Schneeballschlacht am Morgen

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JACK

Klingeling! Klingeling!
Mühsam öffne ich die Augen und blicke gegen eine weiße Decke. Nunja, vermutlich war sie einmal weiß, doch nun ist sie von einer dicken Eisschicht überzogen und schimmert deshalb bläulich.
Klingeling!
Das nervige Bimmeln hat noch nicht aufgehört.
"Ist ja gut, ich bin ja wach!", sage ich zu dem eifrigen Wichtel neben meinem Bett, der meint, mich mit der Glocke an seiner Zipfelmütze wecken zu müssen.

Natürlich gibt es am Nordpol keine normalen Wecker (das wäre ja zu einfach) sondern Wichtel, die schrecklich nervtötend herumbimmeln. Die Wichtel, die mich wecken sollen sind sonst jedoch nicht so übereifrig.
Nein, sonst streiten sie sich immer wer mich wecken muss, denn mich zu Wecken hat einen Harken. Den, der mich weckt, ereilt ein jähes Schicksal, das nun auch diesem hier blüht.
Mit einer kurzen Handbewegung friere ich ihn in einen Eisklumpen ein.

Keine Sorge.
Er wird es überleben.

Müde schwinge ich meine Beine über die Bettkante und stehe auf. Obwohl Hüter im Prinzip unsterblich sind, müssen auch sie schlafen.
Tja... und genau das wird mir jetzt zum Verhängnis. Ich hätte gestern wohl doch nicht so lange umher fliegen sollen, aber hinterher ist man ja immer schlauer (Aber der Schneesturm war es eindeutig wert gewesen. So einen schönen Blizzard hat Amerika lange nicht mehr gesehen).
Immernoch müde drehe ich mich zu meinem Schrank um. Die Augen noch (oder auch wieder) halb geschlossen
taste ich nach dem Knauf. Wo ist das blöde Ding denn? Genervt öffne ich die Augen dann doch ganz und starre erst einmal etwas perplex auf das Holz. Nun ja. Holz ist vielleicht nicht die richtige Beschreibung, wohl eher: das von einer ca 8 cm dicken Eisschicht überzogene Holz. Das Eis ist so dick, dass beide Türkäufe komplett darin verschwunden sind.

Langsam sehe ich mich im Zimmer um. Nicht nur der Schrank ist schockgefrostet, das ganze Zimmer ist in der festen Umklammerung des Eises gefangen. Einzig das Bett ist frei geblieben.
Hoppla! Da muss ich wohl einen Albtraum gehabt haben. North wird das sicher nicht gefallen. Wohl auch nicht das, was ich als nächstes tun werde, denn mit einer kurzen Bewegung meines Stabes bringe ich das Eis um meinen Schrank zum bersten und scharfe Splitter bohren sich in die eisbedeckten Wände und verteilen sich über den Boden. Nur mich lasen sie unversehrt, aber schließlich bin ich es ja auch, der ihnen befiehlt, was sie tun sollen.
Der eingefrorene Wichtel hingegen hatte leider nicht so viel Glück. Er ist jetzt nicht nur eingefroren, sondern sieht auch noch wie ein Igel aus.
Ein definitiv geschockter Igel.

Das Lachen über diesen Anblich kann ich mir beim besten Willen nicht verkneifen. Nicht dass er verletzt wäre, aber trotzdem.
Armer Kerl, Berufsrisiko.

Immernoch kichernd nehme ich einen Pulli und eine Hose aus dem Schrank. Die Auswahl ist nicht besonders groß. Eigentlich besitze ich nur blaue Pullies und braune Hosen. Es sind die Farben des Winters: blaues Eis und das Braun der Erde und der Baumstämme. Ansonsten leben nur noch zwei braune Mäntel und ein paar vereinzelte Shirts in meinem Schrank.
Keine Schuhe.
Ich mag es rauen Boden oder den weichen Schnee unter meinen Füßen zu spüren und zum Wärmen brauche ich keine Schuhe. Die Kälte ist schließlich mein Element und ich empfinde sie deshalb als angenehm.

Fertig angezogen wende ich mich zur Tür, doch auch hier ist keine Klinke in Sicht. Nach einer weiteren kleinen Explosion verlasse ich das Zimmer.

Draußen im Gang bleibe ich kurz stehen. Eigentlich wollte ich zum Frühstücksraum gehen, aber kurzentschlossen schlage ich die andere Richtung ein. Ein kleiner Umweg über die Spielzeugwerkstatt kann nicht schaden...

Die Werkstatt ist riesig. Sowie man durch die Tür tritt, empfängt einen der Geruch nach Farbe, Holzleim und dem Holz selbst, aber es liegt noch ein anderer Geruch in der Luft: Magie.

Jelsa - Wie Eis und Schnee Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt