Deux - Du sauvetage des balourds

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„Wollen wir noch spazieren gehen?", schlug Lucas vor und wir alle waren sofort dabei- ein bisschen ausnüchtern täte schon gut.

„Ist euch bewusst, dass das vermutlich unser letzter Abend in Freiheit ist?", seufzte mein jüngerer Bruder Nils und brachte uns alle zum Lachen. „Das sagt man vor Hochzeiten, du Dödel", seufzte Florian, mein dritter (und letzter), nur zwei Jahre älterer Bruder und schlug ihm spielerisch eins auf den Hinterkopf. „Hey!", protestierte Nils schmollend und schon jagten sie sich über den Strand. Es gab um diese Uhrzeit nur noch wenige Touristen, vor allem aber einheimische Touristen.

„Oh, schaut, da hat's verlassene Klamotten! Hm... wem gehören die?", fragte auf einmal Manon, Aninas ältere Schwester, und zeigte auf einen dunklen Haufen. Die Sonne küsste bereits den Horizont und wenn ich das überwältigende Naturschauspiel nicht schon tausende Male gesehen hätte, dann wäre ich vermutlich wegen stockendem Atem eingeliefert worden.

„Oooh, die sind da aussen und schwimmen! Aber wissen die, dass hier schwimmen verboten ist?!", fragte Joao alarmiert und ich riss entsetzt die Augen auf.

„Warte- nein, da ist... okay. Wir warten einfach hier, bis die leichtsinnigen Leute auftauchen und dann erklären wir ihnen, was sie nicht tun sollten hier", grummelte Mathieu und seine beiden Drillingsbrüder nickten zustimmend.

Wir liessen uns in den noch warmen Sand nieder und ich schloss die Augen, spürte, wie der Alkohol sich bereits wieder verflüchtigt hatte- bei mir ging das immer schnell, brutal heftig und aber zum Glück auch nur kurz- und ich trank einen Schluck aus meiner Wasserflasche.

„Also, erzähl jetzt mal- was hat Sofia verbrochen?", fragte Nikita neben mir neugierig und Anina sprudelte leise vom Ereignis, das sich heute vor dem Supermarkt abgespielt hatte. Ich verdrehte nur die Augen. Der Typ war auch nur ein Mensch, sogar ein sehr nerviger, um ehrlich zu sein... aber das wollte Anina ja nicht einsehen.

„Ich hab kalt", motzte Manon wenig später und schon reichte ihr Florian seinen Pulli. „Danke", grummelte sie und ich musste lächeln. Meine Familie mochte manchmal speziell, störrisch, dickköpfig, verrückt, bescheuert sein- doch wir liebten uns doch alle irgendwie.

„Halt, war da nicht was?!", horchte Connor auf. Connor spielte hervorragend Cello, doch er hatte es für Sport etwas fahren gelassen. Trotzdem war sein Gehör gut geschult, und als ich jetzt genauer hinhörte, vernahm ich ebenfalls ein leises Rufen nach Hilfe.

„Help! Heeeelp! Hier draussen!"

Mäusekacke, die waren wirklich zu dumm. Ich sprang auf die Füsse und zog mir die Schuhe aus, dann die Hose und den Pulli, dann rannte ich mit Top und Unterwäsche hinter meinen älteren Brüdern und Cousins her in die Wellen. Wir hatten den Rettungsschwimmer gemacht, zu sechst hatten wir damals den halben Kurs gebildet. Und das kam uns jetzt zu gute.

Ich wusste, dass ich zwar Kraft hatte, aber ich alleine kaum eine Chance hatte. Hoffentlich waren es nicht viele!

„Hier drüben!", schrie die Stimme wieder und ich korrigierte den Kurs leicht, ignorierte mein heftig klopfendes Herz. Für Angst war keine Zeit. Auf einmal sah ich einen winkenden Arm und gab noch ein bisschen Gas. Das Wasser war eiskalt und ich schluckte einen grossen Schluck Wasser, als Florian die Person erreicht hatte. „Louis ist noch da draussen! Er ist nicht ganz bei Besinnung! Bitte, helft ihm!", flehte der Mann uns an. „Kannst du noch schwimmen!?"- „Ja, aber Louis!"- „Okay, ganz ruhig. Wir schaffen das, ja?"

In dem Moment zündeten zwei starke Scheinwerfer übers Wasser und Joao gab die Zeichen, die nötig waren, damit die anderen wussten, was zu tun war.

„Sofia, nimm ihn mit raus, du hast kalt", mahnte Niklas und ich nickte mit zusammengebissenen Zähnen, damit sie ja nicht klapperten.

„Ich glaube, die Drillinge kommen mit dem Boot", rief ich noch, dann umfasste ich den Mann und transportierte ihn mit kräftigen Schlägen mehr nach innen. Meine Muskeln brannten vor Anstrengung, und es wurde gerade Ebbe, was hiess, das Wasser zog brutal nach draussen, deshalb brachte es mich an meine Limits.

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