Acht

9.2K 452 31
                                    

Vor mir liegt ein riesiger Saal, welcher komplett leer ist, was mich erleichtert ausatmen lässt.
Mein Leben wäre schneller zu Ende, als ich blinzeln hätte können, wenn der Saal prall gefüllt wäre.
Ich kann es mir bildlich vorstellen, wie mein Leben endet und mein Plan in tausend Teile zerplatz.

Der Saal hat zum Glück nur eine Tür, auf welche ich gradewegs zu gehe.
Dieses Mal bleibt es mir erspart endlos viele Türen öffnen zu müssen, mit der Ungewissheit, was sich dahinter verbringt.
Bis zu diesem Zeitpunkt, hatte ich bei allem sehr viel Glück und ich habe mich tapfer durchgeschlagen.

Der Saal ist wirklich schön, fällt mir auf, während ich mich durch diesen fortbewege.
Es hängen viele Gemälde an den Wänden und der Boden sieht aus, wie pures Gold, was mich nicht wundern würde, wenn es der Wahrheit entspricht.
Für Werwölfe scheint dieser Luxus, Normalität zu sein.

Ob diesen Kreaturen überhaupt bewusst ist, was wirklich im Leben zählt?
Wie es ist, wenn du weißt, dass du jeden Augenblick sterben könntest oder einen Menschen verlierst, welchen du über alles liebst?
Ist es Ihnen überhaupt bewusst, dass sie mehr mit den Menschen verbindet, als ihnen bewusst ist?

Sie leben hier auf Moonrise in menschlicher Gestalt miteinander.
Wäre es einem nicht bewusst, dass das hört alles Werwölfe sind, könnte man es für die Erde halten, mit einer völlig durchschnittlichen Menschheit.

Die Betonung liegt auf könnte, denn von der Menschheit ist bald nichts mehr übrig.
Die Menschen sind fast ausgestorben, wie die Dinosaurier.
Werden die Werwölfe irgendwann über Menschen, wie über Dinosaurier sprechen?
Er würde mich ehrlich gesagt nicht wundern.

Die Menschheit wird nur noch ein Teil der Geschichte sein.
Nachdem ich den ganzen Saal durchquert habe und in meinem Gedanken versunken bin, habe ich die Tür erreicht.

Ich schiebe die Gedanken in die hinterste Ecke meines Kopfes und lasche an der geschlossen Tür, um mir ein Bild von den geschmissen auf der anderen Seite zu machen.
Ich will vorbereitet sein.

Als ich mir wirklich sicher bin, dass ich keine Geräusche von der anderen Seite wahrnehmen kann, öffne ich vorsichtig die Tür und schaue mich zaghaft um, um wirklich sicher zu gehen, ob ich recht hatte.
In der Ferne sehe ich eine Wache, vor einer Tür , schlafen.

Über die Naivität der Werwölfe muss ich grinsen.
Sie nehmen ihren Beruf scheinbar nicht sonderlich ernst, sie machen es mir wirklich leicht, worüber ich sehr dankbar bin.
Ich bedanke mich für die Dämlichkeit der Werwölfe.

Ich hole mir leise mein Messer aus meinem Rucksack und schleiche mich vorsichtig zur Wache.
Nicht einmal mehr atmen tue ich, während ich mich an die Wache heranschleiche.
Sicher ist sicher, denke ich mir.

Bei der Wache angekommen, setzte ich ihm das Messer an seine Kehle.
Ich zögere keine Sekunde und hinterlasse einen tiefen Schnitt, der seinem Leben ein sofortiges Ende setzt, zumindest sodass er nicht um Hilfe rufen kann.

Ein Schuss wäre so nah an meinem Ziel viel zu laut und sehr riskant.
Ein weiteres Opfer meines Plans erstreckt sich nun vor meinen Füßen und hinterlässt seine Spuren auf dem wunderschönen Boden.

Ich will grade weiter gehen, als ich bemerk, dass sich eine Hand um mein Fußgelenk legt. Es ist die Hand der Wache, welche kurz daraufhin mit meinem Messer entferne und somit auch von seinem Körper.
Er hätte Tod sein müssen, wieso konnte er sich noch bewegen?

Innerlich kriechend blicke ich auf die Hand, welche immer noch an meinem Fußgelenk haftet, aber nun ohne den dazugehörigen Arm oder den Körper.
Das Blut läuft zu meinen Fuß herunter, ich erschrecke mich so sehr davon, dass ich schlagartig zurückspringe.

Den Blutbedeckten Boden habe ich dabei nicht bedacht und rutsche aus.
Ich falle auf den Boden und spüre, wie sich meine Klamotten, die nicht mehr als alte Fetzen sind, sich mit dem Blut vollsaugen.
Der metallische Geruch steigt mir direkt in die Nase und krampfhaft versuche ich die Augen zu schließen.

Das alles wird mir hier gerade zu viel.
Ich sehe nur noch rot, ich rieche das Blut und spüre es auf meiner Haut.
Das Blut ist noch warm, was die Situation nicht einfacher macht.
Das alles wird mir gerade zu viel und steigt mir wirklich über den Kopf.

Langsam beginne ich zu zittern und mein Herz setzt immer wieder einen Schlag aus.
Was habe ich getan?
Dieses Gefühl, wie ich in diesem fremden Blut liege, macht meine Tat mehr als real.
Mein Blick fällt auf die abgehackte Hand und gibt mir den Rest.

Aus meinen Augen lösen sich dicke Tränen, die schnell mein Augenwinkel verlassen.
Ich kann es nicht fassen, das alles ist doch abartig und ich bin schuld daran.
Ich will gar nicht erst darüber nachdenken, was meine Eltern nun über mich denken würden.

Langsam kommen starke Zweifel auf.
Ich töte Lebewesen, die keine Schuld für das alles hier tragen.
Das kleine Mädchen wird niemals jemanden etwas zu leide getan haben und ich habe sie getötet, wie es einst mit meinem Bruder geschah.

Vielleicht sitzt jetzt irgendwo in einem gemütlichen Zimmer ein großer Bruder oder eine große Schwester und fragt sie bereits, wo die kleine bleibt.
Irgendwann wird er oder sie erfahren, dass sie ihre kleine Schwester nie wieder sehen werden und für sie wird eine Welt zerbrechen, sowie es meine Tat.

Ein lauter Schluchzer entweicht meinem Mund, ich bin ein Monster.
Immer mehr Tränen bilden sich, wodurch ich bald kaum noch etwas klar sehen kann.

Ich werden den König nie umbringen können, ich sollte es hier und jetzt beenden.
Ein Geschöpf, wie ich, sollte nicht länger leben.
Ich verdiene keinen weiter Atemzug.
Ich bin es nicht Wert und sollte mir ein Ende setzten.

Eine lange Zeit saß ich einfach da und habe über alles nachgedacht, währenddessen hielt ich die ganze Zeit mein Messer in der Hand.
Mit der Klinge des Messers strich ich mir immer wieder über die Pulsadern.
Es könnte alles so schnell ein Ende nehmen.

Ich habe unzählige Tränen vergossen.
Meine Gedanken waren voll mit Schuldgefühlen.
Ich habe mich miserabel gefühlt und mir gewünscht, dass alles hier nicht passiert wäre.

Ich wollte wieder ein kleines Mädchen sein, noch völlig ahnungslos, in den Armen ihrer Familie.
Meine Gedanken waren bei Ihnen und ich wollte allem ein Ende setzten, jedoch kam es nicht soweit.

Das alles geschah noch vor ein paar Minuten. Doch jetzt laufe ich um mein Leben, welches ich vorhin noch beenden wollte.
Hätte ich nicht so lange darüber nachgedacht und mich selbstbemitleidet, wäre ich nicht in dieser Situation.
Ich könnte bereits Tod sein und mir den weiteren hoffnungslosen Kampf ersparen.

Plötzlich ertönen Sirenen und mein Herz setzte vor Schock völlig aus.
Überall begangen kleine rote Lampen aufzuleuchten, es war eindeutig ein Signal.
Sie werden die Leichen gefunden haben und von mir wissen.

Meine Lungen beginnen zu schmerzen, dennoch laufe ich weiter.
Ich habe keine Ahnung, wo ich bin oder wo ich hin muss, aber mir ist bewusst, dass meine letzte Stunde geschlagen hat.
Jeder Atemzug könnte der letzte sein.

Sie werden mich töten, nur weil ich selbst zu lange dafür gebraucht habe.
Ich habe mir zu lange Zeit gelassen und bin nun selbst Schuld.
Meine Gefühle habe mich schwach gemacht und mir alles versaut.

Ich bin gescheitert und werde einen bedeutungslosen Tod haben.
Ich habe meine Ziele nicht erreicht, aber andere Lebewesen mit in den Tod gezogen.
Ich bin nicht besser, als sie selbst.
Ich bin genauso grausame, wie die Werwölfe.

Diese Gedanken bringen mich auf dazu eine Entscheidung zu treffen.
Ich werde kämpfen.
Es ist zu spät und es kann nicht schlimmer kommen, also nutze ich meine letzten Atemzüge und werde kämpfen.
Mehr als mein Leben zu verlieren, kann ich ja nicht mehr passieren, oder..?

Es wird langsam ziemlich spannend..🙄

MoonriseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt