Kapitel 8: Sie haben sie da raus geholt

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Nach der Schule ging ich wieder zu dem Parkplatz um mit Jonah nach Hause zu fahren. Während den letzten Schulstunden ist dann Gott sei Dank nichts mehr passiert, was mir ganz Recht war. Ich bekam hin und wieder ein paar schräge Blicke zugeworfen, aber damit konnte ich leben. Auf dem Parkplatz angekommen stand eine ganze Gruppe von Jungs, die allesamt aussahen als würden sie bei meinem Vater ein- und ausgehen. Innerlich seufzte ich, da ich vermutete, dass Jonah auch dort war. Das wiederum hieß, dass ich dorthin gehen musste. 

Ich ging ein paar Schritte auf die Gruppe zu bis jemand mich bemerkte und die ganze Truppe auf mich aufmerksam machte. Alle sahen mich leicht amüsiert an und ich konnte nun auch erkennen, dass Jonah einer unter ihnen war.

"Können wir fahren?", fragte ich ihn und versuchte die Blicke der anderen zu ignorieren.

"Hat die Prinzessin etwa ihren Prinzen gefunden?" Ein Arm legte sich um meine Schultern. Seth. Ich verdrehte die Augen.

"Nenn mich nie wieder Prinzessin", meinte ich bissig und nahm seinen Arm von meiner Schulter. Das reichte heute dann auch schon wieder mit dem Körperkontakt.

"Was hast du denn für schicke Narben an den Händen?" Interessiert betrachtete er meine Hände. Wie auf Knopfdruck verkrampfte ich mich. Ich entzog sie ihm gleich und ging einen Schritt zurück.

"Hast du dich verletzt, Prinzessin?" Das 'Prinzessin' betonte er absichtlich. Ab da schritt Jonah ein.

"Komm, wir fahren jetzt" Er ging an mir vorbei, was eine indirekte Aufforderung war mitzukommen. Ich spürte ihre Blicke auf meinem Rücken, beziehungsweise auf meinem Hintern. Erst als ich im Auto saß, konnte ich mich wieder entspannen. Ich strich mir durchs Haar und atmete einmal tief durch.

"Sind sie immer so oder nur bei mir?", fragte ich Jonah ohne Umschweife. Sein Blick war stets auf die Straße gerichtet.

"Sie sind nur bei dir so", murmelte er. War ja klar. Sie mochten mich nicht und wollten mich wieder vergraulen. Für mich war das eine Kampfansage.

"Also mögen sie mich nicht"

"Korrekt", bestätigte er meine Annahme. 

"Falls es dich tröstet. Du hast uns heute gezeigt, dass die Tochter des Trainers keine Schlampe ist. Du bist die Erste die Dylan lieber in die Weichteile tritt als mit ihm ins Bett zu steigen" Der Kerl hieß also Dylan.

"Das tröstet mich ungemein", bemerkte ich ironisch.

"Falls es dich tröstet, ich finde nicht, dass ihr Vollidioten seid" Er blickte kurz verwundert zu mir, dann wieder auf die Straße.

"Ach ja?"

"Ihr seid keine Vollidioten. Ihr seid eingebildete, perverse Arschlöcher"

"Die Bezeichnung 'Vollidiot' war mir irgendwie lieber"

"Darf ich wissen, was mit deinen Händen passiert ist?"

"Nein, darfst du nicht"

"Weiß es dein Vater?"

"Ja" Sobald man mich auf dieses Thema ansprach, bildete ich eine Mauer um mich und wurde ziemlich einsilbig. Schweigend brachten wir die restliche Fahrt hinter uns. Zuhause wurde ich schon von meinem Vater erwartet.

"Na Ally, wie war die Schule?" Ich sah ihn mit einem 'Ist-das-dein-verdammter-Ernst?'-Blick an, was ihn zum Grinsen brachte.

"Gut, dann war die Schule eben nicht toll. Was ich noch sagen wollte. Du hast Besuch" Verwundert blickte ich ihn an. Wer sollte mich denn hier in Seattle besuchen? Kaum hatte ich zu Ende gedacht, öffnete sich die Tür zum Büro meines Vaters und ein mir sehr bekannter Mann kam auf uns zu.

