Dad zuhause.

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Ich saß neben Laurie am Küchentisch. Beide hatten wir unsere Laptops aufgeklappt und Kopfhörer auf dem Kopf. Für uns war letztes Halbjahr das letzte Mal zur Schule gehen. Von nun an wurden wir von Zuhause unterrichtet. Home-School. Dad wollte es so, denn er wollte mehr reisen und uns mitnehmen. Egal wohin es ging, wir hätten dabei zu sein. Lexi lag auf den Fliesen und döste, draußen taute langsam der Schnee und so langsam spürte ich in mir, dass etwas fehlte. Ich wusste nicht was es war. Vielleicht der tägliche Kontakt zu anderen Leuten aus der Schule, vielleicht das rum albern mit Emma, Mia und Naomi und die Chance regelmäßig aus der Pampa raus zu kommen. Unsere drei besten Freundinnen sahen wir nur noch zu Trainingszeiten.

„Florence, können wir reden?"-Dad streng und kam ging festen Schrittes durch die Küche durch ins Wohnzimmer. Ich folgte ihm genervt.

„Tür zu"-er und deutete hinter mich. Ich gehorchte und setzte mich dann an den Esstisch.

„Matthew"-er

„Ja?"-ich

„Kein Kontakt mehr zu ihm. Gar kein! Verstanden?"-er.

„Warum?"-ich und sah ihn ungläubig.

„Verstanden?!"-er laut.

„Ja"-ich kleinlaut.

„Er tut dir nicht gut."-er in einem abwertenden Ton.

„Was hat er denn bitte getan?"-ich. Dad knallte zwei dünne Akten auf den Tisch. Ich schlug sie auf. Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Fahren ohne Führerschein, Sachbeschädigung, Fahren mit Alkohol im Blut, Lärmstörung und noch andere kleinere ‚Verbrechen', wie Dad es nannte.

„Er ist nicht so"-ich.

„Ich mache mir immer selbst ein Bild, und das sind genug Beweise dafür, dass er nicht der Richtige ist"-Dad ernst.

„Es können nicht alle wie Sam sein"-ich

„Lass Sam da mal außen vor"-er

„Das ist unfair. Nur weil Sam weit weg ist und du seine Taten nicht kontrollieren kannst"-ich

„Sam ist erwachsener. Aber wenn du überhaupt auf Sam zurückgreifen willst. Sam ist mir gegenüber höflich und aufgeschlossen. Auf ihn ist Verlass und streitet sich nicht ständig mit Laurence. Er hat einen Job und weiß wie das Leben funktioniert. Er ist nicht so verwöhnt und verzogen wie Matthew Hunter"-Dad.

„Aber Laurence und ich sind nicht verwöhnt, oder wie?"-ich sarkastisch.

„Einsicht ist der beste Weg zur Besserung. Wenn du nicht gleich aufhörst zu diskutieren, gibt es eine Taschengeldkürzung!"-mein Vater genervt von mir.

„Und was ist mit James? Er ist mitunter Matthews bester Freund"-ich seufzend.

„Er ist quasi Familie. Du darfst ihn sehen, aber nur wenn Matthew nicht dabei ist"-Dad streng. Lustig. Ich legte keinen gesteigerten Wert James so zu sehen, wenn Matthew nicht dabei war. Er war doch der Grund weswegen ich James traf.

„Und was ist mit Partys in Clubs?"-ich

„Ich werde mit James noch reden. Er soll dich mitnehmen, er kann aufpassen"-Dad und ging im Wohnzimmer auf und ab.

„Brad wird sich darum kümmern, dass du Matthew nicht triffst. Auch kein Geschreibe per SMS oder was auch sonst du benutzt"-er.

„Willkommen im Knast"-murmelte ich. Dad stützte sich genervt auf dem Tisch auf.

„Ich tue das alles hier für deine Sicherheit. Und für die der Familie, verstanden?"-er. Ich nickte.

„Außerdem sollst du dich an keine Menschen hier binden, das Thema hatten wir schon mal"-Dad.

„Keine Sorge, außer Laurie und Mom sind hier eh keine in meinem Umfeld, an denen ich mich binden kann. Du bist ja nie da"-ich wütend und stand auf.

„Florence!"-Dad laut und wollte mir irgendwas vorwerfen, konnte es jedoch nicht, weil ich Recht hatte.

„Du brichst jetzt den Kontakt zu Matthew ab und basta!"-er und schlug leicht auf den Tisch. Lexi stand auf und sah Dad fragend an. Er streichelte seinem Hund über den Kopf und verließ das Wohnzimmer.

Ich stand auf und ging kommentarlos auf mein Zimmer. Ich warf mich auf mein Bett und spürte wie Tränen in mir hochkamen. Vergeblich versuchte ich sie zu unterdrücken. Seit letztem Jahr hatte ich Matthew nicht mehr gesehen. Er war über Silvester weggewesen und wir hatten nur oberflächlich Kontakt gehabt. Ich merkte langsam wie wir uns mehr und mehr voneinander entfernten oder auseinander lebten. Ich wusste nicht genau wie man es beschreiben sollte. Distanzieren. Ja, distanzieren traf es gut. Wir distanzierten uns langsam mehr und mehr. Die Streitigkeiten wurden weniger und unsere Zeit die wir zusammen verbrachten damit auch. Er war oft in meinem Kopf, aber nicht so wie früher. Früher war ich oft sauer auf ihn gewesen und hatte mich ständig über ihn aufgeregt. Damals hatte es mich genervt, jetzt vermisste ich es keinen Grund mehr dafür zu haben, an ihn zu denken. Irgendwie kam auch von seiner Seite immer weniger. Mia hatte mir letztens erzählt, wie er auf Partys mit anderen Mädchen rummachte. Ich konnte es ihm nicht übel nehmen, schließlich war er mein Ex und wir waren nicht zusammen. Dennoch fühlte es sich nicht gut an, es zu hören. Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder mit ihm zusammen sein wollte, schließlich war die Zeit, in der wir zusammen waren von Schmerz und Trauer geprägt. Von Eifersucht und Tränen. Das Leben mit Matthew war immer ein Desaster gewesen. Immer. Und ob es sich jemals ändern wird, könnte ich nie rausfinden, denn Dad verbot mir jeglichen Kontakt mit dem am besten aussehen Jungen meiner Schule. Ich war immer diese graue Maus gewesen. Diejenige, die niemand wahrnahm. Die niemand bemerkte und viele wussten gar nicht das es mich gibt. Sie wussten es gibt einen Doppelgänger zu dem aufgedrehten Energiegeladen und beliebten Etwas namens Laurence Piper, aber wer ich eigentlich war, wusste niemand und es hatte niemanden so wirklich interessiert. Bis Matthew und ich durch Zufall in Kontakt kamen und kurz darauf zusammen. Lange hielt es nicht, aber es hatte gereicht, um vielen klar zu machen, dass ich etwas war und nicht nur der stille Doppelgänger.

Remember Me.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt