An diesem Morgen klingelten die Wecker von Ben und Matthew fast gleichzeitig. Ich öffnete müde die Augen und sah direkt das zweite Stockbett vor mir. Wir waren nicht im Camp, sondern in einem Hostel, da die Jungs zu einem Wettkampf gefahren waren. Wir drei teilten uns ein Vierbettzimmer. In dem Bett über mir drehte sich Ben müde um und murmelte irgendwas vor sich hin. Im oberen Bett gegenüber unseres Stockbettes drehte sich Matthew ebenfalls um. Frankie lag im unteren Bett und sah mich verschlafen an. Der Dobermann war mit gereist. Wir blieben noch fünf Minuten liegen, ehe Matthew aufstand, sich eine Jogginghose und einen Hoodie anzog und mich abwartend ansah.
„Frankie muss raus"-er und nickte in Richtung Tür. Ich zog mir eine enge Jeans, einen Pullover und dicke Boots über und band meine Haare zu einem unordentlichen Dutt. Ben zog die Vorhänge vor dem Fenster zur Seite und wir sahen raus auf den verschneiten Parkplatz. Wir waren noch nördlicher in Norwegen, als das Camp schon lag. Das Hostel befand sich auf einem Berg und hier war es furchtbar kalt. Matthew zog seine Winterjacke an und setzte seine Beannie auf. Ich suchte nach Frankies Leine und gemeinsam mit Matt verließ ich unser Zimmer. Wir liefen durch den heruntergekommenen Flur und gingen die Treppe runter, weil der Fahrstuhl kaputt war. Frankie zog die ganze Zeit wie ein Irrer an der Leine. Er gehorchte, wenn er wollte. Aber morgens war so viel Energie in ihm, dass ich kaum halten konnte. Wir gingen schweigend die Straße auf und ab und Matthew rauchte seine Zigarette. Das war der eigentliche Grund, warum er mit raus gekommen war. Die Trainer kritisierten, dass er Leistungssport betrieb und rauchte, doch Matthew war der Typ Mensch, der sich nichts sagen ließ. Frankie lief kreuz und quer und zog mich durch die Gegend. Matt sah mich einfach nur amüsiert an und sagte nichts weiter. Wir schwiegen wieder einmal, wie eigentlich die meiste Zeit, wenn wir zusammen waren. Zwanzig Minuten später gingen wir wieder ins Hostel, machten uns fertig und suchten das Frühstücksbuffett. Zu dritt saßen wir an einem Vierertisch und redeten über unnötiges Zeug. Irgendwann wurde es ernster und Ben und Matthew gingen ihre Wettkämpfe für heute durch. Ben würde Freestyle fahren und Matthew Boardercross. Eigentlich wollten beide beides fahren, doch die Trainer beschränkte es jeweils auf eine Disziplin. Morgen würden beide dann jeweils die andere Disziplin fahren. Während die Jungs sich unterhielten, bemerkte ich ein paar Tische weiter die auffälligen Blicke einiger Mädchen, die ebenfalls Snowboarder waren. Sie tuschelten immer wieder und sahen dann wieder Ben und Matt an. Ich spannte mich leicht an, weil ich es hasste, wie sehr die beiden und besonders Matt begehrt waren. So gut es ging versuchte ich es zu ignorieren und sah weg.
Als wir fertig waren, gingen die Jungs sich umziehen und packten ihre Sachen zusammen, die auf dem Wettkampfs Gelände brauchen würde. Ich zog mir ebenfalls eine dicke Snowboardhose an und eine dicke Jacke, da ich den ganzen Tag am Rand in der Kälte stehen würde. Frankie tobte die ganze Zeit durchs viel zu kleine Zimmer und die Tatsache, dass er mir bis zur Hüfte ging, ließ vermuten, wie viel er umschmiss. Als wir es endlich geschafft hatten, leinte ich den riesigen Hund an und wir verließen das Hostel. Wir liefen das kurze Stück zur Gondel zu Fuß und drängten uns dann in eine der Kabinen, die uns nach oben bringen würden. Frankie musste einen Maulkorb tragen und ich merkte, wie sehr er sich an mich, Ben und Matt gebunden hatte, denn gegenüber den fremden Menschen, hatte er ein skeptisches Verhalten. Er wäre perfekt für die Arbeit gewesen, für die Dad diese Hunde nutzte. Frankie könnte Matthew und mir enorm Sicherheit geben, gegenüber den Arschlöchern, die uns jagten.
„So, da sind wir"-Ben und amtete tief ein. Er ließ seinen Blick über das Wettkampfs Gelände schweifen. Überall waren Getränke- und Essensstände, Snowboardzubehör und jede Menge Menschen. Es waren viele Schaulustige da und Matthew beschloss erst einmal ins Fahrerlager zu gehen. Ben und Matt bereiteten ihre Snowboards in einem der vielen großen weißen Zelte vor. Sie hatten ihre eigene Ecke, wo sie einen Rückzugsraum fanden. Dort war ein Glück auch ein stabiler Holzpfeiler, an welchem ich Frankie fest machen konnte.
„Wann fahrt ihr?"-ich.
„In einer Stunde ich, in 70 Minuten Ben"-Matt und kontrollierte die Schnallen an seinem Board.
„Könntest du uns vielleicht sowas wie Cola besorgen?"-Ben an mich gerichtet. Ich nickte.
„Ich lass Frankie hier"-ich. Die beiden nickten und ich machte mich auf den Weg auf die Suche nach Cola. An einem Getränkestand wurde ich fündig. Mit zwei Flaschen Cola machte ich mich auf den Weg zurück und als ich wieder ins Zelt kam, sah ich von Weitem schon die Mädchen aus dem Frühstückssaal von heute Morgen, die über Matt und Ben getuschelt hatten. Sie unterhielten sich gerade mit Ben und warfen ihre Haare immer wieder auffällig zurück. So wie es aussah, versuchten sie auch Matts Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, doch er stand nur neben Frankie und streichelte über den Kopf des Rüdens. Er hörte zu, dass sah man, doch er reagierte nicht. Ich kam bei den beiden an, drückte Ben seine Cola in die Hand und gab auch Matt seine. Frankie stand auf und freute sich riesig mich zu sehen. Ich begrüßte ihn und spürte die Blicke der Mädchen auf mir. Matt stieß mit Ben an und eines der Mädchen kam falsch grinsend auf mich zu.
„Oh, bist du die Pflegerin seines Hundes?"-sie gekünstelt zu mir. Sie war etwas zu nahm gekommen und Frankie sprang bellend nach vorne.
„Ne, ihr gehört der Hund"-Matthew an das Mädel gerichtet und sie ging erschrocken einen Schritt zurück. Frankie eignete sich nicht nur als Schutzhund, er war scheinbar auch einer gewesen in seinem vorherigen Leben. Ein Ordner der Veranstaltung kam zu mir und bat mich, Frankie einen Maulkorb anzulegen, solange er sich auf dem Gelände befand. Ich hasste es wie die Pest, doch gehorchte, bevor wir noch rausgeschmissen wurden. Irgendwann verschwanden die Mädchen wieder und Matthew machte sich bereit für seinen Start. Ich begleitete ihn mit Frankie zu seinem Start. Er war schon mit dem Kopf im Wettkampf und jeder seiner Bewegungen und Handgriffe war mehr als konzentriert. Bis zu dem Gatter, welches zum Startbereich führte, kam ich mit ihm. Dann strich er leicht grinsend Frankie über den Kopf und nahm mich überraschend in den Arm.
„Viel Glück"-nuschelte ich in seine Schulter.
„Danke"-er und grinste minimal. Dann ging zum Startpunkt und schnallte sein Board an seine Füße. Ich ging zum Zielbereich und stand in der ersten Reihe. Matt würde gegen andere Fahrer antreten. Frankie saß aufmerksam neben mir. Ich sah gespannt auf die Piste, während der Dobermann unsere Umgebung hochkonzentriert scannte. Ich konnte es richtig genießen, denn ich musste keine Angst haben, dass jemand hinter mir wäre, der mir etwas antun könnte. Denn ich hatte jetzt ja meinen persönlichen Bodyguard – Frankie.
„Und da kommen sie. Ganz vorne momentan Team Schweden. Doch dicht auf den Fersen ist Kanada. Das wird ein knappes Rennen. Kanada ist ganz nah dran, doch Schweden holt sich das Ding. Trotzdem eine hervorragende Leistung von Cody für Kanada!"-der Kommentator. Man sah Matthew die Freude ins Gesicht geschrieben und er sah kurz in meine Richtung. Das hier war sein Leben und so langsam fand auch ich Spaß daran.
DU LIEST GERADE
Remember Me.
Teen FictionDenn von Anfang an war eins klar: eines Tages würde ich gehen. Ich würde gehen und nicht wieder kommen. Was ich zurück ließ? So ziemlich alles.