Eine Sache hatte ich früh begriffen: Wenn ich schlief, konnten Second und ich uns viel weiter von meinem Körper entfernen, als im wachen Zustand.
Ich nutzte dies jedoch nur selten, da ich schon so manch erschreckende und verstörende Dinge beobachtet hatte. Aber verglichen mit dem, was noch kommen sollte, waren all diese Beobachtungen geradezu lachhaft.
Ruhig glitt ich aus meinem Körper. Das erste, was ich tat, war mir fest einzureden, dass ich mich nicht zu weit von meinem Körper entfernen durfte und die Begrenzung einhalten musste. Ansonsten konnte es sein, dass sich das von eben -eigentlich Vormittag- wiederholte, und das wollte ich nun wirklich nicht noch einmal erleben, zumal ich meinen Körper noch brauchte.
Mein Sichtfeld veränderte sich, sobald ich meinem Körper verließ. Es wurde breiter und ich erfasste ... mehr.
Ich wog auch nichts. Manchmal erschreckte es mich, wie leicht ich eigentlich war. Man konnte mein momentanes Gewicht mit dem eines Schattens, oder dem von Luft vergleichen. Das Beste an all dem: ich war wie Luft. Unsichtbar. Unerreichbar und doch so nah. Es gab keine menschlichen Probleme, welche mich jetzt noch hätten belasten können.Ich ließ meinen Blick durch mein aufgeräumtes Zimmer gleiten. Irgendwie unüblich für einen Jungen, nicht wahr. Wenn man sich für gewöhnlich, das Zimmer eines fünfzehnjährigen Jugendlichen vorstellen musste, sah dieses mit Sicherheit mehr als nur unordentlich aus. Oder? Schmutzwäsche, die überall im Zimmer herumliegt. Ein voller Schreibtisch, mit einem PC, leeren oder halb vollen Gläsern. Dazu schmutzige Teller und Pizzakartons. Ein unordentlicher Kleiderkasten. Und um den Zustand der Möbel kümmerte sich im generellem keiner.
Nicht so ich.
Ich hasste es, wenn in meinem Zimmer etwas auf dem Boden lag, das nicht dorthin gehörte –wie die Bücher und die Schmutzwäsche-. Bei mir musste zumindest äußerlich alles sauber und ordentlich sein. Selbst in meinen Schubladen, hatte ich mindestens ein Grundsystem an Ordnung. Ich hasste es, wenn ich eine Schranktür öffnete und mich ein gesamter Kleiderberg mit Freude erschlug. Bei so etwas kommt mir die Kotze hoch. Aber genug davon...
Mit einem seltsamen Gefühl, in meinen nicht vorhandenen Magen, blickte ich auf meinen vor mir schlafenden Körper. Eines musste ich zugeben: friedlich sah ich schon aus, und klein. In diesem Doppelbett, sah ich geradezu lächerlich klein aus. Klammheimlich entschied ich Nora nach einem Einzelbett zu fragen, damit ich wenigstens irgendwo nicht das Gefühl hatte kein Zwerg zu sein. Dann fiel mir etwas auf. Etwas, dass eigentlich nicht sein sollte. Langsam ließ ich mich zu meinem Körper herabgleiten.
Was zur Hölle? Mein Haaransatz war grau. Jetzt kam ich mir alt vor. Wie konnte das sein? So alt war ich ja noch nicht. Denn weiße Haare bekam man doch erst ab ... ähm ... später. Oder hatte ich, dank meines unsichtbaren Freundes, bereits mit fünfzehn ausgendient? Ich hoffte nicht, doch eine unangenehme Vorahnung ließ die Temperatur im Zimmer um drei Grad fallen.
Bitter dachte ich mir, von jetzt an würde ich wohl Mützen und Hüte tragen müssen, um das zu verdecken. Oh verdammt! Ich fluchte ein paar Mal, nicht darauf achtend, wie laut ich dabei eigentlich war. Wen kümmerte es denn ob ich laut oder leise war? Wenn das so weiter geht, dann bin ich binnen der nächsten zwei Monate, wenn nicht früher, weißhaarig. Was für ein Scheiß.
Ich versuchte mich abzuregen, indem ich aus meinem Zimmer glitt und mich langsam Richtung Stadt treiben ließ. Eine ungute Vorahnung beschlich mich, doch wer hatte jemals auf schlechte Gefühle gehört? Ich zumindest nicht, nicht in dieser Form. Abgesehen davon war ich der Meinung, wir Menschen hätten verlernt, auf unser Bauchgefühl zu hören. Simpel ausgedrückt: wir sind nicht mehr fähig unsere natürliche Alarmanlage wahrzunehmen. Warum? Weil die Welt um uns herum zu "sicher" geworden ist. Doch das ist wieder eine ganz andere Diskusion...
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Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)
FanfictionIch konnte ihre Blicke in meinem Rücken spüren. Wie sie nach etwas lechzen, und doch nicht wussten, wonach sie greifen sollten. Gründe, mich mobben zu können, gab es genug. Doch es traute sich niemand. Sie hatten alle Angst. Das konnte ich in der Sp...