Die wahre Geschichte von Elsa von Arendell

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Hektisch folge ich ihr durch die Gänge. Ich habe keine Ahnung wo genau ich hin muss, daher folge ich einfach der Richtung, aus der ihr Gefühle zu mir strömen. Schließlich lande ich vor einer Tür, die ich als ihr Zimmertür wiedererkenne.
Gerade, als ich nach dem Türkaufe greifen will, hinterlassen Eisblumen eine blaue Spur auf dem dunklen Holz, die sich vom Schlüsselloch ausgehend verbreitet. Trotz meiner Befürchtungen versuche ich sie zu öffen.
Na toll. Eingefroren. Ich hasse es wenn ich bei so etwas recht habe...
Seufzend hebe ich meinen Stab und bringe die Eiskristalle dazu sich zurück zu ziehen. Dann schiebe ich das Holz vorsichtig auf und spähe in den Raum. Vor mir erstreckt sich die reinste Eiszeit auf ca. 20 Quadratmetern. Es schneit und stürmt unter eisigen Temperaturen, jedoch scheint es wirklich nur diesen Raum zu betreffen. Als würde man ein Vakuum aus Schnee und Eis betreten. Gegen den Wind, der ganz eindeutig von einer Stelle vor dem Fenster kommt, rufe ich ihren Namen.
"Elsa?"
Langsam kämpfe ich mich voran und brauche erstaunlich lang für die kurze Strecke. Natürlich könnte ich dieses Unwetter auch selbst beenden, aber es hätte keinen Sinn. Sie ist aufgeregt und sollte ihren Gefühlen einmal freien Lauf gelassen haben. Sonst staut sich alles auf und sie explodiert irgendwann. Wenn sie sich beruhigt hat, wird das hier auch aufhören. Schließlich kann ich den Blizzard doch durchdringen und lege ihr eine Hand auf die Schulter. Sie scheint mich nicht bemerkt zu haben und zuckt deshalb merklich zusammen.
"Was machst du hier?", faucht sie mich an und reiß sich los.
"Was ist den los?", antworte ich ruhig mit einer Gegenfrage.
"Das geht dich nichts an!"
Man scheint mir am Gesicht ablesen zu können, das mich ihre Worte getroffen haben. Natürlich ist sie im Moment sehr aufgebracht, aber ich kann nicht von mir behaupten, dass es mich unberührt lässt, wenn sie mir sagt, dass sie mir nicht vertraut.
Sie reagiert sofort etwas ruhiger und der Sturm flaut ab.
"Hey, das... Das habe ich nicht so gemeint. Es ist nur so dass..."
"Ist schon gut, du musst nichts sagen."
Ich will näher zu ihr gehen, sie umarmen und trösten, doch in dem Moment dreht sie sich zum Fenster, atmet einmal geräuschvoll ein, wie um sich zu fassen und stoppt beim ausatmen den Sturm. Erst danach dreht sie sich zu mir um. In ihren Augen kann ich sehen, dass sie einen Entschluss gefasst hat: Sie will es mir erklären.
"Jack ich..." Sie bricht den Augenkontakt ab und lässt den Blick suchend durch den Raum schweifen. Ihre Nervosität und Bedenken steigernsich von Sekunde zu Sekunde. Deshalb trete ich entschlossen vor und drücke ihr Hand.
"Egal, was es ist: Mich wirst du so schnell nicht los.", meine ich voller Überzeugung." Dann erst beginnt sie zu erklären.
"Als Anna und ich klein waren, da waren wir ein Herz und eine Seele. Wir haben gespielt und sind oft nachts aufgestanden, um den Ballsaal in eine Eislandschaft zu verwandeln."
Während sie erzählt tritt ein Glanz in ihre Augen.
Wehmut. Sie vermisst die schönen Zeiten.
Sie wandert durch den Raum.
"Sie hat mich immer gefragt,  ob ich einen Schneemann bauen mochte.", dabei sieht sie mich lächeld an, bevor sie wieder durch den Raum streift.
"Und das haben wir dann auch gemacht. Olaf ist dabei entstanden. Wenn du ihn das nächste mal Siest und er dich nicht mehr als Feind betrachtet, wirde dir erzählen, dass er Umarmungen mag.", sie lacht leise.
"Na ja.., jedenfalls haben wir gespielt und wurden dabei immer übermutiger. Anna ist von Schneehaufen zu Schneehaufen gespungen. Ich habe sie erst entstehen lasse, als sie schon in der Luft war. Wir waren noch jung und so wurde aus Spaß schnell ernst. Anna war zu schnell für mich und als sie gesprungen ist und ich ausgerutscht bin habe ich sie mit dem Eis Blitz getroffen. Sie ging dofort zu Boden und ist einfach nicht mehr aufgewacht.", ihre Stimme versagt beim letzten Wort und ich will zu ihr gehen, aber sie bedeutet mir zu warten. Nach kurzem Sammeln fährt sie fort.
"Mutter und Vater brachten sie zu Trollen, die ihr zwar helfen konnten ihren Kopf von dem Eis zu befreien, ihr aber auch alle Erinnerungen an meine Kräfte nahmen. Daher hat sie auch die weiße Haarsträhne und seit dem musst ich mich in meinem Zimmer vor allen verstecken. Ich wollte niemanden verletzen. Das war schwer für Anna und für mich, weil sie nicht verstehen konnte, warum." Ein bitterer Lachen bricht aus ihr hervor.
"Es wurde noch schwerer als unsere Eltern bei einem Schiffsunglück starben. Und als ich schließlich die Krone bekam waren Anna und ich wie Fremde." Ein Seufzer verlässt ihre Lippen.
"Es tat weh zu sehen, dass sie über ein paar Worte von mit zu ihr schon so überrascht war und zu sehen wie froh sie war, als zu meiner Krönung das erste mal die Tore geöffnet wurden. Sie musst wegen mir auf so vieles verzichten... Die Krönung selbst war ein Desaster. Es kam zu schlimmsten und das Königreich hat gesehen wozu ich im Stande bin. Sie habe mich verachtet, als Bedrohung angesehen und ich musste fliehen. Du hast mein Schloss in den Bergen ja schon gesehen.", lächelt sie mich kurz an.
"Anna ist natürlich hinter mir her gelaufen weil ich... Ich habe Arendell in eine Eiszeit versetzt. Sie wollte, dass ich den Schnee wieder verschwinden lasse, aber das konnte ich nicht. Ich wurde wüten und habe die Kontrolle verloren, sodass das unvermeidliche passiert ist: Anna hat einen Eisblitz ins Herz bekommen und wurde deshalb nach und nach zu Eis. Es gab zwar eine Rettung für ihr Leben, aber im entscheidenden Moment hat sich mich vor dem Tod bewahrt. Sie ist zu Eis geworden damit ich nicht sterbe und das, obwohl ich ihr das erst angetan habe. Ich konnte sie retten, aber was ich alles zuvor getan habe ist unverzeihlich. Ich konnte meine Kräfte nicht kontrollieren und habe ihr Leben dafür aufs Spiel gesetzt." Plötzlich dreht sie sich zu mir, schaut mir direkt in die Augen und flüstert mit bebender Stimme.
"Und das darf nie wieder passieren."
Nachdem ich die ganze Zeit still gestanden habe kommt nun Bewegung in mich und ich gehe und ihr. Vorsichtig schließe ich sie in meine Arme und halte sie fest, als sie sich fallen lässt. Das Gesicht an meiner Brust vergraben lässt sie ihren Tränen freien Lauf während ich ihren bewenden Körper einfach nur halte. Wie kann ein so herzensguter Mensch nur so von Schicksal getroffen worden sein. So voller Selbstzweifel. Jemand der nach Wintersonne riecht und nur an andere denkt, sollte nicht so unglücklich sein.
"Elsa?", flüstere ich nach einer Weile, als sie sich etwas beruhigt hat.
Sie schnieft noch einmal und blickt mir dann in die Augen.
"Du hast es doch geschafft. Über Arendell liegt kein magischer Schnee. Bis vor kurzem muss es hier noch warm gewesen sein, das merke ich doch. Du hast es wieder aufgetaut. Und du sorgst dich mehr um Andere als um dich selbst. Du bist gutherzig und rein und selbstlos. Es gibt keine Grund zu zweifeln. Wenn du meinst, dass du mit deiner Magie noch nicht richtig umgehen kannst, dann üben wir daran, aber ich denke, dass du stark bist und damit", ich löse eine Hand von ihrem Rücken um eine der ihren zu greifen und darüber zu streichen, "umzugehen."
"Meinst du das wirklich?", fragt sie so überrascht und schüchtern, dass ich lachen muss.
"Ja, wirklich. Du darfst dich nicht in Frage stellen und böses an dich ran lassen. Du bist klug und schön und mächtig. Es gibt nichts, was du nicht für die tun würdest, die du liebst. Außerdem regierst du weise über dein Land und weißt immer was du tun musst. Wenn ich dich sehe, dann sehe ich den besten Menschen, dem ich jemals begegnet bin. Du richst wie Wintersonnenstrahlen und ich weiß wirklich nicht wieso ich das letzte jetzt gesagt habe.", beende ich meine Ausführungen mir roten Wangen.
"Das war mit Abstand das nettesten und schönste, was jemals jemand zu mir gesagt hat", haucht sie mir mir einem glitzern in den blauen Augen entgegen und ich drohe mich darin zu verlieren. Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und verharrt kurz vor meinen Lippen.
"Schnefall", ist das einzige Wort, das sie zu mir sagt bevor ihre Lippen auf meine treffen. Der Kuss ist zart und voller unausgesprochener Gefühle. Er lässt jede Schneeflocke, die in meinem Bauch noch nicht fliegen gelernt hat, zu einem Blizzard werden, der meinen ganzen Körper elektrisiert. Nur am Rande nehme ich war, dass es schon wieder angefangen hat zu schneien und als wir uns wieder von einander lösen, brauch ein einen Moment um mich an das zu erinnern, was sich vorhin gesagt hat. 
"Schneefall?", frage ich verdutzt.
"Ja, du riechst nach Schneefall an einem kalten Dezembertag. Schnee kurz vor Weihnachten, wenn sich schon alle freuen und diese besondere Stimmung in der Luft liegt.", antwortet sie verlegen, aber ernst mit rosa Wangen.
Gerührt schließe ich sie nochmals in die Arme und vergrabe meinen Kopf an ihre Hals. Das Lächeln, das sich auf meinem Gesicht ausbreitet als sie erschaudert kann ich nicht unterdrücken. Ich gebe ihr eine Kuss in die Halsbeuge.
"Meine Schneeflocke.", flüstere ich, als ich mich wieder aufrichte und als sie mich darauf hin mit diesem besonderen Blick ansieht glaube ich zu fliegen.
"Wann muss ich wieder hier sein?"
"Wofür?", fragt sie sichtlich verwirrt.
"Den Ball. Wann muss ich hier sein?"
"Es geht um 19 Uhr offiziell los, wieso?"
"Weil ich jetzt eine Königin entführen muss um ihr zu zeigen, dass sie sich auf ihre Kräfte verlassen kann."
Dann schnappe ich sie mir, halte sie gut fest und fliege mit ihr durch das sich öffnende Fenster.
"Du Frostbeule! Ich muss mich doch rechtzeitig fertig machen und...", mit einem steilen Anflug schneide ich ihr das Wort ab.
"Das, meine kleine Eisblume, war nicht nett.", tadele ich sie spielerisch, während sie sich krampfhaft an mir fest klammert, "Und keine Sorge. Ich bringe dich früh genug zurück. Jetzt sorgen wir erst einmal dafür, dass du heute Abend nicht die ganze Zeit Angst haben musst und diese Handschuhe tragen musst."
"Woher weißt du von den Handschuhen?"
"Du hast sie getragen, als du mich begnadigt hast, weißt du noch? An ihnen ist Raureif hoch gekrochen. Daran habe ich erkannt, was alles in dir stecken kann."
Sie bleibt still auf meine Antwort und betrachtet die Landschaft. Als sie schließlich die Stille bricht ist es nur ein Wort.
"Danke."
"Wofür?"
"Für alles."

Jelsa - Wie Eis und Schnee Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt