Ich kam mir gerade auf dem allerhöchsten Niveau verarscht vor. Heimlich steckte ich den Zettel ein. Nora würde ihn nicht zu Gesicht bekommen.
Es dauerte eine grobe halbe Stunde, bis Nora begriff, dass hieran auch die Polizei nichts ändern konnte. Sie wählte den Notruf trotzdem. Während sie mit dem Telefonat beschäftigt war, begann ich das Wohnzimmer zu putzen. Ich würde nicht schlafen können, wenn dieses Zimmer nicht sauber war und mein Kindermädchen brauchte anscheinend noch etwas Zeit, um der Polizei zu beweisen, dass ihre Story keine erfundene Geschichte, oder gar eine Halluzination gewesen war.
Als ich fertig war, ging bereits die Sonne auf. Nora telefonierte immer noch. Ich gähnte und stieg langsam die Stufen hinauf, nachdem ich die Putzmaterialien wieder angemessen verstaut hatte. Auf einmal fühlte ich mich unheimlich alt. Die Anziehungskraft der Erde schien so stark geworden zu sein, dass meine Beine fast unter meinem Gewicht wegknickten. Mit dem Handrücken rieb ich mir die Augen. Meine Hüfte schmerzte, zumindest die rechte Seite.
Müdigkeit umhüllte mich wie ein weicher, wohliger Schleier. Schlafen würde ich dennoch nicht können. Nüchtern betrat ich mein Zimmer und setzte mich an meinen Schreibtisch. Zettel und Stift lagen bereits fein säuberlich geordnet darauf. Ohne viel darüber nachzudenken, nahm ich einen der spitzen Bleistifte und begann zu zeichnen. Anfangs, hatte ich kein klares Bild vor Augen, doch je länger ich an der Zeichnung saß, desto genauer wurde sie. Am Ende hatte ich ein Bild des braunhaarigen Jungen vor mir liegen, welcher anscheinend von irgendjemandem „abgeholt" wurde.
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen, holte ich den kleinen Zettel mit der Nachricht heraus. Toby also, dachte ich mir und kritzelte den Namen mit einem Fragezeichen an den unteren Rand des Bildes. Anschließend holte ich eine silberne Heftklammer und befestigte das Schriftstück an dem Bild.
Weil ich gerade so gut drauf war, entschloss ich gleich ein weiteres Bild zu zeichnen. Dieses Mal jedoch handelte es sich etwas, vor dem ich schon als Kind angst gehabt hatte: die schwarzen Geister. Das war schon ein wenig komplexer, da ich für gewöhnlich nur lebende Menschen zeichnete, aber irgendwie schaffte ich es doch. Am Ende starrte ich auf eine abartig hässliche Figur, welche von der Silhouette her zwar ein Mensch war, doch wer auch immer es einmal gewesen sein mochte, erkennen würde man ihn nicht mehr. Die Kleidung des Mannes bestand an mehreren Stellen nur mehr aus fetzen. Haut und Fleisch umhüllten nur stellenweise die bereits dunklen, zerfressenen Knochen. Dem Mann fehlte ein Auge. Das andere wirkte verschrumpelt und schien, als würde es bei der geringsten Bewegung aus der Augenhöhle fallen. Es war ein hässlicher und wiederwertiger Anblick. Second hielt diese Dinger glücklicherweise von mir fern.
Als ich noch jünger war, hatte mir Dr. Spin empfohlen zu malen, weil man damit eine Menge Dinge einfacher verarbeiten konnte. So hat es angefangen. Das tue ich heute noch. Sollte mich irgendetwas beschäftigen, dann malte ich es ab, beziehungsweise auf. Gefühle und dergleichen, konnte ich nicht malen, dazu fehlte mir die nötige Kreativität. Aber Menschen, Gegenstände und die Natur, waren kein Problem. Öfters wurde ich bereits für mein „Talent" gelobt, aber um ehrlich zu sein sah ich das nicht wirklich als Talent. Es war eher eine Beschäftigung um meiner Langeweile entgegenzuwirken und meiner Fantasie etwas Haptisches zu verleihen. Mal abgesehen davon, malte ich nicht gerade oft. Es musste schon etwas sehr seltsames passieren, dass ich mich wirklich ernsthaft vor Stift und Zettel setzte.
Der letzte Strich war getan. Stillschweigend lehnte ich mich zurück und betrachtete das soeben gezeichnete Bild. Unwillkürlich musste ich an das denken, was dieser Toby zuletzt zu mir gesagt hatte, „Du w-weißt doch, dass ich das n-ni-nicht leiden kann Ja-ja-jackson. Fuck."
Jackson... Diesen Namen hatte ich seit Jahren nicht mehr gehört. Nora kannte ihn gar nicht. Zumindest, nicht soweit ich wusste...
Second schmiegte sich an mich.
DU LIEST GERADE
Hidden - Insidious Friend (Creepypasta FF)
FanfictionIch konnte ihre Blicke in meinem Rücken spüren. Wie sie nach etwas lechzen, und doch nicht wussten, wonach sie greifen sollten. Gründe, mich mobben zu können, gab es genug. Doch es traute sich niemand. Sie hatten alle Angst. Das konnte ich in der Sp...