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Immer noch ein wenig perplex, stand ich mit meinem Handy in der Hand vor der Kücheninsel. Ich schluckte und versuchte erst einmal zu verdauen, was gerade geschehen war. Meine Mutter hatte geweint, das wusste ich noch. Dann war sie stocksauer geworden und anschließend zeigte sie Mitleid, als ich ihr von Nora erzählte, welche immer noch im Krankenhaus lag. Irgendwie hatte ich es geschafft ihr auszureden, den nächsten Flug zu mir zu nehmen. Wie weiß ich selbst nicht mehr. Ich meine mich daran zu erinnern irgendetwas von einem „Ersatz" erzählt zu haben ... wen genau ich damit gemeint hatte, wusste ich nicht einmal selbst.

„Mütter sind schon was Schräges, nicht?" Nummer 17 Stimme war so plötzlich da, dass ich für einen kurzen Augenblick vergaß zu atmen. Kopfschüttelnd drehte ich mich zu ihr um. Sie war ganz ruhig und irgendwie war es doch ironisch, dass gerade sie davon sprach. Mit einem gespielten Lächeln meinte ich nur, „Wem erzählst du das...?", und steckte das Handy in die rechte Hosentasche. Es war noch eine Menge zu besprechen, und das wussten wir beide.

„Wir sind übrigens zu einer Einigung gekommen.", teilte sie mir nach einigen stillen Momenten mit. Auf eine seltsame Art und Weise schien die Luft unheimlich dick. Das Atmen fiel mir schwer.

„Eine Einigung? In Bezug auf was?"

„Wir sind uns einig, dass wir dich nicht einfach so hierlassen können."

„Oh, soweit ich mich erinnern kann, bis du es doch gewesen, die hier mit Koffern aufgetaucht ist, hattest du etwa vor ein wenig Krafttraining zu machen, denn wenn, es gibt mit Sicherheit einerseits effektivere Methoden und andererseits Sachen die auch wesentlich mehr Spaß machen..." Nach unten schauend und den Kopf leicht schüttelnd lehnte ich mich gegen die Kücheninsel, die Hände am Rand der Insel abgestützt. Die kühle Oberfläche spürte ich selbst durch die Handschuhe durch.

„Für jemand so kleinen, bis du aber ziemlich frech.", bemerkte sie spitz, aber lächelnd. Sie holte noch einmal Luft, dann sprach sie weiter, „Sie meinen, dass sie nicht wollen, dass ich hier alleine mit dir zurückbleibe. Sicherheitsgründe und so..."

„Du meinst wohl eher Kontrollgründe.", unterbrach ich sie und mein Blick wurde kalt.

„Man merkt, dass du nicht mehr so klein bist, wie früher." Bei dieser Bemerkung wurde mir unwohl. Die Zeit damals war wie mein erst kürzlich überstandenes Erlebnis dort unten, nicht sehr angenehm. Schnell versuchte ich diese Gedanken loszuwerden und widmete mich wieder meinen aktuellsten Problemen, welche unangenehmerweise mein Wohnzimmer besetzten. „Was wollen sie?"

„Dass du mit ihnen gehst, wie Lina." Scharf zog ich die Luft ein, doch bevor ich etwas sagen konnte, sprach sie weiter. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich das nicht zulassen würde und nach ein paar sehr langen Minuten, haben wir beschlossen, dass du hierbleibst, mit mir und..." Ich blickte sie eisern an. Das fand ich keineswegs lustig. Nicht ein bisschen.

„Und wer?", meine Stimme schien einen metallischen Klang zu haben, so kalt war sie geworden.

„Einer von ihnen. Wer wissen sie noch nicht, dass besprechen sie wahrscheinlich gerade." Den Blick einmal durch den Raum schweifen lassend fuhr ich mir durch die Haare. Das war das letzte, was ich wollte. Einen von denen dauerhaft bei mir einquartieren zu müssen und im schlimmsten Fall war es Jackson oder noch eine Spur schlimmer Jeff, der ... nein, das sag ich jetzt lieber nicht. Mit einem Mal war mir ziemlich schlecht und das obwohl heute kaum was passiert war.

„Was hast du alles dort unten erfahren?" Die Frage traf mich wie ein Schlag. Ich brauchte ein paar Sekunden um zu begreifen, was die Worte in dieser Konstellation bedeutenden und nochmal einigen um zu begreifen auf was sie sich bezogen.

„Eine Menge ... auch über dich..."

„Hast du mit jemandem darüber gesprochen?" Innerhalb meines Kopfes begann eine schrille Alarmglocke zu Leuten. Vorsicht! Ich ließ von der Kücheninsel ab und versuchte so unauffällig wie möglich ein wenig Abstand zwischen mich und sie zu bringen. Sie machte keine Anstalten sich von der Tür wegzubewegen. Erst als ich ihr gegenüber am anderen Ende der Vorrichtung stand, antwortete ich, „Noch nicht." Sie nickte nur.

„Du weißt also von meiner Mutter?" 17's Augen ruhten ruhig und golden auf mir. Jetzt war es an mir zu nicken. Ein leichter Hauch gegen meinen Hals signalisierte mir, dass Second in meiner Nähe war und das Misstrauen durchaus spürte. „Ich will nur, dass du weißt, dass ich sie nicht in Schutz nehmen will. Was sie getan hat, ist unverzeihlich." Erst jetzt fielen mir die Ähnlichkeiten zwischen ihr und ihrer Mutter auf. Das gleiche markante Gesicht. Eine schöne, weibliche Figur mit den Rundungen genau da, wo sie hingehörten und volle Lippen, sowie stechende Augen, die ebenso mitfühlend wie tödlich wirken konnten. „Bist du ihr begegnet?" Ein weiteres Mal schüttelte ich den Kopf. Nach einer kurzen Pause fügte ich dann noch ein, „Sie war clever und hat sich nicht mit den anderen dort unten aufgehalten."

„Stimmt, das hört sich ganz nach ihr an. Gut, dann können wir mal davon ausgehen, dass sie entweder bereits aus dem Dorf raus ist, oder noch nicht kapiert hat, dass du von da unten weg bist."

„Oder sie ist lebensmüde.", fügte ich hinzu. Ein freundliches Lächeln trat auf die Lippen, welche sich leicht von ihrer dunklen Haut abhoben. „Ja, oder sie ist lebensmüde. Komm, ich glaub die Irren dort draußen haben bereits das arme Schwein ausgewählt, dass sie hierlassen wollen."

„Sind wir nicht die armen Schweine in diesem Fall?"

„Was? Nein, nein, nein, du musst es so sehen, wir sind nicht mit ihm, sondern er mit uns eingesperrt." Sie zwinkerte mir einmal zu und deutete mir mit einer Kopfbewegung ihr ins Wohnzimmer zu folgen. Auf einmal wirkte sie wieder wie das Mädchen, dass mir dort unten geholfen hatte, schon zum zweiten Mal, nebenbei bemerkt. Kopfschüttelnd folgte ich ihr. Als wir ankamen, war das Gespräch im vollen Gange. Es flogen Argumente und Proteste wie Fetzen durch die Luft und beleidigten oder entkräfteten die Kompetenz eines der Anwesenden. Ich hätte ja zu lachen begonnen, wenn ich dabei nicht mit ziemlicher Sicherheit mein Todesurteil unterschrieben hätte. Somit genoss und schwieg ich, wie es sich für einen guten Jungen ziemte. Nach einer Weile wurde es ruhig. Eyeless Jack legte seine Fingerspitzen aufeinander und hatte sich auf die forderten fünf Zentimeter der Couch gesetzt, wie er das hinbekam, ohne runterzurutschen war mir ein Rätsel, doch ich bewunderte es ... irgendwie. Lina hatte eine Hand auf seinem Rücken liegen, wie wenn sie versuchte ihn zu beruhigen.

„Da das hier nichts zu werden scheint ... was ist mit dir? Wünsche?" Sein Kopf drehte sich zu mir. Diese Bewegung erinnerte mich sehr stark an eine Eule, welchen ihren einmal um 180 Grad herumdrehen konnte. Ich schluckte und schüttelte den Kopf. Dabei blickte ich in irgendeine andere Richtung, denn seine nichtvorhandenen Augen machten mich nervös.

„Er vielleicht nicht, aber ich." Alle blickten neben mich, zu Nummer 17. Mit einem spitzen, rosabemalten Fingernagel deutete sie auf Jeff, welcher sie missbilligend ansah. „Der da!"

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Sorry, dass das so spät kommt, aber in der Schule war die Hölle los ... und gelegentlich vergisst man, dass es neben all den anderen Geschichten auch eine gibt, die man regelmäßig updaten muss ... wie auch immer.

Danke für die Geduld.

ZH

Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt