Kapitel 51: Stör ich?

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Schweigend saß ich in dem kleinen sterilen Raum, in dem sich ein Bett befand und viele Maschinen, die gleichmäßige Piepstöne von sich gaben. In dem Bett lag Jonah und schlief. Eine Atemmaske befand sich auf seinem Gesicht. Die Ärzte meinten, er könnte selbständig atmen, jedoch wollten sie kein Risiko eingehen. Seine Brust hob und senkte sich regelmäßig. Das und das Piepen des EKGs verrieten mir, dass er noch lebte. Doch das Wichtigste war, dass er über den Berg war.

Er war außer Lebensgefahr. Das haben mir die Ärzte versichert und ich vertraute ihnen. Momentan hoffte ich einfach nur, dass er wieder aufwacht. Vielleicht nicht heute aber irgendwann. Ich legte meine Hand auf seine kalte und strich mit meinem Daumen sanft über seinen Handrücken. Das hatte er auch oft bei mir getan. Ich seufzte. Es war einfach nicht das Gleiche. Sogar bei den Jungs in der Halle fiel auf, dass einer fehlte. Dass er fehlte. Die Stimmung war überall sehr bedrückend.

Außer Joy wusste niemand aus der Schule, dass Jonah angeschossen wurde. Das war auch gut so. Es würden nur dumme Gerüchte aufkommen.

"Es tut mir leid, was ich gesagt habe. Ich wollte das nicht. Ich war einfach so wütend, es war eine Kurzschluss-Reaktion" Ich habe mal gehört, dass verschiedene Komapatienten hören können was Außenstehende sagen.

"Dad weiß von uns. Er hat nichts dagegen und er meinte, dass du im Grunde ein netter Kerl bist" Dad und ich hatten letzte Nacht noch eine lange Diskussion über dieses Thema. Ich ließ es über mich ergehen und ertrug sogar den peinlichen Verhütungsvortrag. Mir war alles Recht, Hauptsache er akzeptierte das zwischen Jonah und mir. Was auch immer das war. Ich betrachtete den Rhythmus des EKGs der immer konstant war, genau wie seine Atmung. Wie lange würde es wohl noch dauern bis er endlich aufwachen würde.

"Und ich wollte mich bei dir bedanken. Es ist nicht selbstverständlich, dass man sich für andere Menschen in die Kugel wirft. Wortwörtlich. Das schätze ich sehr an dir. Du tust oft Sachen, die nicht selbstverständlich sind"

Ich stand auf und ließ dabei seine Hand los. Ich ging um sein Bett und setzte mich auf die Bettkante. Ich strich ihm sanft die Haare aus der Stirn. Wenn man ihn so sah und sich die Atemmaske wegdenken würde, schien es als würde er nur schlafen.

"Dafür liebe ich dich", hauchte ich, schob die Atemmaske kurz weg und drückte meine Lippen auf seine. Sie waren genauso kalt wie seine Hände. Ich löste mich gerade von ihm, da ging die Tür auf. Ich rückte schnell die Maske wieder zurecht und hoffte, dass meine Haare mein rotes Gesicht verdecken konnten.

"Stör ich?", fragte Devin grinsend als er sich in den Türrahmen lehnte. Als ich mir sicher war, dass ich wieder meine normale Gesichtsfarbe hatte, strich ich mir meine Haare hinters Ohr.

"Nein", antwortete ich schnell. Vielleicht etwas zu schnell. Auch er merkte es denn eine seiner Augenbrauen schoss in die Höhe.

"Klar", meinte er nur und stellte sich vor Jonahs Bett um ihn zu betrachten. Er seufzte und wandte sich an mich.

"Wie steht es um ihn?"

"Er ist außer Lebensgefahr, sein Herz schlägt regelmäßig und er kann selbstständig atmen. Sie wissen nur nicht wann er wieder aufwachen wird", erklärte ich kurz.

Er nickte und fuhr sich durchs Haar.

"Ich hätte nie gedacht,dass es ihn mal so treffen würde" Er schüttelte resigniert den Kopf.

"Weißt du wer das war?", fragte ich ihn schüchtern. Er hob den Kopf und sah mich an.

"Was meinst du?"

"Diese Motorradgang. Der Typ, der auf Jonah geschossen hatte. Sie kannten sich und sie kannten auch mich" Ich sah ihm an, dass er etwas wusste und gerade überlegte ob er es mir sagen sollte.