"Ally, das ist-"

"Detective Moore" beendete ich seinen Satz und schüttelte besagtem die Hand. Mein Dad sah verwirrt zwischen uns hin und her.

"Ihr kennt euch?" Wir nickten.

"Und woher?" Ich zeigte ihm meine Hände.

"Sie haben sie da raus geholt", flüsterte Dad. Der Detective nickte.

"Warum sind Sie hier, Detective?", fragte ich ihn.

"Nenn mich Thomas und duze mich doch bitte, wir kennen uns ja schon seit einiger Zeit. Ich möchte dir etwas zeigen, aber nicht hier" Wir gingen in das Büro des Dads. Dabei musterte ich ihn. Er war groß, recht mukulös und für einen Detective noch ziemlich jung. Er müsste 26 sein.

"Was tust du eigentlich hier? Müsstest du nicht in New Orleans sein?"

"Ich wurde hier hin versetzt. Als Polizist muss man flexibel sein"

"Was willst du mir zeigen?" Er seufzte.

"Das wird für dich jetzt nicht leicht. Ich glaube es ist besser wenn du dich setzt" Ich tat also das, was er sagte und sah ihm neugierig zu wie er in seiner Tasche nach etwas suchte.

"Also hier ist dein Schal. Ich hatte ihn bei den Beweismitteln gefunden und dachte, dass du ihn vielleicht zurückhaben möchtest" Ich nahm den Schal entgegen und schluckte. Ich hatte ihn an dem Tag getragen an dem der Detective und ich uns kennenlernten und der mir immer noch Alpträume beschert.

"Du bist aber nicht nur wegen einem Schal gekommen, oder?" Er kratzte sich am Hinterkopf und wirkte nervös. Außerdem hielt er etwas hinter seinem Rücken versteckt.

"Im Hochsicherheitsgefängnis von Seattle ging das Gerücht um, dass einige Insassen Drogen rein und raus schmuggeln. Es wurde also eine Razzia durchgeführt und unter einer bestimmten Matratze haben wir das hier gefunden" 

Er reichte mir ein Foto. Bei dem Anblick des Fotos schossen mir Tränen in die Augen und ich verkrampfte mich. Auf dem Bild war ich. Nackt. Auf einem Bett gefesselt.

"Ich glaube, du weißt bei wem wir es gefunden haben" Ich nickte nur. Mir fehlten die Worte. Ich zitterte und meine Handflächen begannen zu schwitzen. Thomas ging vor mir in die Hocke und legte seine Hände auf meine Knie um mich zu beruhigen.

"Hey, er sitzt im Gefängnis. Aber trotzdem möchte ich, dass, sobald dir etwas merkwürdig erscheint oder du einfach nur reden willst, du mich anrufst. Hier ist meine Nummer" Er reichte mir eine Karte. Ich wischte mir die Tränen weg und lächelte ihn an.

"Danke", flüsterte ich. 

"Du musst mir nicht danken. Das ist mein Job" 

"Das Foto werde ich vernichten, wenn es dir Recht ist", erklärte er.

"Behalten will ich es sicher nicht" Ich stand auf und begleitete ihn noch bis zur Eingangstür. Vor der Tür standen wieder ein paar Typen, aber im Moment war mir das egal.

"Ich melde mich wenn was ist und ich hoffe du machst das auch. Also hoffentlich sehen wir uns dann, unter anderen Umständen, wieder" Er lächelte und reichte mir die Hand, die ich schüttelte. Er nickte den andern Typen zu, stieg in seinen Wagen und fuhr davon. Ich wollte wieder reingehen doch ich wurde mal wieder aufgehalten.

"Alter, du hast was mit 'nem Cop. Gibt's noch was, das wir wissen sollten?"  Ich drehte mich zu der Gruppe um.

"Ich habe nichts mit ihm. Außerdem wisst ihr überhaupt nichts über mich"

Scars of the pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt