Un - Des courses et des connaissances

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„Shit shit shit", fluchte ich, während ich mit Miranda auf dem Arm um die Ecke schlidderte, den Einkaufswagen vor mir herschiebend. Ich war viel zu spät dran und würde wahrscheinlich zu spät mit den Esswaren kommen, doch hey, für eine Grossfamilie mit acht Eltern oder Grosseltern und - haltet euch fest - neunzehn Enkelkindern einkaufen zu gehen, das schafft man hat nicht in einer halben Stunde.

Gerade, als ich endlich das komische Natronpulver, das Papa mir auf den Zettel geschrieben hatte, aus dem Gestell klaubte, jammerte Miranda los. Och ne. „Schhht... was ist denn los? Hast du Hunger, oder Durst?", fragte ich sie und bot ihr das Trinkfläschchen an, was sie fest umklammerte und kurz dran sog, dann aber mir wieder hinstreckte. Na dann nicht. Ich versorgte es wieder, doch Miranda wollte sich nicht beruhigen. Ich fluchte innerlich, da Tante Anne-Sophie mir verboten hatte, vor ihr Fluchwörter auch nur ansatzweise in den Mund zu nehmen und ich vorhin genug dagegen verstossen hatte, und lehnte mich stöhnend an die Wand. „Wie mach ich das jetzt?", jammerte ich leicht überfordert. Sollte ich Joao, meinen Bruder, anrufen, ob er uns abholen kommen kann? Oder- ne. Ich schreib ihnen einfach ne SMS, dass es etwas später wird, dann klappt das schon.

„Schhh, Miranda... guck mal da, die kriegst du gleich, ja?", versprach ich ihr und zeigte ihr die Bananen, die sie über alles liebte, doch meine jüngste Cousine entschied sich lieber dafür, einfach weiterzuschreien. Ich raufte mir verzweifelt die Haare und war grade froh, dass sie so dünn waren und immer langweilig runterhingen, sodass ich nicht gleich wie ein Kobold aussah.

„Du siehst so aus, als könntest du eine kleine Hilfe gut gebrauchen", vernahm ich eine belustigte Stimme hinter mir und ich fuhr herum. Gross, dunkelbraune Haare, spricht Englisch. Womöglich einer der gefühlt hunderttausend Touristen, die hier ihren Sommer verbringen wollten. „Danke, es geht schon", lehnte ich knapp ab und stopfte Miranda den Schnuller rein. „Hm, deine Tochter wirkt aber nicht grad begeistert", fuhr er fort und stopfte sich die Hände in die Hosentaschen. Ernsthaft? Hatte der nichts Besseres zu tun?

„Ach ja? Kein Wunder, sie mag deine Nähe nicht. Verstehst du, moderne Alarmanlage, sie schlägt sofort an", verklickerte ich ihm grimmig, ehe ich mich umdrehte und ihn stehenliess. Ich grapschte noch nach einer Packung meiner Lieblingsgummibärchen, die ich mir einfach gönnen musste, ehe ich mich an die viel zu lange Schlange an der Kasse stellte. Miranda hatte doch noch Ruhe gegeben und hing müde in meinen Armen, den Kopf an meine Brust gekuschelt, und schielte immer wieder an mir vorbei.

„Sicher, dass sie mich nicht mag? Sie scheint eher fasziniert von mir zu sein!" Nein, nicht der schon wieder!

Ich setzte ein grimasseartiges Lächeln auf und drehte mich um. „Neiiiin, sie ist nur müde. Guck mal, Miranda, das ist für dich."

Ich griff nach den Bananen, die gerade eingelesen worden sind, und schälte eine, gab ihr ein Stück davon in die Hand und setzte sie wieder in den Wagen. Dann packte ich rasch alles in drei Taschen um und freute mich schon, das alles mit dem Kinderwagen nachhause transportieren zu dürfen. Wieso nochmals musste ich diese Aufgabe machen? Richtig, weil alle anderen vorgaben, zu müde dazu zu sein. Aber mich rumstressen war in Ordnung.

„Hier", grummelte ich und schob der Kassierin, die mich schon kannte, einen Schein zu. Die lächelte mich mitfühlend an; sie wusste, was bei mir zuhause gerade abging - wie alle Einheimischen. „Viel Glück", wünschte sie mir und ich lächelte flüchtig. Das konnten wir wirklich brauchen, denke ich. Eigentlich war die Idee hirnrissig- und zwar so richtig. Aber jetzt sah es so aus, als würde es stabil stehen und klappen.

„Wie lange seid ihr erst mal weg?" - „Vier Wochen", lächelte ich schief und sie nickte beeindruckt, während sie den Bierkasten, der der Typ kaufen wollte, einlas. „Geil - ich wär ja gerne mitgekommen. Ich beneide dich. Aber schreib uns mal ne Postkarte hier in den Laden, ja?" Ich nickte und gab ihr somit eins meiner unzähligen Postkartenversprechen, die ich hoffentlich halten konnte. Ich musste schon auf der Post und in der Bäckerei das Gleiche versprechen, aber auch der Briefträger und noch gefühlte hundert weitere Leute hatten mir das Versprechen abgenommen. Ich hatte es mir säuberlich auf dem Handy notiert, damit ich es auch ja nicht vergessen würde.

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