Samstags wirkte die Stadt wie eine ganz andere Welt. Sie war noch lebloser als sonst. Die Straßen wie leergefegt. Kein Auto. Kein Lärm. Die Stimmen der Kleinkinder, welche jeden Tag zu früh aufwachten, verstummt. Das zartblaue Licht in das, das kleine Dorf gehüllt war ließ alles ein wenig traurig und melancholisch wirken. Etwas Schweres lag in der Luft.
Der Bus fuhr über ein Schlagloch und es hob mich für kurze Zeit in die Luft. Eine unangenehme Art wieder zu sich zu kommen. Samstage waren scheiße, wenn man in die Schule musste. Klar, Tag der offenen Tür hatte man nur einmal im Jahr, trotzdem, war ich mir sicher, dass ich nicht der einzige Schüler mit Mordgedanken war. Nein, da gab es mit Sicherheit noch viele andere. Doch diese vielen anderen interessierten mich nicht. Schweigend betrachtete ich die Landschaft, wie sie an mir vorbeiraste. Was gab uns eigentlich das Recht so eine Stille zu stören? Alles wirkte so friedlich ohne Menschen. Das Dorf. Der Wald. Die umliegende Gegend. Schweigend betrachtete ich, wir die sonst so klaren Formen, zu einem wirren Gewisch aus Streifen mutierte. Die Welt verschwamm und formte sich wieder neu. Sie verschwamm und wurde wieder klar. Eine gleichbleibende Periode. Die Welt verschwamm, der Bus hielt und eine düstere Person mit einer tief ins Gesicht gezogenen Kapuze, stieg ein. Die Kapuze war weiß. Der Typ trug unter seiner dunklen Jacke anscheinend eine weiße Weste oder sowas.
Schweigend stieg er ein und schweigend setzte er sich hinter mich. Das losfahren des Buses drückte mich in den nur leicht gepolsterten Sitz. Meine Schultasche auf dem Sitz neben mir. Sie schützte mich vor unangenehmen Sitznachbarn. Da der Bus jedoch fast leer war, war dies eine unnötige Schutzmaßnahme. Egal, für mich hatte sie einen Sinn und solange sie diesen Sinn erfüllte, war es mir vollkommen egal wie nötig sie im Moment war.
Ich höre, wie sich der Fremde hinter mir in seinem Sitz zurücklehnte. Das rascheln seiner Kleidung wurde jedoch schon bald vom fahrenden Bus übertönt. Der Fremde hatte seltsam gewirkt. Geradezu verdächtig. Doch mehr Beachtung als das schenkte ich ihm auch schon nicht mehr.
Ich rieb mir den Nacken. Eine Parkbank war, für gewöhnlich, nicht meine erste Wahl zum Schlafen. Trotzdem hatte ich das schon öfter gemacht. Ich blickte wieder aus dem Fenster. Wie grau und dunkel alles wirkte und das blaue Licht verlieh dem Ganzen eine kühle gefährliche Aura.
"Was für ein beschissener Tag...", murmelte ich leise zu mir selbst.
"Glaub mir, es könnte noch viel Schlimmer sein.", die, erschreckend, angenehme Stimme des Fremden, hinter mir, ließ mich leicht zusammenzucken.
"Und schlimmer wäre?", ich ließ den Satz unvollendet und wartete.
"Tot sein, oder vielleicht eine gespaltene Persönlichkeit? Wie wäre es mit Albträumen und Kopfschmerzen? Keine sehr schönen Dinge.", es klang eher, als würde er ein paar wahllose Tatsachen aufzählen. Tatsachen deren Begegnung er bereits hinter sich hatte. Ein Schauer lief mir über den Rücken.
"Tz ... Tot ist die gesamte Stadt auch ohne fremde Hilfe. Schizophren bin ich bereits und Kopfschmerzen, sowie Albträume hatte ich erst heute Morgen. Sonst noch was?", ein leichter missbilligender Ton mischte sich zu meiner ansonsten so monoton, gelangweilten Stimme.
"Oh, ich hätte noch eine Menge mehr, doch diese Gründe würden wohl-. Nun ja...", er brach ab.
Ich wartete ein paar Sekunden vergebens auf die Weiterführung des Satzes. Tja, wie gesagt vergebens. "Was für Gründe könnten das sein?""Zuhause, alleine. Die Stille, welche dich zu erdrücken droht. Du weißt, dass sich da draußen, vor deinem Fenster etwas herumtreibt, doch Was, weist du nicht. Die Schatten an den Wänden, wie lebende Figuren, die nur nach dir lechzen und greifen." Mein Puls wurde schneller und mir war auf einmal unheimlich kalt. "Das schreckliche Gefühl nicht alleine zu sein. Das sonst so beruhigende miauen deiner Katze, verstummt." Meine Augen weiteten sich bei seinem letzten Satz. Woher wusste dieser Typ, dass ich eine Katze hatte? Ich schluckte. Angst kroch langsam mein Bein hoch. Wie paralysiert saß ich in meinem Sitz. Meine Finger in meinen Rucksack gekrallt und mein Atem schneller als normal. Die Stimme des Fremden glitt wie ein scharfes Messer durch dünnes Papier. Und doch hatte sie etwas Lockendes. Etwas Angenehmes.
Ich hörte, wie er sich zu mir nach vorne beugte, wagte es jedoch nicht mich umzudrehen. Sein warmer Atem hauchte leicht gegen mein rechtes Ohr.
"Und dann dieses leichte kratzen an der Tür zu deinem Zimmer. Was auch immer es ist, es ist in deinem Haus!" Bei diesem Satz tickte ich vollkommen aus. Abrupt riss ich die Tasche vom Sitz neben mir und stand auf. Mit schnellen Schritten hetzte ich ganz nach vorne zum Busfahrer und drückte den grauen Stopknopf. Der Bus hielt bei der nächsten Station und ich sieg aus. Zum Glück war es die Richtige. Erst als ich draußen war, wagte ich es noch einmal zu dem seltsamen Fremden im Bus aufzublicken. Dieser sah mich zu meinem Entsetzen direkt an. Etwas Augenähnliches blitzte unter der Kapuze hervor.
Mit einer schlanken, schneeweißen Hand zog er seine ebenso reinweiße Kapuze ein Stück zurück. Nun hatte ich freie Sicht auf die untere Hälfte seines Gesichtes: zwei schmale Linien, eine rechts und eine links, zogen sich mit einer leichten Biegung über seine Wangen. Mein Puls raste wie verrückt. Als der Fremde anschließend auch noch grinste, öffneten sich die feinen Linien leicht. Nun wurde mir klar, dass Das keine Linien, sondern Schnitte waren. Das Grinsen des verrückten Typen im Bus wurde zu einem Lachen. Ich hatte das Gefühl dieses Lachen bis zu mir nach draußen hören zu können. Entsetzen packte mich. Wieder einmal konnte ich mich keinen Millimeter bewegen. Die Luft blieb mir im Halse stecken und als dann auch noch die blitzenden, blauen Augen des Psychose unter der Kapuze hervorlugten, war ich kurz davor den Halt zu verlieren und dem Boden einen unsanften Kuss zu verpassen.
"Hey, Aiden!", die Stimme klang unheimlich weit weg. Immer noch starrte ich den Typen im Bus an.
"Aiiideeen!"
Langsam setzte sich der Bus in Bewegung.
"AIDEN!", jetzt erst erreichte mich die Stimme meiner Freundin. Ich zuckte zusammen und riss den Kopf zu ihr herum. Mein Atem ging schnell und ich merkte, dass ich leicht zitterte. Unwillkürlich dachte ich noch einmal an meinen Albtraum von vorhin. Die beiden Jungen.
"Shit", fluchte ich leise.
"Hey, alles ok?", fragte Roxana vorsichtig. Ihre rechte Hand an meinem linken Oberarm. Ich schwieg und schüttelte leicht den Kopf. Meine Augen hingen dort, wo sich der Bus mit dem Horizont verband und eins wurde. Oder eher an der Ecke, wo dieser nach rechts abbog.
Oh fuck...
"Ja, alles ok.", sagte ich, doch wagte ich es nicht ihr in die Augen zu sehen. Langsam zog das blonde Mädchen mich weg. In Richtung Schule. Ich ließ es zu. Ließ zu, dass sie mich leitete. Ließ zu, dass sie mich berührte.
"Na los. Ansonsten kommen wir zu spät." Die Stelle an der sie mich berührte kribbelte unangenehm. Doch es lag nicht an ihr.
Das Mädchen war Roxana Murphy, meine Freundin, meine Beziehung, aus der Parallelklasse. Sie war mit Elisabetha befreundet, Ed's Freundin, die, ganz nebenbei, die einzige war, die kleiner ist als ich. Selbst meine Freundin überragte mich um mehr als vier verdammte Zentimeter. War nicht leicht. Gelegentlich zog sie mich damit auf, doch nur zum Spaß. Es war fast alles, nur zum Spaß.
Drei Monate waren wir nun schon zusammen. Beschweren konnte ich mich nicht. Sie war perfekt. Blaue Augen, wie die tiefsten Meere. Goldblondes Haar, welches ihr nur leicht gewellt über die zarten Schultern fiel. Eine sehr schlanke, sportliche Figur. Endlos lange Beine. Intelligent. Schön. Heiß. Und wie ich Brillenträger. Ihre Brille war schmäler und zarter als meine und das blau passte perfekt zu ihren Augen. Es gab nichts, was ich an ihr auszusetzen hätte. Nichts bis auf eine einzige Sache, die aber eher andere als mich störte. Die bittere Tatsache, dass sie größer war als ich. Damit hatte ich mich jedoch schon lange abgefunden, und solange sie sich nicht beschwerte, denk ich mal, ist es auch gut so. Selbst wenn ich daran nichts ändern konnte. Der Rest konnte uns mal am Arsch lecken...
Hey.
So, das war mal das erste Kapitel. Wenns jemandem vom reinem Verlauf her zu schnell geht, einfach sagen und ich drossle das Tempo ein wenig.
Lg Zh
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Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)
Hayran KurguIch konnte ihre Blicke in meinem Rücken spüren. Wie sie nach etwas lechzen, und doch nicht wussten, wonach sie greifen sollten. Gründe, mich mobben zu können, gab es genug. Doch es traute sich niemand. Sie hatten alle Angst. Das konnte ich in der Sp...