Feuer und Eis

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Leise Stimmen dringen in mein Bewusstsein. Sie sind verzerrt und unverständlich. Ich will mich nicht auf sie konzentrieren. Ich will in die Schwärze zurück. Das Nichts war so viel leichter als das hier. Hier bedeutet in meinem Körper und in meinem Körper bedeutet Schmerz. Alles konrollierender Schmerz.
Mein ganzer Körper ist verbrannt und es fühlt sich an als würde die Haut sich davon abschälen. Tausende Nadelstiche in meinem Kopf und alle Knochen gebrochen, wie von einem harten Aufprall. Ein Stöhnen entweicht meinen Lippen, als die Welt langsam klarer und lauter wird. Die Lautstärke ist unerträglich, obwohl es nur ein so kleiner Laut ist. Gerade als ich dachte, dass der Schmerz nicht noch schlimmer werden kann, verdoppelte er sich von den Schultern ausgehend und sammelte sich an den Beinen. In meinem Delirium glaube ich über den Boden geschliffen und fallen gelassen worden zu sein. Das war der Moment, an dem ich wieder in eine willkommene Ohnmacht fiel und mich in die Schwärze fallen ließ.

Das nächste mal erwache ich von einem pelzigen Gefühl auf meinem Gesicht. Sofort bin ich hellwach und schmeiße die Ratte weg. Iiihh!Wiederlich! Aber wo kommt die her? Das ist eine gute Frage. Oder eine noch viel bessere wäre Wo bin ich hier? , denn der Nordpol ist es schonmal nicht. Ehrlichgesagt sieht es ziemlich so aus, als wäre ich in einem Kerker gelandet. Ein Kerker aus dem Mittelalter. Stroh auf Feldsteinboden, rostige Gitterstäbe, Ratten und Gestank...nach Fäkalien. Das ist meine Vorstellung von einen Mittelalterlichen Verließ. Nur, warum bin ich hier? Und wie bin ich hier her gekommen? Alles, woran ich mich erinnere ist... Das blaue Amulett! Der Schmerz! Das Feuer! Plötzlich ist alles wieder da, nur die Schmerzen sind weg, außer ein paar blauer Flecken, die wahrscheinlich davon kommen, dass man mich hier reingeworfen hat. Weder meine Klamotten, noch meine Haut ist versengt. Alles sieht vollkommen normal aus selbst der blaue Stein ist noch da und noch genau wie zu dem Zeitpunkt, als ich ihn in der Bibliothek gefunden habe. Würde ich nicht in diesem Kerker sitzen, würde ich an meinem Verstand zweifeln und davon ausgehen, ich hätte mir alles nur eingebildet. Feuer wirkt auf mich eigentlich noch stärker, als auf Menschen, denn ich bin Eis und Eis ist das komplette Gegenteil von Feuer. Normalerweise hätte ein Feuer, das sich so anfühlt, mich vernichten oder zumindest an die Schwelle zum Tod bringen müssen. Es müsste noch zu sehen sein, Brandwunden oder Blasen, denn Verletzungen durch Flammen sind sehr schmerzhaft und äußerst langwierig. Stattdessen ist meine Haut hell und makellos wie immer. Seltsam.
Aber zurück zur Frage: Wie bin ich hier her gekommen?
Das Mondlicht hat in dem blauen Stein etwas ausgelöst, das mich geschluckt hat, aber erst nachdem dem ich aus dem Buch vorgelesen habe. Mist, ich habe nicht mal den Titel lesen können. Am Ende war das irgendeine miese Zauberformel, mit der ich mich selber in die Vergangenheit oder so katapultiert habe. Seitdem ich ein Hüter bin, traue ich dem Mond alles zu und halte auch so ziemlich alles für möglich. Wobei, wie eine Formel klang der Text nicht gerade.  Eher wir aus einem Märchen. Ich bin doch nicht...
Ein erschreckender Gedanke macht sich in mir breit. Was ist, wenn ich in das Buch gezogen wurde? Wenn ich darin festsitze und nicht mehr hinaus kann? Panisch blicke ich mich nach meinem Stab um, bereit mir einen Weg hier raus zu frieren. Netterweise hat ihn jemand in meine Zelle gelegt, nur außerhalb meiner Reichweite, denn ich bin an eisernen Handschellen an der Wand festgekettet. Als ob ich hier ohne die Ketten raus kommen würde. Die Gitterstäbe sind so dick wie ein Arm und nur Ratten könnten durch die Öffnungen passen. Wobei,  Jack Frost käme vielleicht hieraus. Wenn ich das Metall mit Eis sprengen würde...
Dann kommt mir ein neuer Gedanke, der vielleicht noch viel erschreckender ist. Moment, wenn ich hier eingesperrt wurde, heißt das, dass man mich sehen kann. Das heißt, dass ich nicht unsichtbar bin. Und die Tatsache, dass mein Stab noch bei mir ist, bedeutet, dass sie mich nicht kennen. Es bedeutet, dass ich hier kein Hüter bin.
Panisch versuche ich erneut meinen Stab zu erreichen, um meine Fähigkeiten testen zu können, aber ich komme einfach nicht ran. Ganz ruhig Jack. Einfach einen klaren Kopf bewahren und die Tatsachen zusammenführen. Ich sitze hier ohne Schuhe in meinen normalen Klamotten auf einem Kellerboden, wahrscheinlich im Mittelalter. Mein Atem bildet Wolken in der Luft, es muss wohl Winter sein. Mir ist nicht kalt. stelle ich erleichtert fest. Ich bin also immernoch der berüchtigte Jack Frost. Nur ohne Stab. Dann bleibt mir wohl nichts anderes als übrig, als zu warten...

Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren, doch als zwei Wachen kommen um mich zu holen, bin ich mir sicher, dass sehr viel Zeit vergangen sein muss. Die beiden Kerle machen eher den Eindruck, als wollten sie eine Leiche einsammeln, statt einen quick lebendigen Menschen abzuführen znd sind wohl das größte Klischee, dass sich in diesem Schloss (ich gehe mal davon aus, dass es eins ist) finden lässt. Der eine ist dick und hat die Statur eines Gymnasikballs, der andere dagegen ist schlank wie Spargel und hat so ca. 0 % Muskelmasse. Dafür ist er ziemlich groß... naja, wohl eher lang.
Beide sind ziemlich perplex, als sie mich sehen.
"Na? Hat's euch die Sprache verschlagen?" Ich zwinkere ihnen zu.
Keiner der Beiden hält es für nötig auf meine Frage einzugehen. Geschäftig stiefeln sie auf mich zu, lösen mich von der Eisenkette und fesseln meine Hände mit einem dicken Seil, dass schmerzhaft an meinen Handgelenken scheuert. Ich wehre mich nicht. Wenn es hier so wie in vielen Filmen ist, komme ich beim Versuch zu fliehen nicht mal aus dem Gebäude. An meinen Stab komme ich dummerweise immernoch nicht heran und ohne ihn ist jeder Fluchtversuch sinnlos. Außerdem sollte ich meine Kräfte vorerst geheim halten. Das Mondlicht hat dafür gesorgt, das ich hier bin und Manny tut nichts ohne eine guten Grund. Ich habe hier eine Aufgabe zu erledigen und es ist immer gut noch einen Trumpf im Ärmel zu haben. Ich sollte so kooperativ sein wie möglich, dann werde ich wohl nicht gleich hingerichtet werden. Doch eines lasse ich mir nicht entgehen. Als ich an beiden Armen aus meiner Zelle geführt werden, gebe ich meinem Stab einen kleinen Schups, sodass ich, wenn ich wieder angekettet bin erreichen kann. Man weiß ja nie.

Jelsa - Wie Eis und Schnee Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt