!", dann begann ich zu lachen, das hatte ich total vergessen. Granny hatte immer Befürchtungen, die sich nie bestätigen.
"Möchtest du was essen? Ich mache uns schnell was", sagte ich, stand auf, gab Granny Hendriks einen Kuss auf die Wange und holte eine Pfanne und Zutaten für Pancakes heraus.
"Ich mag es dir nicht gerne sagen, aber ich habe morgen einen Termin. Ich wollte dich vorwarnen, damit du dich nicht fragst wo ich bin."
"Granny, ich komme mit, sag mir die Uhrzeit und versuche es mit der Schule abzuklären, ja?", ich drehe mich zu ihr um, während ich den Teig in die Pfanne zu gießen versuche.
"Okay, Ed. Aber bitte mach dir nicht zu viele Sorgen."
"Das tue ich nicht Granny. Außer es gibt etwas um das ich mir Sorgen machen müsste."
"Und das gibt es nicht, Spätzchen", antwortete Granny.
Ich lächelte und machte das Frühstück fertig.

Ich nahm meine Tasche von der Lehne und lächelte Granny an.
"Ich bin dann mal weg."
"Hab Spaß, Ed. Lass den Tag fabulös werden."
Ich lachte und drückte ihre Hand zum Abschied, dann trat ich vor die Tür und schloss mein Fahrrad ab.
Ich hatte es am Samstag repariert und war ziemlich stolz auf mich gewesen.
Ich schwang mich auf den Sitz und fuhr von der Auffahrt.
Als hätte das Feuerwerk gestern, den Sommer mitgebracht, war es heiß und stickig, aber das Geäst der Bäume trug wieder ein saftiges Grün und versüßte mir den Weg zur Schule.

Mein Rad quitschte als ich anhielt, abstieg und es anschloss. Ich lief zum Hauptgebäude und schlängelte mich durch die Menge.
Kurz vor meinem Spind spürte ich Hände an meiner Schulter, die mich nach vorne stießen.
Ich stolperte und fiel.
Toller Anfang! Ich hasse diese Überfälle.
Doch zwei kräftige Arme fingen mich auf und eine tiefe Stimme knurrte: "Verzieht euch, ihr Hyänen!"
Mein Gesicht wurde rot und ich zog mich an den Armen hoch, damit ich wieder stehen konnte.
"Alles gut?"
"Ja", antwortete ich knapp und wurde noch ein Stück roter. Ich blickte auf den Boden, ich konnte ihn noch nicht ansehen. Dazu war ich mir zu sehr der Lage bewusst in der ich war.
Ich schloss meinen Spind auf, Luke lehnte sich an den Spind neben meinem und grinste mich an.
"Wenn ich nicht genau wüsste, dass du dich nur aus Peinlichkeit vor mir versteckst, würde ich denken, dass du mich doch nicht liebst", er hob die Stimme so, dass es bestimmt jeder in diesem Korridor gehört hatte.
Ich riss meine Hände hoch und drückte sie auf seine Lippen, damit er nicht noch mehr sagen konnte.
Seine hasselnussbraunen Augen fixierten mich und ich konnte deutlich spüren, wie Luke unter meinen Händen lächelte.
Seine Hände legten sich über meine und schoben diese weg.
"Ich würde mich ja anders zum Schweigen bringen."
"Ich bin aber ich, und nicht irgendein anderes Mädchen, die das machen würde", sagte ich pappig und zog meine Sachen heraus.
"Zum Glück nicht, sonst hätte ich das gestern gar nicht gesagt."
Ich wurde noch ein bisschen röter und seufzte über seine Worte.
Er lächelte und strich mir meinen Pferdeschwanz über die Schulter.
"Guten Morgen Eden. Schön dich zu sehen."
Ich lächelte und antwortete: "Guten Morgen Luke. Ich bin auch froh dich zu sehen."
Er senkte sich zu mir herunter und küsste mich innig.
Ich ließ es zu, denn durch seine Küsse fühlte ich mich als wären Luke und ich die einzigen Menschen auf dieser Welt, als würde niemand auf uns achten. Ich fühlte mich bei ihm ganz einfach sicher.
Vielleicht auch nicht so sicher, aber das musste ich erst noch erforschen.
Wir lösten uns von einander und lächelten uns gegenseitig an. Durch meine Adern rauschte wieder dieses wohlige Feuer, welches ich schon gestern gespürt hatte.
"Wow! Einfach... KRASS!", ich zuckte zusammen und starrte Ahna und Manny an, die hinter Luke standen. Sie hatten mindestens so große Augen wie Untertassen.
"Das... hatte ich gehofft. Aber erwartet hatte ich etwas vollkommen anderes!", grinste Manny.
"Ach halt die Klappe, Mann!", Luke trat keinen Schritt weiter von mir weg. Er lächelte mich an und nahm meine Hand.
Seine Berührung jagte mir ein Feuer über die Haut.
"Ahna, wir haben denselben Kurs gleich, wollen wir zusammen losgehen?", fragte ich so ruhig es ging.
"Nein! Zuerst müsst ihr uns erzählen wann und wie das passiert ist!"
Luke verdrehte bei Ahnas Aufregung die Augen und kratzte sich am Hinterkopf.
"In der Pause, ja?", er machte das Angebot ganz nüchtern, aber ich konnte durch seine Fassade sehen und wusste, dass er sich freute ihnen alles zu erzählen.

Der Kurs ging im Schneckentempo vorrüber und ich konnte nicht anders als immer wieder an Luke zu denken. An seine Lippen. An seine Augen, seinen Hals, seine Arme.
Ich schmolz dahin. Schon alleine an ihn zu denken, machte etwas unbeschreiblich schönes mit mir, ich überlegte fieberhaft wie es wohl werden würde, wenn noch mehr passiert.
Ich wurde bei dem Gedanken puderrot und wollte in meinem Stuhl versinken, aber ich schaffte es mich aufrecht zu halten und erst nach dem Klingeln in meinen Schamgefühlen zu ertrinken.
"Eden komm! Loverboy wartet schon!", Ahna zeigte hinter auf die Tür, wo Luke am Türrahmen lehnte.
"Nenn mich noch einmal Loverboy und deine Haare sind ab."
"Ja, oder schwarz gefärbt", stimmte ich ihm zu. Ahna riss den Mund auf, klappte ihn dann aber wieder zu und lächelte.
"Okay, okay", sie war eingeknickt und ich hatte das Gefühl, dass es nicht wegen unseren Worten, sondern wegen uns im eigentlichen Sinne, passiert war.

Seufzend lehnte ich mich an meinen Spind und stopfte die Hausaufgaben in meinen Rucksack. Heute waren mir so viele Blicke gefolgt, dass am liebsten in einem Loch im Boden versunken wäre.
Ich war glücklich mit Luke herumzulaufen und ihn ganz unverhohlen anzulächeln, aber die Blicke und das Flüstern hat mich schon sehr irritiert.
"Alles gut, Babe?", ich riss die Augen auf und starrte Luke entgeistert an. Er schmunzelte und strich mir übers Haar.
"Ich hatte gehofft, dass du so reagierst. Na komm", Luke nahm mich an der Hand und führte mich zu den Fahrrädern.
"Du musst zum Bus sonst kommst du zu spät", meinte ich nüchtern und Luke schnaufte gelangweilt.
"Sei keine Spießerin, ich will was mit meiner Freundin unternehmen... wobei... sind wir überhaupt Freund und Freundin? Ich meine ich entscheide das gerade einfach so, aber...", er kratzte sich am Hinterkopf und verstummte.
Seine Naivität ließ mich grinsen. Dann kicherte ich. "Natürlich sind wir zusammen. Wenn zwei Menschen einander lieben und es gestehen, dann sind sie wohl zusammen, nicht wahr Babe", ich versuchte ihn nachzuäffen und lachte über sein verdattertes Gesicht.
"Ich liebe dich wirklich unfassbar doll", sagte Luke auf einmal und mein Lachen verklang, weil er seine Lippen auf meine drückte.
Wenn es nach mir ginge, könnten wir für immer so weiter machen.
Luke drückte mich an sich, meine Hände lagen in seinem Haar und an seinem Nacken und wieder einmal vergaß ich alles.
Jede Sorge, die in meinem Kopf festsaß, jeder Funken Hass oder Trauer verschwand, wenn er mich so küsste.
Wir lösten uns voneinander und strich mir über die Wange.
"Ich liebe dich auch, Luke."
Ich brauchte keine beschreibenden Adjektive, weil ich mit jeder Faser meines Körpers wusste, dass Luke genau das verstand was ich fühlte.
Weil es bei mir nicht anders war.
"Hör auf so süß zu sein", haderte Luke und seine Ohren erröteten.
Er drückte mich an sich und die Wärme seines Körpers ging auf meinen über.
Das Feuer breitete sich auf meiner Haut aus, bis ich mich fühlte, als hätte er mich in Brand gesteckt.

Für Immer Bei DirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt