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Mir war gar nicht aufgefallen, wie dunkel es geworden war, bis ich das Krankenhaus verließ. Mit kribbelnder Haut folgte ich dem Fremden mit dem weißen Hoodie - nein, es war keine Weste - die Straße hinab. Er war durchaus seltsam, insbesondre, wenn er ohne ersichtlichen Grund leise zu lachen begann, welches nicht gerade freundlich klang. Es klang eher danach, als würde er sich über ein Kind lustig machen, das gestolpert und hingefallen wäre und nun mit dicken Tränen im Gesicht nach seiner Mutter schrie. Bei diesem Gedanken wurde mir unwohl. Wie die Menschen, denen wir begegneten, ihn übersehen konnten, ergab für mich auch keinen Sinn. Na gut, es war schon relativ dunkel und es waren kaum mehr Leute unterwegs, die nicht betrunken waren, aber weiß stach selbst dann noch heraus. Abgesehen davon war es nicht ein wenig auffällig, wenn er so vermummt herumlief?

Von weitem konnte ich das klackern von Stöckeln auf Asphalt hören. Nicht lange später tauche auch schon die dazugehörige Frau auf. Mit schnellem Schritt ging sie die Straße entlang und als sie uns passierte, würdigte sie meinen Führer keines Blickes, während sie mich prüfend, im Vorbeigehen, begutachtete. Jetzt fühlte ich mich wie ein Verbrecher. Ich hatte sie doch selbst kaum sehen können und sie hatte mich wie einen potentiellen Vergewaltiger angesehen. Was soll das? Insbesondere war ich nicht einmal die Hälfte von dem, was der Schwarzhaarige war. Also, wenn es jemand verdient hatte so angesehen zu werden, dann doch wohl er. Oder hatte ich in meiner Zeit, im Käfig, irgendetwas grundsätzlich Wichtiges Verpasst? Einen Sinneswandel vielleicht, in welchem auf einmal kleine Leute die größte Bedrohung unserer Gesellschaft darstellten? Nonsense...

„Sie beachten uns meist nicht, weil wir für sie nicht da sind. Wir existieren in ihren Augen nicht. Dafür schauen sie umso beschissener drein, wenn sie merken, dass wir durchaus real sind. Hahaha... Oh ja, diese Blicke...", die Stimme meines Vordermanns ließ mir einen Schauer über den Rücken jagen. Ich schluckte.

„Wer bist du eigentlich?" Die Frage stellte ich ohne wirklich darüber nachzudenken. Der, nicht ganz so alt wirkende, Mann blieb stehen und blickte über seine Schulter zu mir zurück. Ich stoppte ebenfalls und eine Weile standen wir so da und starrten einander an. Meine Haut fühlte sich auf einmal unheimlich eng und falsch an. Ein wenig unsicher begann ich an einem Schlüsselring, in meiner Jackentasche, herumzufummeln. Seine stechenden Augen schienen mich zu durchbohren und ich hielt ihnen nur wenige Sekunden stand, bevor ich beiseite blicken musste, wie ein unsichtbarer Zwang. Die Stille wurde schnell unangenehm und ich hatte das schlechte Gefühl, dass mir eine wichtige Information entgangen war, beziehungsweise komplett fehlte. Etwas, dass ich eigentlich wissen müsste.

„Jeff.", war die kurze und prägnante Antwort, bevor sich der Typ wieder umdrehte und weiterging. Ein wenig perplex starrte ich ihm hinterher. Die Antwort kam etwas zu prompt. „Hast du mein Angebot bereits vergessen? Wenn du stehen bleibst schleif ich dich an den Haaren zurück, und von mir aus sogar so lange, bis sich dann auch deine Kopfhaut zu lösen beginnt." Ich zuckte leicht zusammen und setzte mich wieder in Bewegung. Was hätte ich denn sonst tun sollen. Eine Weile verging, ohne dass auch nur ein Wort gesprochen wurde. Doch irgendwann schien Jeff die Stille nicht mehr auszuhalten. „Du hast dich sehr verändert..." Seltsam. Seine Stimme klang seltsam.

„Woher willst du das wissen? Killer-Instinkt?" Verwirrung machte sich in mir breit, doch diese überspielte ich. Second hatte sich in zurückgezogen und schien nicht das Bedürfnis zu haben wieder herauszukommen. Wir hielten vor einer Holzbank, welche einsam, mit Blick zum Wald, etwas abseits eines kleinen Spielplatzes stand. Es wunderte mich, dass Second nicht Alarm schlug, oder sein Beschützer-Ding durchzog. Er war doch sonst nicht so tolerant anderen gegenüber...

„Du erinnerst dich wirklich nicht mehr...?" Jeff stand mit dem Rücken zu mir und schien eher in den Wald hineinzusprechen, als zu mir. Innerlich die Stirn runzelnd, blickte ich ihn unberührt an. Nach einer Weile legte ich den Kopf leicht schief. Hatte ich irgendetwas verpasst? War er vielleicht unten, in dieser Einrichtung gewesen? Nein, ihn hätte ich bemerkt, ganz bestimmt. Außerdem war er bei der Gruppe dabei gewesen, welche meinen Bruder zu mir begleitet hatte. Schule vielleicht? Nein, dafür war er zu alt. Krankenhaus? Könnte mich nicht daran erinnern, jemals so jemanden dort gesehen zu haben, mal abgesehen davon, dass alle Herzpatienten wahrscheinlich, bei seinem Anblick, einen Schlag bekommen hätten. Also woher...

Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt