Davids Sicht (Dad von Laurence und Florence)
Ich stieg aus meinem schwarzen Geländewagen und schlug die Fahrertür zu. Ich richtete den Kragen meines weißen Hemdes und öffnete die Beifahrertür. Lexi sprang mit einem mächtigen Satz aus dem Auto und ich leinte sie an. Aus dem Kofferraum nahm ich einen Strauß Blumen und ging schweigend den Kiesweg entlang unter den großen Bäumen. Es war sonnig und der warme Wind, rauschte in den Bäumen. Ich trug wie jedes Mal, wenn ich hier war, Jeans, weißes Hemd und Lederschuhe. Stumm ging ich durch die Reihen, so wie ich es seit Jahren tat. Diesen Ort kannte nur meine Familie. Nur Camille, Laurence, Florence und Henry. Sonst niemand. Dieser Ort war der Beginn meines heutigen Lebens und Schuld an all dem, was momentan geschah. Schuld daran, dass ich meine geliebte Frau nicht sah, ein schlechter Vater bin, meine Töchter von der Schule nahm und eine meiner Töchter Jahre lang darauf bereiten und schlussendlich gehen lassen musste. Dieser Ort war der Beginn meiner Karriere als Mitglied einer Sondereinheit. Auf der einen Seite war ich der strenge Vater, der sich nichts mehr wünschte, als bei seinen Kindern zu sein und auf der anderen Seite war ich der Mann, der bereit war, Menschen zu erschießen für das, was sie taten. Ich arbeite für das härteste Team der Welt und unsere Freunde denken, ich würde im IT-Bereich arbeiten. Lexi war inzwischen mein dritter Hund, der mich durch diese schwere Zeit begleitete.
Ich blieb stehen und hielt inne. Mein Blick schweifte über das Blumenbeet und den grauen Stein vor mir. Lexi setzte sich neben mich und sah zu mir hoch. Ihre treuen dunkelbraunen Augen sahen mich an. Ich löste die Leine und hielt dem Hund den Blumenstrauß hin. Wie jedes Mal, nahm die Hündin den Strauß in ihr Maul und legte ihn auf dem Grab ab. Sie drehte ihren großen Kopf zu mir und sah mich an. Ich lächelte leicht und trat näher an das Grab. Mein Blick blieb an der Einschrift des Steines Hängen. Rick Piper. Gestorben im Alter von 22 Jahren in San Diego. Ich war damals 20 Jahre alt und bekam den Anruf einer mir fremden Person, die ich bis heute jage. Sie hatte meinen Bruder ermordet. Rick war auf San Diegos Straßen illegal unterwegs gewesen. Straßenrennen und solche Sachen. Sein Traum war es immer gewesen, Rennen zufahren und außerhalb des Trainings fuhr er dann auf den öffentlichen Straßen. Zwar auf verbotene Weise, doch er imponierte den Drogenschmugglern, denn die sahen in ihm einen zuverlässigen Fahrer. Er rutschte schneller darein, als er merkte. Es war schnelles und einfach verdientes Geld. Als Rick realisierte, in was für einem Scheiß drin war, wollte er raus, doch es war zu spät. Die Gefahr, dass er seinen Auftraggeber verraten würde, wurde größer und schlussendlich beseitige dieser einfach Rick und damit die Gefahr. Das was mir damals dadurch genommen wurde, war unvorstellbar. Rick war nicht einfach nur mein, zwei Jahre älterer, Bruder, er war auch mein bester Freund, mein Partner im Ernstfall und derjenige, der mir das Leben zeigte. Er war mein Vorbild. Auch ich wollte damals Rennen fahren. Rick und ich, wir hatten dieselben Träume und wollten wenn wir älter waren, zusammen ein großes Anwesen kaufen und jeweils mit unseren Familien da drauf leben. Henry war immer der kleine Bruder, der etwas zurück hing, weil er fünf Jahre jünger als ich und sieben Jahre jünger als Rick war. Mit Ricks Tod wurde so ein Hass in mir erweckt, dass ich der Sondereinheit beitrat und mir schwor, eines Tages würde ich den Mörder meines Bruder finden und ihm das antuen, was er verdient hatte.
Damals als ich der Sondereinheit beitrat ahnte ich nicht, dass ich zwei Jahre später Camille treffen würde und ein Jahr darauf Vater von Zwillingen wäre. Das alles kam dazwischen. Ich wollte immer ein guter Vater sein und nebenbei noch meinem Bruder das letzte Versprechen einlösen – seinen Mörder hinter Gitter zu bringen.
Zwanzig Jahre ist Ricks Tod nun genau her. Der Schmerz durch seinen Verlust hat nie nachgelassen, er hat mich jedoch verändert. Er hat mich zu einer kalt herzigeren Person gemacht. Zu einer zielstrebigen und ehrgeizigen Person. Ich bin nie ausgegangen, habe nie anderen Frauen hinterher geguckt. Denn in meinem Leben galt nur noch eins: Familie.
Ich strich über Lexis Kopf und kämpfte gegen meine wässrigen Augen.
„Rick, ich weiß noch als du mir erklärt hast, wie das Leben funktioniert. Wir werden geboren an einem Tag. Wir sterben an einem Tag. Wie können uns verändern in einem Tag. Und wir können uns verlieben in einem Tag. Alles kann an einem Tag passieren."-ich und sah stur vor mich hin.
„Ich wurde geboren an einem Tag, als dein Bruder und ich war verdammt stolz darauf, dein kleiner Bruder zu sein. Du starbst an einem Tag und ich veränderte mich an diesem Tag. Ich verliebte mich an einem Tag in Camille, als ich in Washington DC bei einer Sitzung war und schon ein Jahr später hielt ich unsere gemeinsamen Zwillinge im Arm. All dies passierte jeweils an einem Tag und ich wusste dass dieser eine Tag kommen würde, an dem ich Florence verlieren würde. Dieser Tag war vor einigen Wochen."-ich leise und sah auf das Bild neben dem Grabstein, dass meinen 22 jährigen Bruder zeigte. Er sah mir und Henry so verdammt ähnlich.
„Florence sagte einmal zu mir, sie hätte keine Angst, alleine durch diese Welt zu gehen. Tja und jetzt ist sie in dieser weiten, großen, bösen Welt. Alleine."-ich und musste unkontrolliert verzweifelt lächeln.
„Ihr Leben muss wie die Hölle sein. Sie ist nur auf der Flucht, lebt ständig in Angst und darf nie sagen wer sie wirklich ist. Jeden den sie trifft, könnte der sein, der sie mitnimmt und für immer verschwinden lässt. So war es schon immer und jetzt ist es ganz besonders so. Aber sie hat diese Gabe, die du auch hattest. Sie kann die Hölle sich anfühlen lassen, wie ihr Zuhause. Ich weiß nicht wie sie es macht, aber ich bewundere es"-ich und schüttelte unbewusst den Kopf. Ich lauschte eine Zeit lang den Bäumen, die im Wind wehten und sah wie Lexis Fell leicht wehend vor sich hin flog.
„Was ist, wenn sie eines Tages wiederkommt? Wie wird sie sein? Was ist wenn sie wirklich nach einem Jahr wiederkommt und nicht für immer untertaucht? Wie wird diese Zeit sie geprägt haben und wie wird sie sich verhalten?"-ich murmelnd.
„Ich hab ihr immer gesagt, sie soll nie vergessen wo sie her kommt und wer sich Gedanken um sie macht. Ihre Schwester Laurence leidet so stark unter dem Verlust von Ennie, du kannst es dir nicht vorstellen"-ich und schwieg einige Zeit. Ich hatte zwei Bilder vor meinem inneren Auge.
„Es ist wie, als wenn Florence du bist und Laurence ich. Einer geht und der andere bleibt zurück. ich glaube es ist immer schwerer für die, die bleiben, denn dieses Vertraute wird aus deren Leben gerissen. Du und Florence, ihr seid in völlig neue Welten aufgebrochen"-ich und sah hoch zum Himmel.
„Rick, ich werde das hier jetzt zu Ende bringen, so wie ich es dir versprochen hab. Pass du auf meinen Engel Ennie auf. Ich kann sie nicht auch noch verlieren, so wie ich dich verlor. Das ertrage ich nicht. Pass auf sie auf, sie ist dein lebendes Spiegelbild bei uns hier unten. Ich liebe sie, ich liebe Laurence, ich liebe Camille. Ich vermisse dich, Rick"-ich und stand auf. Gemeinsam mit Lexi verließ ich das Grab meines Bruders und ging zu meinem Geländewagen. Hier war ich Ich. Das hier war das Ich, welches ich war.
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Remember Me.
Teen FictionDenn von Anfang an war eins klar: eines Tages würde ich gehen. Ich würde gehen und nicht wieder kommen. Was ich zurück ließ? So ziemlich alles.