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Heute Abend war es soweit. Mein Bruder würde bald da raus sein, und ich musste mir dann keine Sorgen mehr machen. Wie vor einem Vorstellungsgespräch spielte ich in Gedanken mehrere mögliche Szenarien ab, wie die Sache ablaufen konnte. Jedoch nicht von seiner Rettung. Oder den Dingen, die dort unten geschehen könnten. Sondern dem Gespräch, das folgen würde. Dem Gespräch, das schon seit unserer Kindheit fällig war...

Ich biss mir auf die Unterlippe. Erst jetzt bemerkte ich, wie kalt es in meinem Zimmer eigentlich war. Mühsam erhob ich mich und schloss das Fenster. Noch war es hell draußen, doch in ein paar Stunden würde sie Sache ganz anders aussehen. Mein Herzschlag wurde kaum merkbar schneller. Sobald alles erledigt und besorgt war, würden wir aufbrechen. Schwer ließ ich mich zurück auf mein Bett fallen.

Heute durfte nichts schief gehen. Nicht ein Fehler durfte uns unterlaufen, ansonsten war nicht nur mein Bruder, sondern auch der Rest von uns verloren. Sorgenvolle Gedanken mischten sich unter meine Überlegungen. Gedanken bezüglich Jane und Sally. Es wundert mich ohnehin, dass die Proxy sich hierbei nicht zu Wort gemeldet hatte. Immerhin war es Teil ihre – und im übertragenem Sinne auch meiner – Aufgabe den Wald für uns alle Sicher zu halten. Und dazu gehörte nun mal auch die weiblichen Gegenstücke von ihren männlichen fernzuhalten. Es war schon öfter zu ernsthaften Streitigkeiten gekommen aufgrund verschiedenster Dinge. Einer der häufigsten Streitgrübnde war Plagiartismus. Hierbei hatte es zwischen – oh Wunder – Jeff und Nina the Killer schon öfter gekracht. Die Trennung der beiden Häuser hat einen guten Grund: selbst Killer ihre urmenschlichen Triebe – Eyeless Jack und Jeff sind unter anderem die besten Beispiele dafür –, doch wenn man zwei Killer zusammenwirft kam keine Liebeserklärung, sondern ein gesprengter Klassenraum raus...

Die helle Tonfolge einer gerade erhaltenen SMS ließ mich aufblicken. Mit der linken Hand griff ich zum Nachtkästchen und schnappte mir mein Handy. Ein kurzer Blick auf das Display verriet mir, dass Lina die Verfasserin der Nachricht war und im gleichen Moment, als ich ihren Namen las, beruhigte ich mich ein wenig. Bei unserem zweiten Treffen hatte sie es für günstig gehalten mich nach meiner Nummer zu Fragen, um in eventuellen Notfällen, oder bei neuen Erkenntnissen direkt mit mir in Kontakt treten zu können. Es hatte uns schon mehrmals geholfen, außerdem war Lina nett und eine hervorragende Gesprächspartnerin. Schnell entsperrte ich das Handy mit einer geübten Bewegung über den Bildschirm, anschließend las ich die Nachricht.

Hey, wollte nur wissen, ob du noch was aus der stadt braust?

Ein wenig verwundert, begann ich meine Antwort zu tippen: Nop, aber ist es so klug, jetzt noch rauszugehen ... ich mein, nach der sache mit der presse?

Danke für deine sorge, aber ich schaff das schon. Außerdem bin ich nicht allein. :)

Ein paar Sekunden vergingen, dann kam erneut eine SMS von Lina: Was hällst du von der idee jane und sally mitzunehmen?

Ist keine gute ... nicht ohne grund, werden die Häuser getrennt und der gedanke daran, dass sie mit dabei sind, gefällt mir überhaupt nicht.

Wieso sind die häuser eigentlich getrennt?

Für einen kurzen Augenblick überlegte ich. Das hatte eigentlich viele Gründe, doch nur wenige, wussten wirklich wieso.

Größtenteils, weil die zwei sich nicht vertragen. Doch das hat verschiedene gründe. Zu viele um sie aufzuzählen.

Wie du meinst...

Lina, eine sache noch

Ja?

Halt dich von denen fern. Es gibt eigentlich keinen einzigen guten grund auch nur einem von uns zu vertrauen, doch eine sache ich völlig klar, als ich hier angefangen habe, hat mich die proxy anfangs andauernd ermahnt, „egal, wie wenig du uns traust, trau ihnen noch eine stufe weniger"... Und das soll schon was heißen...

Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt