Schneeflockentanz

1K 70 4
                                    

JACK

Ich öffne die Augen und das Erste, was mich heute Morgen begrüßt, ist ein stechender Kopfschmerz. Na toll. Aber wenigstens geht es mir heute besser, als noch gestern Abend. Heute bin ich, von den Kopfschmerzen abgesehen, wieder voll in Ordnung. Deshalb stehe ich auch motiviert auf. Immerhin werde ich den Tag mit Elsa verbringen. Moment. Seit wann denke ich denn so? Ich mag sie ja nicht einm... ok, das ist gelogen. Ich mag sie schon....irgendwie. Und deshalb freue ich mich auch darauf, ihre Familie kennen zu lernen. Na gut, kennen lernen ist vielleicht übertrieben, aber zu mindest werde ich sie sehen. Helfen kann ich ihr allerdings erst, wenn ich auch etwas gegessen habe...

Ich verlasse mein Haus und bitte den Wind mich zum Dorf zu fliegen. Unter mir läuft ein Mann mir einem Schlitten, wie ihn Eisliferanten haben, in den Wald. Schnell fliege ich zu ihm und lasse hinter einer Kurve einen Berg fein säuberlich gestapelte Eis Platten erscheinen und nach ein bisschen verhandeln kann ich mein Eis gegen eine paar Goldmünzen tauschen. Geht doch.
Mit den Münzen in der Tasche fliege zum Marktplatz, auf dem schon reges Treiben herrscht, und mische mich unter's Volk. Wenn man den Markt mit drei Worten beschreiben wollen würde, dann wären es: laut, voll und bunt. In dem Gedränge hat man keine Chance alle Stände zu sehen, aber die lauten Marktscheier übertönen selbst die Geräusche der Menge und weisen einem die Richtung in die man muss. Und sieht man doch mal einen Stand aufblizen, dann erblickt man die exotischen Sachen, die ich einem so kleine Markt nie zugetraut hätte.
Gewürze von Zimt, Oregano und Majoran bis Curry, Ingwer und Kardamon; Süße Kuchen Torten Bonbons und kandierte Früchte. Seifen in allen Düften und Formen; Parfüms mit Lavendel, Salbei, Rosenwasser und Hibiskusessence; Lebensmittel von Salami mit grünem Pfeffer bis Kümmelbrot und noch vieles, vieles mehr. Es stellt sich heraus, dass das Geld des Eismannes mehr wert ist, als ich vermutet habe und so behalte ich noch einiges über, als ich mit meinen Einkäufen zurück zu meinem Haus fliege.
Die Arme voller Lebensmittel lande ich vor der Haustür. Erstmal Frühstücken.

Sie müssen gleich kommen. Es ist 14.55 Uhr und ich sitze hinter einem Busch versteckt, während ich auf den Weg starre. Im Winter bieten blätterlose Büsche verdammt wenig Schutz und deshalb habe ich vorsichtshalber die Zweige mit ein wenig mehr Frost und Schnee bedeckt, man soll mich ja schließlich nicht sehen können. Mein Versteck ist zwar ein wenig unbequem, aber zum beobachten optimal. Mein Busch steht rechts von Haus und somit gegenüber vom See. Keiner wird mich sehen können, aber ich alle ,hehe.
Da kommen sie. Ein Mann mit blonden Haaren und Felljacke ,wahrscheinlich dieser Kristoff, hat eine junge Frau mit braunen Haaren und weißer Haarsträhne untergeharkt, Anna. Hinter ihnen geht ein...Rentier?! Das ist aber ein... spezielles... Haustier. Es trägt eine Tasche und neben ihm läuft Elsa. Sie blickt in meine Richtung, scheint mich aber nicht zu sehen. Meine Tarnung ist eben perfekt. Sie kommen jetzt am Wasser bzw. Eis an und ich beschließe Elsa ein Zeichen zu geben. Deshalb fixiere ich ihre Rechte Hand und mit ein bißchen Konzentration lasse ich dort eine Rose entstehen. Eine Rose aus Eis. Erschrocken dreht sie sich um und während sie ihre Hand betrachtet, breitet sich ein lächeln auf ihren Lippen aus. Eine angenehme Wärme kribbelt in meinem Bauch und selbst über die Entfernung kann ich spüren wie glücklich sie ist. Lass dich jetzt bloß nicht ablenken, Jack!
Statt auf das Kribbeln konzentriere ich mich jetzt auf Anna, die die Rose in Elsas Hand staunend betrachtet und etwas zu ihr sagt. Komischerweise kann ich Annas Gefühle nich so stark spüren und leider steht der Wind so ungünstig, dass ich keins von Annas Worten verstehe. Das lässt sich doch ändern. "Wind", flüstere ich leise,"Lass mich doch bitte hören, was sie sagen." Und schon dreht er, damit ich das Gespräch verstehe.
"Die ist wunderschön, Elsa.", sagt Anna bewundernd.
"Ja, das finde ich auch.", antwortet sie mit einem geheimnisvollen Lächeln und das warme Gefühl in ihr, dass mit der Rose gekommen ist, verstärkt sich. Das wiederum führt dazu, dass sich auch das Kribbeln bei mir verstärkt. Was macht sie nur mit mir? Am liebsten würde ich ihr jetzt einen ganzen Strauß von Eisrosen schenken, nur um die Wärme noch einmal spüren zu können.
"Elsa, würdest du bitte?", fragt Anna herallerliebst und deutet auf den See.
"Klar." Und ihr Blick wandert suchend über die Lichtung.
Das ist dann wohl mein Einsatz. Jetzt streckt Elsa die Hände aus und fixiert den See. Ich hingegen unklammere meinen Stab fester und konzentriere mich auf den See. Seine Kälte. Das Eis. Seine einzelnen Dipolmoleküle und bewege sie schneller, damit das Eis taut. Dieses mal bin ich besonders vorsichtig, ich will es nicht vermasseln. Damit auf keinen Fall etwas schief geht mache ich alles besonders konzentriert und langsamer. Es taut und wird flüssig, aber ich lasse die Atome sich noch  schneller bewegen. Es beginnt zu dampfen. Jetzt sollte das Wasser so ca. 25°C haben, warm genug. Ich lasse meine Konzentration sinken und betrachte anstatt des Sees jetzt wieder Elsa. Sie sieht zufrieden aus und freut sich darüber, dass Anna glücklich ist. Ihre Schwester zieht ihr Kleid aus um in Schwimmsachen zu schwimmen. Kristoff tut es ihr gleich und sie gehen ins Wasser.
Ich hingegen hane ein kleines Problem, denn die Kopfschmerzen sind zurück, stärker als je zuvor. Das wiederum führt dazu, dass meine Aufnahmefähigkeit bedenklich nachlässt. Außerdem ist mir leicht übel und etwas Schwindelig. Erst nach ein paar Minuten bemerke ich, dass Elsa mit zusammengezogenen Augenbrauen zu meinem Busch herüber schaut. Ich lasse eine  kristallene Blüte am höchsten Zweig erscheinen, mein persönliches Zeichen für sie. Sie lächelt zurück und obwohl es mir schlecht geht, breitet sich auch auf meinem Gesicht ein Lächeln aus und für einen kurzen Moment vergesse ich alles andere.
"Elsa! Komm auch ins Wasser!", ruft Anna und holt mich so in die Realität zurück. Angst breitet sich in Elsa aus, aber sie lächelt taper und zieht sich auch aus. Bei ihrem Anblick stockt mir der Atem und hätte sie nicht solch Angst, würde ich mich in ihrem Anblick verlieren. Unsicher macht sie ein paar Schritte nach vorne und sieht noch einmal kurz über die Schulter in meine Richtung. Mein Entschluss steht fest. Ich muss ihr deine Angst nehmen.
Fest entschlossen lasse ich in den Ästen lange Eiszapfen entstehen und ignoriere dabei das Pochen hinter meiner Stirn.
"Wind,", bitte ich ihn flüsternd, "Spiel uns ein wenig Musik."
Eine sanfte Brise fährt durch die Bäume und eine leise Melodie schwebt auf die Lichtung nieder. "Danke. Würdest du noch etwas für mich tun?" Kalter Wind fährt mir als antwort durch die Haare und kühlt mein Gesicht angenehm. Offensichtlih habe ich Fieber. "Trage meine Wörter zu Elsa, aber nur zu Elsa: 'Ich bin bei dir. Keine Angst.' " Er trägt meine Wort mit sich fort und Elsas Angst verschwindet. Wie sie zu den Anderen geht, bekomme ich jedoch nicht mehr richtig mit.

Ich glaube, es läuft alles gut, allein die Tatsache, dass Elsa ständig unbewusst den See zurück einzufrieren versucht, laugt mich ein wenig aus. Ok, die Wahrheit ist, es macht mich total fertig und ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Als ich aber versuche die schwarzen Flecken vor meine. Augen wegzublinzeln versuche und nebenbei bemerke, dass Anna, Kristoff und das Rentier gehen und ich sehe und spüre wie Glücklich Elsa ist, hat sich für mich alles gelohnt.
In dem Moment, in dem die Drei um die Ecke biegen, stehe ich auf. Oder ich versuche es zumindest. Nach dem dritten Anlauf schaffe ich es und mache schwankend ein paar Schritte. Die Zähne fest zusammen gebissen gehe ich auf sie zu. Als sie mich sieht, läuft sie auf mich zu und fällt mir um den Hals. Sie überrascht mich und ich kämpfe kramphaft um mein Gleichgewicht. Hochkonzentriert versuche ich meine Beine dazu zu bewegen nicht einzukicken bis ich nach meheren ein Sekunden sicher bin,  stehen zu bleiben. Erst jetzt kann ih ihr meine Hände an die Tallie legen und Ihren Duft nach Wintersonne einatmen.
"Danke, Jack. Danke für alles! Ich weiß gar nicht, wie ich dir das danken kann.", sagt sie nahe an meinem Ohr. Obwohl die Lautstärke eigentlich normal ist, kann ich es im Moment kaum ertragen und zucke leicht zusammen. Sie scheint es zum Glück nicht bemerkt zu haben, doch dafür jemand anderes.
Der Wind frischt auf und spielt ein langsames Lied an.
"Schenk mir diesen Tanz.", meine ich aus einer plötzlichen Eingebung heraus und sammele alle meine Energie zusammen.
Kurz wallt Überraschung in ihr auf, die sich jedoch in Vorfreude verwandelt.
Und wir tanzen.

Wir drehen uns im Kreis und unzählige Schmetterlinge in meinem Bauch fliegen mit den fallenden Schneeflocken umher. Sie vertreiben meine Erschöpfung und ich kann mich auf die Tanzschritte und Elsa konzentrieren. Wann es angefangen hat zu schneien, oder wie lange wir schon tanzen, kann ich nicht sagen, aber solange wir es tun fühle ich mich lebendig. Mehr als das. Es fühlt sich an wie Fliegen. Sorgenfrei und glücklich.
Wir drehen uns und lachen und als das Lied zu Ende ist, umarmt sie mich nochmal. Aus einem Impuls heraus und von trügerische Euphorie gelenkt, lasse ich eine Eisrose entstehen. Ich stecke all meine Kraft hinein, sie soll schließlich perfekt werden.
Sanft schiebe ich Elsa von mir, um etwas Abstand zwischen uns zu bringen und öffne ihre recht Hand vorsichtig. Die Rose plaziere in ihrer Handfläche und drücke dir zarten Finger zurück. Sie keucht überrascht auf, als sie den Kristall erblickt und schau fasziniert auf. Ich glaube ich hane noch nie etwas schöneres gesehen, als sie in diesem Moment.

Doch als ich ihr Hände loslasse, fällt die Welt in Scherben. Messer bohren sich in meinen Kopf und Nadeln stechen in jeden meiner Muskeln. Mein Magen verkrampft sich schmerzhaft und mir ist so schwindelig, dass ich nicht mehr weiß wo oben und unten ist. Taumelnd mache ich ein paar unkontrollierte Schritte nach hinten und Schwärze kratzt an meinem Gesichtsfeld. Mein Stab fällt mir aus der Hand und schlägt dumpf auf dem Boden auf. Ehe ich auch nur einen weiteren Schritt machen kann wird alles schwarz um mich herum und ich spüre wie ich in mir zusammen sacke.

Jelsa - Wie Eis und Schnee Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt