Sicht von Laurie
Es war morgens früh gegen 3am als Ennie und ich unsere Zimmer verließen und durch den dunklen Flur die Treppe runter gingen. Wir stellten unsere Koffer in den Eingangsbereich und gingen in die große Küche. Auf dem Esstisch standen zwei Tassen Kaffee und zwei Teller mit jeweils zwei Pancakes. Mom war mit Henry zusammen die Hunde rüber fahren gegangen, da wir diese unmöglich mitnehmen konnten. Die Erntezeit war vorbei und sie war anstrengend gewesen. In unserem Keller hatten wir viel eingelagert für den Winter. Wir würden heute nach Kalifornien fliegen, wo unsere Eltern ein Haus besaßen, welches sie von Daddys Eltern geerbt hatten. Jeden Herbst waren wir dort. Auch wenn Ennie sich wohl nie mit dem Fliegen anfreunden würde. Währenddessen wir nach Kalifornien flogen, müsste Henry noch Heu fahren, um alle Tiere über den Winter zu bekommen. Wir hatten am Ende unseres Garten eine Wiese auf dem ein langhaariger Bulle stand, den wir hatten, seitdem er ein Kalb war. Er war seit 15 Jahren bei uns und es war der fünfte Herbst in folge, in welchem Ennie und ich ihn vor dem Schlachter bewahrten. Mom hat ihn auf den Namen Tango getauft und Dad hält ihn für einen Kosten günstigen Rasenmäher. Die Haustür ging auf und Mom kam rein.
„Wie weit seid ihr?"-sie.
„Wir können los"-ich und tat mein Geschirr in die Geschirrmaschine. Ennie tat es ebenfalls und zu dritt verließen wir das Haus. Meine Schwester und ich setzten uns auf die Rücksitzbank und Mom setze sich auf den Beifahrersitz. Henry fuhr uns zum Flughafen.
„Ach du scheiße. Immer diese moderne Technik. Da finde ich mich ja gar nicht zu Recht. Wollen wir nicht lieber den Pick Up nehmen?"-er.
„Du bist viel jünger als ich. Da solltest du eher mit solcher Technik umgehen können"-Mom vorwurfsvoll.
„Die gute alte Technik ist das Beste. Das hat mein Vater immer gesagt"-er zu seiner Verteidigung.
„Und dein Bruder ist noch älter als du und fährt auch die modernen Autos"-Mom.
„Ja, aber sein Job ist auch so langweilig, wenn er auf Verbrecher warten muss, hat er genug Zeit sich mit seinen hunderttausend Knöpfen zu beschäftigen. Ich muss rund um die Uhr arbeiten"-Henry. Ennie und ich mussten lachen.
„So komm, den Rückwärtsgang wirst du ja wohl finden"-Mom und sah amüsiert Henry an.
„Ja ist ja gut"-er und fuhr rückwärts von der Auffahrt. Normalerweise wendete Mom vorher immer und fuhr die 1,5 km vorwärts, nicht so unser Onkel.
„Wenn du nicht gleich langsamer fährt, kotze ich dir das Auto voll"-Ennie und wirkte gar nicht begeistert.
„Mach doch. Ist ja nicht mein Auto"-er provokativ. Ennie rollte die Augen, schnallte sich ab und setzte sich anders herum auf ihren Sitz, sodass sie durch die Heckscheibe raus sah.
„Sieht du Florence, es gibt für jedes Problem eine Lösung, man muss nicht sofort aggressiv werden und mit Gewalt drohen."-Henry und klang wie ein Therapeut. Mom saß auf dem Beifahrersitz und musste lautes loslachen unterdrücken, wobei sie hochrot wurde und immer wieder leise vor sich hin kicherte. Henry bremste abrupt ab und sah sie skeptisch an.
„Brauchst du auch therapeutische Unterstützung?"-unser Onkel besorgt. Sie schüttelte, noch immer hochrot, den Kopf und lachte jetzt laut los.
Eine Dreiviertelstunde später setzte uns Henry am Flughafen ab und wir gaben unser Gepäck ab. Wir checkten ein und verbrachten eine halbe Ewigkeit am Gate, ehe unser Flug nach Los Angeles aufgerufen wurde. Wir drängelten uns ins Flugzeug und rückten auf unsere Plätze. Mom saß am Gang, ich am Fenster und Ennie in der Mitte. Sie war die ganze Zeit angespannt und auch als wir in der Luft waren, wollte sie weder Essen noch Trinken. Mom zwang sie schließlich zum Trinken, da wir über 5 Stunden flogen. Als wir in Los Angeles landeten, war es deutlich wärmer als Zuhause und die Sonne schien vom Himmel. Es war 11am und der halbe Tag lag noch vor uns. Währenddessen wir auf unser Gepäck warteten, meldete sich Ennie nach einer halben Ewigkeit auch mal wieder zu Wort.
„Ich hab Hunger"-quengelte meine Schwester.
„Ach, hast die Flugbescheidenheit überstanden?"-Mom und griff nach ihrem Koffer. Sie nickte nur, weil ihr die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben stand. Wir kauften uns jeder einen Muffin und machten uns mit einem Taxi auf den Weg zu unserem Haus welches in Hermosa Beach stand, ein Stück weiter neben Manhattan Beach. Als wir endlich ankamen, konnten Ennie und ich gar nicht schnell genug aus dem Taxi kommen. Der Taxifahrer lud unsere Koffer aus und stellte sie auf unser Grundstück. Mom bezahlte und wir stürmten in den Garten. Der Rasen war frisch gemäht, das roch man. Die Rollos waren hoch gemacht worden und wir sahen uns glücklich um. Auf der Terrasse stand jemand rauchen.
„Daddy!"-riefen Ennie und gleichzeitig und fielen unserem Vater um den Hals. Wie sehr hatten wir ihn vermisst. Er erwiderte die Umarmung glücklich.
„Ich hab Hunger"-meckerte Ennie schon wieder.
„Wir gehen gleich schön was Essen"-Dad und sah über uns hinweg zu Mom, die auch in den Garten kam. Als unsere Eltern sich wieder sahen, fielen sie sich glücklich in die Arme und umarmten sich lange. Sie waren wie ein junges Pärchen, obwohl sie schon so lange zusammen waren.
Ennie und ich richteten uns in unserem Zimmer ein, welches wir uns teilen mussten. Nachdem wir uns dem Wetter entsprechend angezogen hatten, stiegen wir in den Wagen von Dad und fuhren nach Los Angeles rein. Wir aßen gemeinsam Mittag in einem Lokal und gingen danach shoppen. Ennie und ich waren schon 16 und in unserem Alter fuhren die meisten alleine in den Urlaub, doch wir genossen jedes Jahr aufs Neue den Familienurlaub in Kalifornien mit unseren Eltern. Wir wurden so erzogen, dass Familie das wichtigste in unserem Leben war, und dass obwohl Dad in unserer Kindheit selten da war. Wir schätzen die Urlaube mit ihm und auch die Feiertage. Ennie und ich wünschten uns, dass es irgendwann mal so weit kommt, dass unser Vater ein Jahr lang oder zumindest ein halbes Jahr mal Zuhause ist. Er fehlt in Kanada irgendwie immer.
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Remember Me.
Teen FictionDenn von Anfang an war eins klar: eines Tages würde ich gehen. Ich würde gehen und nicht wieder kommen. Was ich zurück ließ? So ziemlich alles.