Er rannte. Rannte weg. Vor wem? Vor sich selbst. Vor anderen. Vor allem.
Er rannte wieder mal zu seinem Lieblingsort, der einzige Ort an dem er sich noch sicher und wohl fühlte.
Er spürte die Seelen die noch auf der Erde geblieben waren anstatt in das Jenseits hinaufzusteigen. Er sah die Gräber der toten. Die meisten waren mit Blumen, Pflanzen, Skulpturen oder Fotos geschmückt. In die glatt polierten Steine waren Sprüche wie „Ich bin nicht tot, ich habe nur die Räume gewechselt." Er mochte diese Sprüche nicht. Wenn man tot ist, ist man tot. Aber wenn sich die Angehörigen dadurch besser fühlen sollten sie es eben tun.
Er fragte sich ob die Angehörigen der Toten die Blumen und Pflanzen nur herbeibrachten und pflegten weil es „sich so gehörte". Eigentlich fragte er sich nicht nur sondern war sich sicher. Wieso sollten Menschen so etwas tun? Menschen sind herzlos und kalt. Menschen sind egoistisch und nutzen andere Menschen aus. Wieso sollte es anders sein nur weil eine bestimmte Person nicht mehr da war? Wieso sollte man überhaupt für eine tote Person etwas tun? Der Geist bekommt es vielleicht noch mit aber er kann dich nicht mehr anmeckern, er kann dir nichts mehr vorwerfen.
Einer der Gründe wieso er tote lieber mochte als lebendige Menschen. Tote reden nicht, Tote machen dir keine Vorwürfe, Tote können dir nicht wehtun. Sie hören dir einfach zu.
Genauso wie sein toter Freund. Er konnte immer mit ihm reden. Er fühlte dass er noch da sein musste. Sein Freund hatte ihn genauso geliebt wie er ihn.
Auch heute stand er wieder vor dem Grab seines Geliebten. Stumme Tränen liefen ihm über die Wangen. Er war der einzige gute Mensch gewesen den er kannte. Alle anderen Menschen nur Abschaum. Warum ausgerechnet er? Er hatte es nicht verdient so früh zu sterben. Es gab so viele Menschen auf dieser Welt die es wirklich verdient hätten zu sterben. Aber sein Freund war keiner davon. Nicht er.
Mit tränenübersrömtem Gesicht sank er auf den nassen Boden vor dem Grab seiner Liebe. Er schlug sich die Hände vor sein Gesicht und schrie einfach. Schrie seine Trauer heraus in die dämmrige neblige Welt um ihn herum. Der Regen lief in Strömen über sein Gesicht und vermischte sich mit den warmen salzigen Tränen.
Er wusste er war nicht alleine. Sein Seelenverwandter war bei ihm, ganz nah. Vielleicht konnte er ihn sogar berühren.
Er hob seine Hand in den Himmel, spürte sofort die kühlen Regentropfen auf seiner Haut, spürte wie sie langsam kleine Bäche bildeten und seinen Arm herunter liefen. Aber vor allem meinte er die Berührung seines Geliebten spüren zu können. Er war da. Er konnte seine Hand für ein paar Momente berühren. Konnte ein paar Momente lang wieder so etwas wie Glück spüren. Mehr wollte er nicht. Etwas anderes wollte er nicht. Er wollte für immer bei ihm sein. Nie wieder wollte er von ihm getrennt sein.
Jedes mal fiel ihm der Abschied schwerer. Jedes mal lief er wieder mit Tränen die über seine Wangen liefen durch das Tor des Friedhofes. Er wusste er würde das nicht mehr lange aushalten. Er wollte endlich wieder mit seinem Geliebten vereint sein.
Sein Entschluss war gefasst. Nichts mehr sollte sie trennen. Er würde zu ihm gehen. Wozu in dieser kalten lieblosen Welt bleiben?
Direkt neben dem Friedhof befand sich eine hohe Brücke über einem reißenden Fluss. Es war zu verlockend als dass er es nicht hätte tun können. Zu nah schien die Möglichkeit ihn endlich wieder zu sehen.
Er warf einen Blick hinunter in das dunkle Wasser des Flusses. Niemand würde ihn vermissen. Es würde niemandem auffallen. Sein Verlangen endlich wieder zu seiner großen Liebe zu sein war zu groß. Nichts hielt ihn mehr auf dieser Welt.
Er kletterte über das metallene Geländer und stellte sich auf den schmalen Streifen auf der anderen Seite.
Jetzt konnte er es endlich tun. Keine Angst oder Unsicherheit plagten ihn. Er empfand mehr so etwas wie Vorfreude. Ein letztes Mal überblickte er die Landschaft. Ein letztes Mal nahm er einen tiefen Atemzug bevor er sich fallen ließ. Für einen kurzen Moment konnte er fliegen. Endlich war er frei. Endlich würde er ihn wiedersehen.
Er spürte wie er in das kalte Wasser eintauchte, wie die kalte Dunkelheit ihn umgab. Er konnte schweben, in der Tiefe des Wassers.
Ein letztes Mal öffnete er die Augen und sah dunkelblaue Verschwommenheit bevor er seinen letzten befreienden Atemzug nahm der seine Lungen mit Wasser füllte und ihn in vollkommene Schwärze eintauchen ließ und er endlich seinen Geliebten wieder traf.
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Youtuber Oneshots (Tonia, Jublali, Jandre u.a.)
Fiksi PenggemarVerschiedene, teilweise sexuelle, Oneshots über Youtuber :3 (Boyxboy)