"Nun ja...es ist so", drückte er herum.

"Ich weiß wer diese Typen sind jedoch habe ich Jonah versprochen, dass ich es dir nicht sagen darf. Er möchte es dir irgendwann selbst sagen. Das heißt, du musst warten bis er aufwacht", erklärte er mir die Lage. Ich nickte. Ich verstand das. Wenn Jonah es mir selbst sagen wollte, dann würde ich warten bis er aufwachen würde.

"Eigentlich bin ich ja hier um dich abzuholen", erklärte er. Ich nickte.

"Wir müssen jedoch noch einen kleinen Umweg nehmen. Ich hoffe, dass ist kein Problem für dich" Ich schüttelte den Kopf.

-

Wir standen vor einem kleinen Haus in einer Gegend, in der ich nicht alleine herumlaufen wollte. Die Fassade dieses Hauses begann bereits zu bröckeln aber es war im Gegensatz zu manch anderen Häusern in dieser Straße noch ganz in Ordnung. Ich folgte Devin einfach als dieser auf das Haus zu ging und dann klingelte. Ich konnte den Namen nicht entziffern, die Buchstaben waren zu verschmiert.

Es surrte kurz und Devin öffnete die Tür und wir begannen Treppen zu steigen. Im dritten Stock erwartete uns eine kleine rothaarige Frau mit vielen Sommersprossen im Gesicht. Als wir näher kamen und ich ihr ins Gesicht sah, wusste ich sofort wer sie war. Vor mir stand Jonahs Mutter. Als sie Devin sah, erhellte sich ihr Gesichtsausdruck und sie umarmte ihn.

"Hallo Devin. Jonah ist leider nicht da" Devin nickte.

"Ich weiß. Ich wollte ja auch zu dir" Sie wirkte etwas erstaunt.

"Gut, dann kommt mal rein" Sie hielt die Tür weiter offen und musterte mich kurz bevor wir rein gingen. Die Wohnung war klein aber ziemlich ordentlich. In der Küche saß ein Mädchen ungefähr 14-15 Jahre alt. Sie war komplett schwarz gekleidet und auch die Haare waren schwarz gefärbt. Doch an ihren Ansatz konnte man erkennen, dass sie die gleichen roten Haare wie ihre Mutter hatte. Jonah hatte mir nie erzählt, dass er eine Schwester hat.

"Jenny, nimm die Füße vom Tisch. Und musst du immer mit dem Handy spielen?" Jenny verdrehte die Augen und nahm widerwillig ihre Füße vom Tisch.

"Du nervst einfach voll krass ey", zischte sie und verschwand. Jonahs Mutter schüttelte den Kopf.

"Ist das deine Freundin?", fragte sie Devin.

"Nein Charleen, das ist nicht meine Freundin sondern Jonahs" Verwirrt starrte ich ihn an. Wie konnte er einfach vor Charleen behaupten, dass ich Jonahs Freundin war obwohl das nicht stimmte.

"Ich wusste gar nicht, dass er eine Freundin hat. Ich finde es schade, dass er dich mir nicht selbst vorstellt. Wie heißt du denn und wie lange seid ihr schon ein Paar"

"Ich heiße Allison aber bitte nennen Sie mich Ally", stellte ich mich vor.

"Wir sind noch nicht so lange zusammen", log ich Devins Lüge weiter.

"Wir sind jedoch wegen etwas anderes hier, Charleen. Es geht um Jonah"

"Hat er etwas angestellt?", fragte sie sofort. Devin schüttelte den Kopf.

"Er hat nichts angestellt" Erleichtert atmete Charleen aus. Jonah musste ihr wohl schon viel Kummer bereitet haben.

"Er wurde angeschossen"

"Was?"

"Er wurde angeschossen. Er bekam eine Kugel in die Brust. Er liegt momentan im Koma" Seine Mutter sah uns mit weit aufgerissenen Augen an.

"In welchem Krankenhaus liegt er gerade?"

"Im St. Louis Hospital" Sie schnappte sich ihre Schlüssel, die auf dem Tisch lagen.

"Ich muss zu ihm. Könntet ihr Jenny Bescheid sagen?" Kaum nickten wir, da war sie auch schon weg.

"Ich geh kurz zur Superzicke"

Scars of the pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt