„Wie geht es dir?", fragte Nora. Die Besorgnis konnte ich nicht nur in ihrer Stimme hören, nein, ich konnte sie auch in ihren Augen ablesen. „Es ist alles ok.", selbst ich konnte die Kraftlosigkeit in meiner Stimme hören. Irgendwie schockierend.
„Sicher? Du bist vor der Schule zusammengebrochen."
„Ich bin sehr Wetterfühlig."
„Du bist gestern, mitten in der Nacht verschwunden."
„Ich habe einen Vogel nach Hilfe schreien hören... Da bin ich nachsehen gegangen."
„Und das Blut? Du hast aus der Nase und sogar aus den Augen geblutet."
Seconds Schuldgefühle machten sich in mir breit.
„Ich bin gegen die Schultür gerannt."
Schweigen...
Stille...
Nora seufzte, „Gegen die Schultür gerannt ...?"
Ich nickte, „Sie ist sehr massive musst du wissen. Und seit neuestem weiß ich auch, dass sie nicht ausweicht. Und wenn wir schon dabei sind, hüte dich vor Stufen... "
Mit schiefem Blick musterte mich mein Kindermädchen. Sie konnte mir ansehen, dass es mir schwer viel, so gelassen zu reden.
„Zum witzemachen reicht's wohl noch.", sagte sie und ein leichtes Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus. „Kann ich dir nun meine Theorie der Dinge anvertrauen?"
Ich machte eine ausbreitende Handbewegung und meinte nur kurz, „The stage is yours."
Nora fixierte mich mit einem mahnenden Blick. „Du bis gestern Nacht einfach so abgebaut ohne mir etwas zu sagen. Das tust du in letzter Zeit öfter. Wenn das noch einmal passiert, muss ich es deiner Mutter melden, selbst wenn du Schlafprobleme hast, entschuldigt es nicht dein Verschwinden." Ich bereute es jetzt schon, ihr das Wort überlassen zu haben, traute mich jedoch nicht sie zu unterbrechen. „Bei deiner Psychologin lässt du dich auch nicht mehr blicken. Rate mal von wem der Anruf letztens war ..." Ich schwieg. Ich wollte nicht raten, abgesehen davon würde sei es eh gleich sagen und wegen so etwas verschwendete ich keine Luft. „ ... Doktor Spin. Sie macht sich langsam Sorgen um dich und meint, dass du dich zunehmend seltsamer verhältst. Und ich habe ihr auch noch versichert, dass alles in Ordnung sei. Ich habe sogar den Mund gehalten, als sie nach Auffälligkeiten gefragt hatte." Zum Glück, dachte ich mir, die Verrückte musste nicht wissen, dass ich nachts manchmal einfach so aus Jux und Toleranz verschwand. „Und das nächste, was ich von dir höre, ist das du im Krankenhaus liegst, mit blutenden Augen und einer blutenden Nase. Was ist los? Kann es sein, dass du Streit mit Klassenkollegen hast?"
Ich tat, als würde ich überlegen. Jeder meiner Mitschüler, bis auf die zwei Neuen, wusste, dass mit mir etwas nicht stimmte. Nur ein Tipp: Second. Auch wenn keiner von ihm wusste ... „Die sind viel zu ... nun ja, sagen wir armselig um mir was zu tun."
Ich konnte spüren, wie Second über mir seine Kreise zog.
„Nicht lustig.", meinte Nora streng, jedoch nicht bösartig, „Was ist mit anderen Schülern? Irgendetwas?"
„Nop. Die haben alle zu viel Angst vor mir."
Vorwurfsvoll hob die Braunhaarige eine geschwungene Augenbraue und legte den Kopf schief.
„Das-, das ist die Wahrheit.", versuchte ich mich zu verteidigen.
„Was ist dann passiert? Klär mich auf Sherlock."
Ich hasste es, wenn sie das tat. „Ich ... Keine Ahnung ... ehrlich. Ich weiß es echt nicht."
„Ok, gut. Ist es gefährlich?" Sie merkte, dass sie bei mir, mit dem Kopf gegen eine Wand stieß. Planänderung anscheinend.
„Nein.", sagte ich und versuchte so sicher zu klingen, wie nur möglich. Was für eine Lüge, schoss es mit durch den Kopf. Nora schloss kurz ihre schokoladenbraunen Augen und seufzte einmal gedehnt. Dann sah sie mich wieder an und tippte sich gegen die Nase. „Wenn sowas nochmal passiert, dann setzt's was." Ein strenger Blick und die Sache war gegessen. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit ihr, solange, bis mein Handy vibrierte. Ein schneller Blick aufs Display verriet mir, dass es meine Freundin war. Meine Augen wanderten zu der digitalen Uhr auf meinem Handy. Sie musste jetzt Pause haben ... Man verbreitete sich so etwas -ein Krankenhausaufenthalt- schnell. Jetzt lag es an mir zu seufzen, dann hob ich ab. Nora verließ währenddessen das Zimmer, um mir ein wenig Privatsphäre zu gönnen. Wie gesagt, ich war echt mehr als glücklich mit ihr.
Das Gespräch mit meiner Freundin dauerte nicht lange. Immerhin hatte sie nur zehn Minuten Pause, ganz im Gegensatz zu mir. Sie fragte mich, wie es mir ginge. Und ob mit mir eh alles in Ordnung sei. Natürlich kam auch noch die dritte Standartfrage in solchen Fällen vor: Was passiert war.
Sie erzählte mir, dass mich eine Lehrerin vor der Tür der Schule gefunden hatte und sofort die Rettung rief. Nur wenig später wurde ich abgeholt und die Lehrerin meldete es dem Rektor. Dieser hatte dann meine Angehörigen, also mein Kindermädchen und meine Mutter verständigt. Roxana sagte, ich habe Glück gehabt, dass mich keiner der Schulbesucher gesehen habe, da ja Tag der offenen Tür bei uns war.
Ich rieb mir die Augen. Verdammt, das gibt Ärger, schoss es mir durch den Kopf und ich musste an das wütende und gleichzeitig besorgte Gesicht meiner Mutter denken.
Des Weiteren erzählte mir Roxi von seltsamen Gerüchten die nun die Runde machten. Sachen wie: es sei dieser Schulgeist gewesen, der manchmal in unserer Klasse sein Unwesen trieb -Second ...-. Ich schüttelte den Kopf und musste zugeben, dass es in der Tat, der friedliche Schulgeist war, der mir das angetan hatte.
Dafür soll sich jetzt der gesamte Rest der Schule vor diesem Gespenst fürchten, erzählte Roxana weiter. Fast hätte ich zu lachen begonnen. Aber nur fast. Vor meinem unsichtbarem Freund musst man sich nicht fürchte, solange man nicht plante mir zu schaden. Nur dann konnte er sehr ungemütlich werden. In meinen Augen, war Second beinahe allmächtig. Eine Weile lang schwieg ich und starrte an den Fleck, wo ich mein alter Ego vermutete.
„Entfern dich nie wieder so weit von mir.", murmelte ich ruhig, „Du wusstest genau, dass mir das schadet und hast es trotzdem getan ..."
„Ähm, Aiden. Ist alles ok?" Für einen kurzen Augenblick hatte ich vergessen, dass ich immer noch mit meiner Freundin sprach.
Fuck, fluchte ich innerlich und wandte mich wieder ihr zu. „Ja, ja, ... Bin heute nur ein wenig durch den Wind." Ein ungeschicktes Lachen drang aus meiner Kehle.
„Hmm... Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst?"
„Äh, ja."
„Ich bin diene Freundin, wenn du was hast, versuche ich dir gern zu helfen."
„Ist ok, aber ich hab echt nichts. Es ist alles ok."
„Sicher?"
„Ganz sicher. Abgesehen, davon kannst du mir mit meinen unsichtbaren Problemen nicht helfen." Ein weiteres trockenes Lachen. Ich hasste es, wenn sie das tat. Sie war toll, sogar sehr toll. Und schön. Und klug. Und perfekt. Doch wenn sie auf die Ich-helf-dir-egal-mit-was-Schiene umschaltete, nagte selbst sie ein klein wenig an meinen Nerven. Aber ich mochte sie sehr.
Ich konnte im Hintergrund hören, wie die nervige Schulklingel wieder zur Stunde läutete. „Ok, ich muss auflegen. Bis dann, hab dich lieb.", verabschiedete sich meine perfekte Freundin.
„Ich dich auch.", fügte ich etwas zaghaft hinzu. Dann legte ich auf. Ich war immer derjenige, der auflegte. Bei allen Gesprächen. Selbst, wenn ich mit Fremden sprach, welche sich verwählt hatten, oder sonst etwas. Schweigend schloss ich die Augen. Was für ein beschissener Tag...
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Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)
FanfictionIch konnte ihre Blicke in meinem Rücken spüren. Wie sie nach etwas lechzen, und doch nicht wussten, wonach sie greifen sollten. Gründe, mich mobben zu können, gab es genug. Doch es traute sich niemand. Sie hatten alle Angst. Das konnte ich in der Sp...