Eine Stunde später hatten die Ärzte mich vom Katheter erlöst und Liam hatte sogar einen Rollstuhl aufgetrieben - ein furchtbares Mobil. Dazu hatte Louis es geschafft, mir ein komplettes Outfit aus meiner Reisetasche, die im Schrank gestanden hatte, zusammenzustellen. Ich hatte unter dem Kittel nichts mehr an, was ich erst feststellte, als die Jungs sich peinlich berührt abdrehten, während ich mir das Teil aufknöpfte. Oh. Ich schlüpfte rasch in den BH, doch das mit der Unterhose wollte nicht klappen. Ich knurrte genervt, rutschte weiter an den Rand und probierte es nochmals. Ein Bein heranziehen, den Fuss durchfädeln - und umkippen. Perfekte Planausführung, muss schon sagen. Schliesslich drehte Liam sich um und ich senkte verlegen den Blick. Ich war unfähig, mich anzuziehen. Ich brauchte Hilfe und das vielleicht bis zum Ende meines Lebens.
„Darf ich?", fragte der braunhaarige Brite sanft und nahm mir den Slip aus den Händen, führte ihn rasch und geschickt über meine Beine und zog ihn schliesslich hoch. „Ist gut", murmelte ich peinlich berührt und sie halfen mir zusammen in die restlichen Kleidungsstücke, wobei vor allem das mit der Leggins ungewohnt kompliziert war, während ich das Shirt alleine anziehen konnte. „Achtung, jetzt bekommst du eine coole Frisur", versprach Louis mir und ich riss erschrocken die Augen auf, als er anfing, mit meinen noch leicht feuchten Haaren herumzuhantieren- doch wenig später hatte er sie mit einem Band gebändigt. „Das ist von mir", grinste er mich dann an und ich nickte. „Fertig?", fragte Niall und ich nickte wieder. Da hob Liam mich ohne mit der Wimper zu zucken in den Rollstuhl und ich setzte mich etwas beschämt zurecht. „Wir können ein Wettrennen machen", schlug Niall grinsend vor und guckte zu Liam, der die Schultern zuckte. „Was meinst du?"- „Du schiebst Sofia, und ich gehe bei Harry huckepack!"- „Und Louis?"- „Schiedsrichter!"
Und zwei Minuten später kreischte ich, während Liam mit mir durch den glatten Flur rannte, dicht gefolgt von Harry mit Niall auf dem Rücken. Schliesslich waren wir doch schneller gewesen, denn ich hatte begonnen, mit den Händen mitzuhelfen. Geradeaus hatte ich kapiert, aber wie um Himmels Willen biegt man hier ab?!
„Willst du selbst fahren oder sollen wir dich schieben?", fragte Louis und zog an einer Haarsträhne. „Louveteau!", motzte ich und schlug seine Finger weg. „Ich kann das doch nicht."- „Stimmt. Okay, wo möchtest du hin?"- „Eh... gibt's hier etwas zu essen? Ich hab schon wieder Hunger", bat ich sie und sofort wurde ich zum nächsten McDonalds gebracht. Es war wenig los und wir bekamen unser Essen relativ rasch. Zu fünft sassen wir am Tisch und schlangen das Essen runter - und scheisse, schmeckte das gut.
„Wo willst du hin zum Reden?", fragte Niall schliesslich sanft und ich schaute ihn mit grossen Augen an. „Ach ja", fiel es mir dann wieder ein und liess den Kopf sinken. Mein Burger lag fast unberührt neben mir, ich knabberte nur an den Pommes. Mein Hunger war offenbar doch nur ziemlich klein gewesen, doch Louis verschlang mein Essen locker mit. „Eis?", fragte Harry und stand auf, schaute uns fragend an. Ich schüttelte den Kopf, bat ihn aber um einen Milchshake. Wenig später schob Liam mich in den Spitalpark, wo viele Leute mit den verschiedensten Blessuren oder Behinderungen herumliefen oder sich mit ihren Familien oder Freunden unterhielten.
„Wo wollen wir hin?", fragte Harry etwas ziellos und fuhr sich durch die Haare, wobei sein Bizeps sich gewaltig bewegte. Scheisse, er war so verdammt heiss und doch tabu. „Sofia, was starrst du Harrys Arme an? Bewunderst du seine Mukkis?", fragte Niall auf einmal mit einem schelmischen Grinsen. Ich wurde leicht rot, doch ich war um keine Antwort verlegen.
„Nein, ich dachte eher, wieso er sich seine Haut so verunstaltet. War sie so hässlich zuvor, dass die Tattoos eine Verbesserung waren?"- „Definitiv", nickte Harry mit einem kleinen Schmunzeln. Er wusste es einfach, dass ich nicht nur seine Tattoos angeschaut habe. Argh.
„Wie wäre es mit da?", schlug Louis vor und zeigte auf einen Platz unter einigen Bäumen, etwas versteckt und doch nicht abgelegen.
„Perfekt", fand ich. Doch wenig später merkte ich, dass ich mit dem Rollstuhl feststeckte und nicht weiterkam. Scheisse. „Sorry, Leute", nuschelte ich und vergrub das Gesicht in den Händen. Nicht mal das bekam ich hin. Super. Auf einmal griff jemand um meine Schultern herum und ich kippte in eine Schräglage. „He!", machte ich erschrocken und schaute auf - Harry lächelte sanft, während er mich in seinen Armen trug. „Ich bin doch zu schwer", murmelte ich leicht verlegen, doch er schüttelte den Kopf. „Auf gar keinen Fall, Prinzessin. La voilà!"
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Kursänderung
أدب الهواةDie 20-jährige Sofia Bernard hat eine grosse Familie - eigentlich lieb und knuffig, alle zusammen. Eigentlich. Doch auch eigentlich brodelt es unter der Oberfläche dieser Scheinheiligkeit und Sofias Maske aus Sarkasmus stürzt immer öfter ein - nur...