Sich kreuzende Wege

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Mühsam bahnen wir uns einen Weg durch das Gedränge. Ich halte Elsas Hand fest umschlossen, um sie zwischen Fisch und Äpfeln nicht zu verlieren, denn das ist gar nicht so abwegig. Die laut brüllenden Marktschreier sind absolut skrupellos, wenn es darum geht ihr Ware zu verscherbeln und ihre Kunden sind da nicht viel besser. Rücksichtslos wird an allen Ecken  gestoßen, gezerrt und geschoben. Und nicht nur das, Elsa hätte ich niemals alleine herkommen lassen. Mehrmals haben die Händler ihr zweideutige Blicke zugeworfen und anzügliche Kommentare vom Stapel gelassen.
Das war dann der Moment, in dem ich sie schützend näher an mich gezogen habe und sich bei besagten Idioten 'ausversehen' ein wenig Eis an Stellen gebildet hat, an denen die Sonne nicht scheint. Ich gehe davon aus, dass sie nie wieder auf solche Ideen kommen.

Frauen spielen in diesen Zeiten eine vollkommen andere Rolle. Ein Umstand den ich nicht nur vergessen, sondern auch unterschätzt habe. Es ist schon lange her, dass es so war, wie hier. Ich meine, ich war viele Jahrhunderte live dabei und habe gesehen, wie es zu geht- hinter den Kulissen und davor. Keine dunkle Ecke bliebe in diesen Zeiten vor mir verborgen, vielleicht besonders, weil mich ja auch niemand sehen konnte. Es waren traurige Zeiten und ich bin froh sie losgeworden zu sein und doch löst diesem Markt, ja das ganze Königreich, Erinnerungen in mir aus. Gute wie schlechte.
Mit Elsa hier zu sein gehört klar zu den Guten. Nie würde ich mich beschweren ihre Hand zu halten. Die schlechten hingegen werden uns gleich weiter helfen.
Zielstrebig halte ich auf den Rand des Platzes hinter dem riesigen Gemüsestand zu und weiche gerade so einer alten Dame aus, die sich mit einem Korb bepackt, gefährlich Schwankend, durch die Massen kämpft. Es ist kaum mit anzusehen, wie sie sich abmüht. Seufzend wende ich mich zu Elsa. Manchmal hasse ich mein Gewissen.
"Ich lasse jetzt deine Hand los, aber du bleibt trotzdem direkt neben mir, Okay?" Die Frage ist deutlich in ihren zu sehen, jedoch zweifelt sie mich nicht an und löst ihre Hand von meiner.
Ich gehe zu der Frau mit dem schweren Korb zurück und biete ihr meine Hilfe an. Dankend gibt sie mir ihr Last und nennt mir ihr Ziel. Sofort werde ich für meine Hilfsbereitschaft belohnt, denn auch sie möchte zu besagtem Gemüsestand und rettet uns dadurch vor einem theoretisch unnötigen Umweg. Ich schultere ihr Gepäck und setzte mich in Bewegung. Ein kurzer Blick nach hinten zeigt mir, dass Elsa noch hinter mir ist. Mir der freien Hand greife ich nach ihrer und halte sie fest umschlossen und sie drückt meine kurz.
"Sagt mir", beginnt die Großmutter deren Einkäufe ich beförere. "Wie kommt es, dass ihr mir helft, wo ihr doch mit einer so schönen Begleitung unterwegs seid?"
"Tja." Ich lächele besagter schönen Begleitung zu. "Ich konnte sie den schweren Korb doch nicht alleine tragen lassen. Außerdem suchen wir nach jemandem."
"Kann ich euch vielleicht dabei helfen?"
"Möglicherweise."
"Wir suchen nach..."
"Ihr seid doch die Königin!", unterbricht die alte Dame Elsa.
"Schschscht.", versuche ich sie zu bremsen. "Wir dürfen nicht auffallen. Sie können uns am meisten helfen, wenn sie uns tarnen. Verhalten sie sich ganz normal."
"Aber..."
"Bitte.", mischt sich nun auch Elsa ein.
Sofort lenkt die Frau ein und geht vollkommen normal weiter.
Puh. Die erste Katastrophe vermiden
Ich atme tief aus. In der Aufregung muss ich kurzfristig alle Lungenfunktionen eingestellt haben.
Den restlichen Weg zum Stand bleibt die Frau seltsam still und wirft uns von Zeit zu Zeit mistrauische Blicke zu.
"Danke. Das genügt." Es sind die ersten Worte, die die Dame mit uns wechselt, nachdem sie Elsa erkannt hat. Mit einem kurzen Nicken nehme ich den Korb von der Schulter und setzte ihn vor ihr ab.
"Und sie sind sicher, dass sie jetzt allein klarkommen?"
"Ja. Vielen Dank."
Fast hätte ich es ihr sogar abgenommen, jedoch sprechen ihre Finger,  die den Korb krampfhaft umklammern, eine andere Sprache.
Sie will uns loswerden.
Offensichtlich hat die Großmutter Angst. Nur wovor? Vor Elsa? Mir war klar, dass sie nicht sonderlich beliebt beim Volk sein kann - so selten, wie sie das Schloss verlässt - aber solche Reaktionen hätte selbst ich nicht erwartet. Plötzlich kommt mir in den Sinn, was Elsa über ihre Vergangenheit erzählt hat. Keiner der Bürger wusste etwas über ihre Magie, nicht einmal ihre eigene Schwester. Sie habe das erste mal davon erfahren, als sie für ein Monster, eine Hexe gehalten wurde. Elsa war außer Kontrolle und unberechenbar, ja, sie die Stadt eingefroren! Natürlich sind sie misstrauisch und fürchten sich. Sie können ja nicht wissen, wie gut sie es jetzt beherrschen kann.
Geistig füge ich ein weiteres Problem meiner Imaginären Liste hinzu.
So langsam könnten wir mit dem Lösen beginnen...
Entschlossen schnappe ich mir Elsas Hand und ziehe sie fort von der verängstigte Frau. Das werde ich ein anderes mal mit ihr besprechen.

Hinter dem Gemüsestand ziehe ich meine Eisblume auf den Boden.
"Was machen wir hier?", fragt sie verwirrt.
"Na, wir suchen jemanden."
"Das weiß ich auch, aber warum hier?"
"Warte kurz, gleich haben wir ihn."
An ihrer steifen Haltung merke ich, dass sie mich offensichtlich für verrückt hält. Sagen tut sie jedoch nichts.
Angestrengt blicke ich durch die Holzverstrebungen, die den Stand aufrecht erhalten. Hunderte Füße strömen an der Marktbude vorbei. Manche bleiben stehen, andere laufen ungerührt weiter. Ich meine sogar unser Dame von vorhin mit ihrem Korb ausmachen zu können.
Zunächst jedoch tut sich nichts weiter, als die nie enden wollenden entlanglaufenden Füße.
Da!
Ein Schatten bewegt sich zwischen den Streben.
"Siehst du das?", flüstere ich Elsa zu und deute in die Richtung in der ihnen unser Ziel vermute.
"Was?"
"Komm mit." Und schon ziehe ich auch sie zwischen die Balken und wir verschwinden in der Dunkelheit.

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Mal wieder ein Lebenszeichen von mir ;)
Ich habe endlich die Zeit für ein weiteres Kapitel gefunden.

Was glaubt ihr, was Jack vor hat und was sich unter dem  Marktstand versteckt?

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