Die Worte des Mädchens neben mir hörte ich kaum. Meine rechte Seite schmerzte wie verrückt, doch die Taubheit, die sich nach und nach in mir ausbreitete, konnte er nicht übertreffen.
„Hätte es anders ausgehen können?" Meine Stimme war leise und zittrig.
„Nein, ich glaube nicht ... Tut mir leid Kleiner, aber es geht nicht immer so aus, wie man es sich wünscht." Ihre gelbgrünen Augen waren auf den Boden gerichtet. Nummer 17s Antworte waren ebenfalls leise, doch gut hörbar, anschließend fügte sie noch ein, „Deine Eskorte ist hier. Lass sie nicht zu lange warten ... und pass auf dich auf." hinzu. 17 legte mir eine dunkle, schlanke Hand auf die Schulter, dann verschwand sie zwischen zwei brennenden Bäumen. Seconds tröstende wärme umspielte meine Haare. Die Tränen von vorher waren noch nicht getrocknet und erneut spürte ich wie ein Schwall aus Schmerz und Trauer mich ergriff.
Langsam kam er näher...
Second wurde unruhig, doch bevor etwas passieren konnte, pfiff ich ihn zurück. Wie ein unsichtbares Gewitter wartete er bedrohlich über mir - natürlich nur für mich bemerkbar. Erneut rannen die Tränen, als ich noch einen Blick auf den toten, noch warmen Körper, eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut und einst blitzenden blauen Augen hinabsah. Ich schluckte schwer. Dann gab Second mir das Zeichen. Ich wirbelte herum und schlug meinem Bruder, der langsam näher gekommen war, mit voller Wucht ins Gesicht. Er ging stöhnend zu Boden und ich umfasste meine rechte Hand, welche zu schmerzen begann.
„Shit...", zischte ich leise und von meinem Bruder war ein gequältes Stöhnen und ein „Was zur heiligen Scheiße...?" zu hören. Fast hätte ich losgelacht, doch dann begann die ungeschickte Bewegung auch noch meine Verletzung an der rechten Seite in Mitleidenschaft zu ziehen. Ich fuhr zusammen und presste meine linke Hand auf die Verletzung in der unlogischen Hoffnung vergraben, dass es helfen würde. Für eine lange Sekunde war mein Kopf vollkommen blank. Um das Chaos auch noch zu vervollständigen, gab Second meinem Bruder noch einen Stoß, der ihn mindestens einen Meter wieder zurück beförderte.
Reiß dich zusammen Second, fuhr ich meine bessere Hälfte an, welche fast augenblicklich zu schmollen begann. Still verdrehte ich die Augen. Langsam löste sich auch der Schmerz in meiner Faust. Die Gruppe stiller Beobachter, zwischen den Bäumen, rührte sich nicht.
„Du bist so ein Wichser...", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Wieso? Du hast mich doch geschlagen." Die Stimme meines Bruders klang gepresst. „Verdammt. Wieso eigentlich?"
„Fragst du mich grad ernsthaft, wieso ich dir eine reingehauen hab? Wie wäre es mit den letzten paar Jahren? Deiner beschissenen Existenz?" Immer noch rannen mir Tränen über die Wangen. Second umrundete mich ein paar Mal bedrohlich. Gelegentlich berührte er mich sanft, und ich merkte, wieder einmal wie wichtig er für mich war. Und was er für Nachteile mit sich brachte.
Huh, Nachteile..., dachte ich mir und blickte zurück auf den leblosen Körper von Anja. Sie hatte sich darauf verlassen, dass ich sie durch diese Hölle bringe. „Hier 96, ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk von meiner Wenigkeit. Verlier es nicht wieder." Mit diesen Worten war Second wieder zu mir zurückgekehrt und fast alle Käfige dort unten aufgesprungen. Ich wollte nicht wissen, was dadurch alles auf diese Welt losgelassen wurde, eine Sache stand jedoch für mich fest: Auch wenn die dort unten die Falschen Mittel eingesetzt haben, für das Richtige haben sie schon gekämpft. Das hatten mir die Akten im Büro des Leiters verraten. Das und noch mehr...
Ein leises Flüstern riss mich aus meinen Gedanken. Meine Verletzung, an der rechten Seite, blendete ich aus. Mit einem Schlag, wurde es eiskalt. Meine Wut hatte sich bereits vor einigen Sekunden wie Rauch im Wind aufgelöst. Ein seltsames röcheln und krächzen drang aus der Dunkelheit hinter mir. Mein Bruder schien es nicht zu bemerken.
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Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)
FanfictionIch konnte ihre Blicke in meinem Rücken spüren. Wie sie nach etwas lechzen, und doch nicht wussten, wonach sie greifen sollten. Gründe, mich mobben zu können, gab es genug. Doch es traute sich niemand. Sie hatten alle Angst. Das konnte ich in der Sp...