Kapitel 19: War das jetzt ein Ja oder ein Nein?

1.1K 38 2
                                    

"Freust du dich schon auf dein Date morgen?" Stimmt das war schon morgen. Ich legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Freute ich mich? Eigentlich war meine Meinung ziemlich gespalten. Einerseits war Dylan ein Arschloch aber andererseits versuchte er mich zu beeindrucken. Das gefiel mir auf einer komischen Art und Weise. Deswegen nickte ich einfach und ließ mich auch nicht durch Jonahs Blicke beirren.

Wenn er schon den ganzen Tag so tat als hätte ihn dieser Kuss kalt gelassen, eigentlich noch schlimmer, er tat als hätte dieser Kuss nie stattgefunden, konnte ich auch sagen, dass ich mich auf diese Date freuen würde. Seufzend blickte er wieder auf die Straße und bog auf den Parkplatz vor der Halle ein.

"Bist du sauer wegen gestern?" Ich blickte ihn an und zog eine Augenbraue hoch.

"Keine Ahnung, was war gestern?" Er schaltete den Motor aus aber wir beide blieben sitzen.

"Sie ist sauer", murmelte er, sodass ich es fast nicht gehört hatte. Er riss sich zusammen und atmete einmal tief durch.

"Der Kuss?" Seine Antwort klang wie eine Frage und ich fand es ausgesprochen lustig wie verlegen er bei diesem Thema wurde.

"Das war eine ganz spontane Idee", fügte er noch hinzu.

"Du hast mich damit ziemlich überrumpelt", bemerkte ich. Ich spielte mit meinen Händen und traute mich nicht ihn anzusehen.

"War ja auch ziemlich einseitig", gab er zu bedenken.

"Was auch normal ist, wenn der Kuss nur so kurz war", meinte ich.

Nur wenige Sekunden später riss ich die Augen auf und bereute schon was ich gesagt hatte. Bei Jonah bildete sich ein freches Grinsen.

"Heißt das etwa, dass du ihn erwidert hättest wenn ich dir mehr Zeit gegeben hätte?" Und da war sie, die unbeantwortete Frage. Und ich tat genau das was jeder Mensch getan hätte. Ich stieg so schnell wie nur möglich aus um der Frage zu entgehen. Die Idioten, die draußen standen um zu rauchen, sahen mir verblüfft hinterher. Was dachten sie bloß? Immerhin saßen Jonah und ich noch relativ lange im Auto nachdem er den Motor schon ausgeschaltet hatte und jetzt trat ich praktisch die Flucht an. Ich hörte Jonahs Lachen hinter mir.

"War das jetzt ein Ja oder ein Nein?"

Ich traute mich nicht mich zu ihm umzudrehen, da ich sein amüsiertes Gesicht schon vor Augen hatte und die immer mehr verwirrten Gesichter der andern auch. Ich lief schnurstracks zur Halle auch wenn ich mir bewusst war, dass Seth davon erfahren und mir den letzten Nerv rauben würde. Doch es kam ganz anders. Als ich die Halle betrat, und kurz darauf Jonah, kam mir mein Vater entgegen mit einem Brief in der Hand. In Gedanken ging ich durch ob ich etwas angestellt hatte, kam jeder zu der Schlussfolgerung, dass das kein Brief von der Schule war.

"Ally, hier ist ei Brief für dich angekommen" Er reichte ihn mir und verschwand dann wieder in seinem Büro. Seth hatte sich zwischenzeitlich auch schon zu uns gesellt und musste natürlich einen Kommentar abgeben.

"Uhh, ein Liebesbrief" Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu und musterte dann den Umschlag von allen Seiten. Von wem konnte der wohl sein? Es stand kein Absender drauf. Ich öffnete ihn und drehte mich so, dass Seth vor mir stand, sodass er nicht mitlesen konnte. Ich las den Brief. Einmal, zweimal, dreimal. Eigentlich war es nur ein Wort, das in dem Brief stand. Als ich begriff, was das bedeutete ließ ich das Papier los als hätte ich mich daran verbrannt. Ich zitterte am ganzen Körper und meine Hände schwitzten.

"Ally, was ist los? Du bist ganz blass" Jonah legte seine Hände auf meine Schultern und musterte mich besorgt.

"Kann mal jemand den Trainer holen", rief er über seine Schulter hinweg, bevor er meine Hand nahm und mich vorsichtig auf eines der Sofas platzierte. Seth nahm den Brief und las ihn stirnrunzelnd.

"Seth, was steht in dem Brief?"

"Nur ein einziges Wort. 'Gefunden'" Nun runzelte auch Jonah die Stirn.

"Ally, was soll das bedeuten?" Ich antwortete nicht sondern hatte meine Beine an meinen Körper angezogen und meinen Kopf auf meine Knie abgestützt. Die Stimme meines Dads ließ mich aufhorchen.

"Was ist passiert?"

"Sie hat diesen Brief gelesen, danach ist sie ganz blass geworden und zitterte am ganzen Körper" Seth reichte Dad den Brief, den er auch augenblicklich las. Als er ihn gelesen hatte, ließ er ihn langsam sinken.

"Verdammt! Denkst du das Gleiche wie ich?", fragte er mich. Ich nickte bloß und kämpfte stark gegen die aufsteigenden Tränen an. Ich wollte das nicht noch einmal durchmachen. Ich dachte es wäre endlich vorbei.

"Ally, wir müssen zur Polizei. So schnell wie möglich. Die wissen, was zu tun ist"

Wieder nickte ich und spürte wie sich eine Hand sanft um mein Handgelenk legte. Dad zog mich hinter mich her aus der Halle.

"Was ist hier überhaupt los?", riefen die Jungs bevor wir die Doppelflügeltür erreicht hatten.

"Du hast es ihnen nicht erzählt?" Dad blickte mich fragend an. Ich schüttelte den Kopf.

"Später! Wenn ich wiederkomme steht die Halle noch! Kann ich mich darauf verlassen?", rief er zurück. Jeder nickte und wir gingen zu Dads Wagen. Kaum war ich angeschnallt, fuhr er auch schon los. Er schaute ernst und fixiert auf die Straße. Während der ganzen Fahrt bis zum Polizeipräsidium herrschte Schweigen. Ein nicht sehr angenehmes Schweigen.


Scars of the pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt