20.

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Als ich wieder aufwachte, schien alles wieder in Ordnung zu sein. Second trieb sich irgendwo in meiner Umgebung herum, und hätte ich mich nicht wirklich zusammengerissen, dann hätte ich wohl noch einmal zu heulen begonnen. Mensch, weiblicher konnte ich auch nicht mehr werden. Jetzt fehlte nur mehr, dass ich mich schminkte ... Ok, ich äußere mich nicht dazu und lasse solche Behauptungen wohl lieber in Zukunft...

Nora war ebenfalls wieder zuhause. Gerade angekommen. Ich konnte hören, wie sie meinen Namen rief. Schnell sprang ich von meinem Bett auf. Immer noch im Pyjama, schlitterte ich die Treppen hinab. Ein dumpfer Schmerz pulsierte immer noch in meinem Körper, doch diesen konnte ich ausblenden. Bevor ich in Sichtweite war, bremste ich mein Tempo ab, immerhin wollte ich nicht verdächtig wirken.

„Hey, wie war's?", fragte ich, als ich das Fußende der Treppe erreicht hatte. Nora blickte zu mir hinüber, während sie sich ihre Straßenkleidung auszog, „Gut, gut. Es geht allen gut, meine Bruder Max, er heiratet diesen Sommer und ist schon über drüber. Und Lena, du weißt schon, Magdalena, meine jüngere Schwester, hat vorletzte Woche ihr erstes Kind bekommen. Die Kleine ist so süß, das ist schon fast ein Verbrechen." Ein zufriedenes Lächeln lag auf ihren Lippen.

Ich nickte nur knapp und setzte mich seitlich auf die Couch, einen Arm über der Rückenlehne und meinen Kopf darauf abgestützt.

„Es ist schön, hin und wieder die Familie zu sehen.", meinte sie Gedankenverloren. Ein dünner schmerz zuckte durch meine Brust. Ja, dass musste wirklich schön sein, dachte ich mir. „Oh, und wie war die Party?"

„Ähm...", ich musste an diese seltsame, unvollständige Nacht zurückdenken. Und an die hinterlassene Nachricht, „Tja, nicht ganz so langweilig, und vor allem ungefährlich, wie ich anfangs dachte..." Ich hoffte, dass ihr das an Info reichen würde. Weit gefehlt.

„Und was war mit Roxi? Ist da was passiert?"

Alle meine inneren Alarmglocken läuteten und mein Kopf begann zu schmerzen. Fuck... „Ähm ... Roxi ... Ich weiß nicht, wir haben uns zirka ab der Hälfte irgendwie aus den Augen verloren..." Ich versuchte so neutral wie möglich zu klingen, ob es mir gelang, war wieder eine ganz andere Sache.

KNACK!

Ich verstummte. Noras Blick schoss zur Haustür. Mein Herzschlag verschnellerte sich kaum merklich. In meinem Kopf drehte sich alles, wie auf einem Karusselle. Beinahe zufällig glitt meine linke Hand in die Hosentasche meines Pyjamas. Dort konnte ich das steife, zerknitterte Papier fühlen, auf dem die Nachricht meines One-Night-Stands stand. Ich schluckte und meine Augen wanderten zu Nora rüber. Nur allzu deutlich konnte ich erkennen, wie angespannt sie war.

„Vielleicht war das nur ein Eichhörnchen...", sagte sie nach einer Ewigkeit des Schweigens.

„Oder irgendein Killer, oder so ... rein, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass man so weit vom Wald entfernt Eichhörnchen findet."

„Aiden ... man sieht Eichhörnchen selbst in der Stadt. Abgesehen davon sind sie kuschelig und nicht so unheimlich wie Mörder, somit war das ein Eichhörnchen."

Ich starrte sie an.

Sie starrte mich an.

Stille.

„Ist ok, es war ein Eichhörnchen. Ein sehr grusliges Eichhörnchen mit blutunterlaufenen Augen.", gab ich ein wenig zu sarkastisch zurück. Ein mahnender Blick von ihrer Seite. Ich wünsche mir wirklich, dass sie recht gehabt hätte, denn dann wäre der ganze andere Scheiß nie passiert und ich würde heute mit ihr darüber lachen können ... nur leider war die Welt nicht barmherzig, oder gütig. Zumindest nicht zu mir. Zu kompletten Arschlöchern war sie das vielleicht, aber nicht zu mir, nicht zu Lina und auch nicht zu Nummer 17...

Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt