8.

310 17 1
                                    

Wir wohnten gemeinsam hier, so hatten wir beide etwas davon. Nora, wohnte nicht mehr bei ihren Eltern und ich, hatte eine Vollzeitbetreuung. Ein Gewinn für uns beide. Doch auch ich mache mir hin und wieder Gedanken über andere - ja, auch ich besitze die Fähigkeit zur Empathie.

Immer wieder mal, kam es vor, dass ich sie fragte, ob ihr dieser Job nicht zu langweilig wäre. Dann fügte ich noch ein, ob sie mich nicht irgendwann satt hatte und wieso sie sich mich eigentlich antat, hinzu. Sie lacht dann immer nur und meint, „Nein. Um ehrlich zu sein, hab ich mich schon so daran gewöhnt. Es macht mir nichts mehr aus. Auserdem, würde mir dann wohl eher irgendetwas fehlen. Abgesehen davon bist du der kleine Bruder, den ich nie hatte. Ich muss einfach auf dich aufpassen. Große-Schwester-Pflichten und so." Dann schenkte sie mir immer ein warmes Lächeln und widmete sich wieder ihren Pflichten. Manchmal glaubte ich ihr das einfach nicht. Es fiel mir schwer zu glauben, dass es jemanden wirklich freute, Babysitter für jemand anderen zu spielen, besonders, wenn ich derjenige war auf den man achten musste. Natürlich, sie wurde sehr gut bezahlt und bekam sogar noch etwas extra für meine Versorgung, aber trotzdem...

„Ich gehe und bereite das Abendessen vor. Du, ruh dich aus und lass den Computer dieses Mal ausgeschalten. Okay?", sie bedachte mich mit einem mahnenden Blick. Das "Okay" war definitiv keine Frage gewesen. Ich nickte nur knapp und ging die Stufen hoch.

Alles hier drinnen war weiß, grau und modern. Edel und aus Glas. Ich ging den  Gang entlang und an meinem Zimmer vorbei zur nächsten Tür. Das hinterste Zimmer. Mein Lieblingszimmer. Gedankenverloren stand ich vor dem der Tür.

Vor meinem inneren Auge stand ich bereits hinter der Tür. Der Raum war groß. Einer der größten Räume im Haus. Meine Eltern hatten es nur ungerne Betrete, da es eine wunderbaren Ausblick auf den Waldrand, einige Meter entfernt von unserem Haus bot, und sie oft das Gefühl gehabt hatten beobachtet zu werden. Die gesamte äußere Wand des Zimmers war aus Glas. Natürlich fühlte ich mich irgendwie beobachtet, selbst wenn es von außen spiegelte, wodurch man gerade einmal die Silhouette der dort stehenden Person ausmachen konnte, wenn sie direkt vor den Fenster stand. Das war mir jedoch egal, denn wenn ich mich auf den Boden setzte und mich nicht bewegte, konnte man mich ebenso gut für ein Möbelstück halten. In diesem Raum befand sich nur zwei Gegenstände, ein schwarzes Klavier mit seinem Sessel. Hin und wieder stellte ich einen Klappsessel hinein, um nicht am Boden sitzen zu müssen.

Ich öffnete die Tür und trat ein, hinter mir schloss ich diese wieder.

Nora kam auch nicht oft herein. Nur ab und zu, wenn ich nicht da war, staubte sie manchmal das Klavier ab. Ansonsten gehörte dieser Raum mir alleine.

Ich stellte mich vor die Glaswand und blickte nach draußen. Meine Augen suchten den Waldrand ab. Fast schon zwanghaft, tat ich das jedes Mal, wenn ich diesen Raum betrat.

Ich suchte.

Dieses unangenehme Kribbeln auf meiner Haut kehrte zurück und ich entschied, dass es erst einmal Zeit zum Duschen war. Immerhin hatte ich am Boden gelegen und irgendeine Brillenklauerin hatte mir den Kopf gestreichelt. Jap, das vergebe ich der nicht so leicht.

Wie schön, dass dieses Zimmer mit meinem verbunden war. Ich wechselte das Zimmer, holte mir meinen Pyjama und frische Unterwäsche, dann machte ich mich auf den Weg ins Badezimmer.

Wenn ich es mir so recht überlegte, war Roxana noch nie hier gewesen. Wenn wir irgendwo hingingen, dann immer zu ihr. Ich hatte auch niemals irgendwelche Freunde eingeladen. Dieses Privileg hatte bis jetzt noch keiner genießen dürfen. Abgesehen davon, war das hier meine abgeschiedene Zuflucht. Von der Stadt bis hier her brauchte man eine halbe Stunde mit dem Auto. Meistens fuhr Nora mich in der Früh zur Bushaltestelle, von welcher der Bus aus am Stadtrand entlangfuhr und dann direkt vor der Schule hielt. Natürlich holte sie mich auch wieder von derselben Bushaltestelle ab.

Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt