8.Schicksalsfäden

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Nachdem ich gestern Abend von Dumbeldores Büro wiedergekommen war, fand ich den Gemeinschaftsraum fast leer vor. Erst da merkte ich, dass es schon kurz vor der Nachtruhe war. Deshalb bin ich schnell die Treppe hoch und in unser Zimmer gegangen. Dort sah ich die anderen Mädchen schon schlafen und hab mich leise umgezogen und zusammen mit Samira in das Bett gelegt.

Den heutigen Morgen wachte ich noch vor den anderen auf. Lautlos ging ich ins Badezimmer und schloss die Tür hinter mir. Als ich in den Spiegel blickte, sahen mich stechend grüne Augen matt an. Früher haben sie gefunkelt und Wärme ausgestrahlt, aber nun ist alles anders. Vorsichtig nahm ich meine Kette in die Hand und öffnete den Anhänger. Herzlich und freundlich sah mich meine Familie an. Traurig schloss ich den Anhänger wieder und begann mich für die Schule fertig zu machen. Nachdem ich fertig war, verließ ich das Bad und ging wieder in unser Zimmer um meine Tasche für den Tag zu packen. Ein kurzer Blick sagte mir, dass ich heute zuerst Zauberkunst haben würde und danach Verteidigung gegen die dunklen Künste und Astronomie.
Alles im allem recht gut. Schnell verstaute ich noch meinen Zauberstab an meinen Gürtel und mache mich dann mit Samira im Arm, die noch seelig schlief, auf in den Gemeinschaftsraum zu gehen. Als ich unten ankam, bemerkte ich, dass ich nicht allein war. Harry saß in einem der Sessel vor dem prasselnden Kamin und starrte vor sich hin. Ohne zu zögern ging ich auf das Sofa daneben zu und lief mich vorsichtig darauf fallen. Dabei legte ich Samira auf meine Schoß und streichelte sie sanft. Währenddessen hatte der Junge mit dem schwarzen Haar mich immer noch nicht bemerkt, also sprach ich ihn an.
,,Hey Harry, alles in Ordnung?"
,,Hm? Oh Thalia. Du bist ja schon wach. Ich hab nur gerade etwas überlegt. Warum bist du eigentlich schon auf?"
,,Ich konnte nicht mehr schlafen. Du, Harry?"
,,Ja?"
,,Ich hätte da mal eine Frage an dich. Der Patronuszauber soll doch einen Zauberer oder eine Hexe vor Dementoren schützen. Wirkt dies nur bei diesen Kreaturen oder auch bei anderen?", fragte ich ihn neugierig, da mich diese Frage schon länger quälte.
,,Soweit ich weiß, wirkt er nur gegen Dementoren. Aber wieso willst du das wissen?"
,,Einfach nur so!", erwiderte ich schnell. Harry schien meine Antwort nicht sonderlich bemerkt zu haben, da er unentwegt ins Feuer starrte.
,,Ist wirklich alles in Ordnung?"
,,Jaja, es ist nur so das ich über etwas nachdenken muss."
,,Ok und was ist es? Vielleicht kann ich dir helfen.", schlug ich vor und sah wie er grübelte
,,Angenommen du müsstest von jemanden das Vertrauen gewinnen. Wie würdest du das am besten anstellen?"
Das war wirklich eine interessante Frage.
,,Naja zunächst würde ich mich demjenigen gegenüber höflich verhalten und mich ein bisschen mit seinen Interessen vertraut zu machen.", antwortete ich ihm, so wie ich es am Hofe gelernt hatte.
,,Danke Thalia, für deine Hilfe und vor allem dafür, dass du mir Felix Felices überlassen hast."
,,Keine Ursache. Wollen wir schon einmal zum Frühstück gehen?"
,,Ja können wir. Die anderen werden sicherlich nachkommen.", antwortete er mir und zusammen mit Samira auf dem Arm verließen wir den Gemeinschaftsraum und gingen in Richtung große Halle. Dort angekommen ließen wir uns jeweils gegenüber an den Gryffindortisch nieder, der außer von uns beiden nur noch von einer Gruppe Siebtklässer besetzt war. An den anderen Tischen sah es auch nicht anders aus.
,,Sieht es hier früh immer so aus?", fragte ich leicht verwundert und sah, wie Samira es sich neben mir gemütlich machte.
,,Ja, eigentlich versuchen alle hier so lange wie mögliche zu schlafen. Immerhin geht die Frühstückszeit über zwei Stunden und sie hat gerade mal begonnen. Du wirst sehen, in einer halben Stunde wird es hier voller aussehen.", eklärte Harry es mir und gerade als er endete, gingen die Flügeltüren der Halle auf und Draco Malfoy betrat die Halle. Als er uns beide bemerkte, funkelte er Harry zornig an, mich jedoch bedachtete er mit einen Blick, den ich nicht deuten konnte. Unverzüglich wandte Draco sich ab und ging auf den Tisch der Slytherins zu. Die ganze Zeit beobachteten Harry und ich ihn. Ich wusste zwar nicht, ob Harry es auch bemerkt hatte, aber der Junge mit den aschblonden Haare wirkte zumindest auf mich sehr angespannt und müde zugleich. Irgendetwas schien ihn zu belasten und es konnte nicht die Schule sein, die hatte ja gerade erst angefangen. Konzentriert schloss ich die Augen und dachte an die Schicksalsfäden, die jeden umgaben und öffnete die Augen wieder. Sofort war meine Sicht ein wenig dunkler geworden und ein paar dünne Striche schlängelten sich durch mein Blickfeld. Jedoch versuchte ich mich nur auf die Fäden von Draco zu fokussieren und siehe da es funktionierte. Alle anderen Striche waren verschwunden, außer die von ihm. Doch was ich sah ließ mich stutzen. Seine Schicksalsfäden waren dunkler als die der anderen und auch matter. Zudem waren es recht wenige. Die blaue Linie, die die Familie symbolisierte, schimmerte nur noch an einigen Stellen blau. Alles andere war beinahe schon schwarz. Anscheinend fühlte er sich von seiner Familie ausgeschlossen oder verstoßen. So genau konnte ich dies noch nicht sagen. Die nächste Linie, die ich sah, war eine grüne Linie. Sie stand für die Energie in einem Körper und auch hier schimmerte diese nur noch an einigen Stellen. Gerade als mich wieder lösen wollte, bemerkte ich noch eine Linie. Doch diese war ganz anders als die anderen. Sie war beinahe pechschwarz, doch wenn man ganz genau hinsah, konnte man noch ein kleines schwaches, weißes Leuchten erkennen. Plötzlich spürte ich seinen Blick auf mir und ruckartig unterbrach ich die Verbindung. Jedoch war dies eine schlechte Idee gewesen. Augenblicklich bekam ich Kopfschmerzen.
,,Thalia, stimmt etwas nicht?", fragte mich auf einmal Harry's Stimme und ich wandte mich ihm zu.
,,Nein alles gut. Ich hab nur ein bisschen Kopfschmerzen."
Damit begannen wir mit dem Frühstück und unterhielten uns nicht weiter. Ab und zu wenn keiner zusah, ließ ich ein bisschen Wurst zu Samira herunterfallen, die dies genüsslich auffraß.
Nachdenklich sah ich ihr dabei zu. Mir fiel immer wieder der Blick von Draco ein, den er Harry zugeworfen hatte.
,,Harry, warum hasst ihr euch?"
,,Wen soll ich hassen?", fragte er etwas verwundert und hielt seinen Becher in der Hand.
,,Na du und Draco. Warum ist das so?"
,,DAS ist eine sehr gute Frage die sich einfach erklären lässt. Erstens er ist ein Malfoy und zweitens er ist ein Slytherin."
,,Und warum seit ihr nun verfeindet. Ich meine, dass können doch nicht die einzigen Gründe sein."
,,Wenn du es genau wissen willst, es hat bereits in der ersten Klasse angefangen. Da war er arrogant und hat jeden schlechter gemacht. In der zweiten hat er angefangen Hermine zu beschimpfen. Das Jahr darauf hätte er es beinahe geschafft, dass Hagrids Hippogreif Seidenschnabel geköpft wurde durch sein hochnäsiges Verhalten. Vor zwei Jahren, wo das Trimagische Turnier war, hat er fast die gesamte Schule gegen mich aufgehetzt, weil ich minderjährig war und vom Feuerkelch ausgewählt wurde, um am Turnier teilzunehmen. Und letztes Jahr war hier ein Frau aus dem Ministerium als Lehrerin eingestellt worden und hatte eine Gruppe gebildet, die jeden melden sollte, der gegen die Regeln verstieß. Tja und am ersten September hat er mir die Nase gebrochen, die jedoch eine Bekannte von mir wieder richten konnte. Wie du siehst ist die Liste lang und das war nur die Grobübersicht.", erklärte mir Harry und sah dabei an mir vorbei zum Slytherintisch zu Draco.
,,Da muss ich dir zustimmen, aber jeder Mensch macht Fehler und hat das Recht auf eine weitere Chance.", sagte ich.
,,Ich weiß, du versuchst das Gute in ihm zu sehen, aber bei Draco läufst du dabei ins Leere. Manche Menschen verdienen es einfach nicht.", entgegnete er mir leicht gereizt und aß weiter.
,,Da hast du recht.", flüsterte ich, dachte jedoch nicht an Draco, sondern an IHN. Bisher ist nichts passiert und so soll es auch bleiben. Das einzige, was mir Sorgen bereitete, war die Ungewissheit über meinen einzigen Freund Leon. Wie gern würde ich ihn wieder sehen und mit ihm reden. Er war der einzige,  neben meiner Familie, der mich nicht nur als Prinzessin angesehen hat.
Nach und nach füllte sich die Halle, wie Harry gesagt hat und auch Hermine, Ginny und Ron tauchten nach einer Weile an unseren Plätzen auf.
,,Ach hier seit ihr. Wir haben uns schon gewundert, wo ihr bleibt.", sagte Ron und ließ sich neben seinen Freund nieder.
,,Thalia, alles in Ordnung? Du siehst ein wenig blass aus.", fragte Hermine mich besorgt und setzte sich neben mich.
,,Nein alles gut.", erwiderte ich und bemerkte, wie sie mich forschend ansah. Schließlich wandte sie sich ab und begann zu frühstücken.
Nachdem alle aus der Gruppe fertig waren, standen wir auf und verließen die große Halle.
,,Hat jemand jetzt Zauberkunst?", fragte ich neugierig in die Runde.
,,Ich.", antworteten mir Hermine, Ron und Harry gleichzeitig, was uns alle zum lachen brachte. Als wir uns wieder beruhigt hatten, machten wir uns auf zum Klassenzimmer. Dort angekommen, setzte ich mich neben Hermine in die zweite Bankreihe und zusammen folgten wir dem Unterricht.
Die Stunde war wirklich lustig gewesen. Professor Flittwick hatte uns gefragt was wir in den Ferien gemacht haben, wobei ich antwortete, dass ich gelesen habe, weil ich überhaupt nicht wusste was Ferien sind. Und danach hat er mit uns ein paar Sprüche wiederholt. Nun war die Stunde zu ende und wir gingen, also Hermine, die Jungs und ich, zu Verteidigung gegen die dunklen Künste.
,,Wieso musste Dumbeldore ausgerechnet Snape aussuchen?", fragte Harry uns zornig als wir vor dem Klassenzimmer standen.
,,Wieso ist das so schlimm?", entgegnete ich verwirrt und sah in drei fassungslose Gesichter.
,,Wieso das so schlimm ist? Thalia, er ist ein Todesser. Snape steht in Verbindung zu Voldemort und hält ihm die Treue.", entgegnete Harry mir und fuchtelte dabei mit seinen Armen herum.
,,Deswegen seit ihr nicht so gut auf ihn zusprechen."
,,Um es milde auszudrücken, ja.", antwortete Hermine mir.
Wir unterhielten uns noch ein wenig als auf einmal die Tür aufging und Severus Snape in der Tür stand.
,,Sie dürfen nun eintreten, es sei denn", sein Blick huschte zu Harry," sie empfinden es als unnötig dem Unterricht zu folgen.", sagte er und verschwand wieder in dem Klassenzimmer. Etwas verwundert folgte ich ihm und auch die anderen kamen nach. Zusammen mit Hermine und Samira setzte ich mich in die erste Reihe. Harry und Ron jedoch setzten sich in die hinterste Ecke. Gerade als ich zu ihnen nach hinten sah, erschienen in der Tür noch ein paar Schüler und am liebsten würde ich wieder mit der Tischkante Bekanntschaft machen wollen.
,,Warum müssen wir sooft mit denen Unterricht haben?", flüsterte ich und drehte mich wieder nach vorn.
,,Was meinst du?", fragte Hermine mich ebenfalls leise.
,,Mit den Slytherins und vorallem mit Draco."
,,Oh ne. Kann man nicht mal einen Tag seine Ruhe vor denen haben?"
,,Anscheinend nicht."
Gerade als ich das gesagt hatte, wurden die Stühle neben uns gerückt und die Slytherins ließen sich dort nieder. Und besonders ich hatte mal wieder Glück, weil sich Draco, mal wieder, in unsere Reihe setzte.
,,Da wir ja nun vollzählig sind können wir ja beginnen.", sprach plötzlich Severus. Woher ist der denn auf einmal aufgetaucht?
,,Habe ich sie aufgefordert die Bücher heraus zuholen?", fragte er, als einige ihre Bücher auf den Tisch legen wollten. Sofort packten diese jedoch es sofort wieder weg.
,,Durch den ständigen Wechsel der...Lehrkräfte in diesem Fach, wird es Ihnen an reichlich Wissen mangeln, welches Sie wiederum für ihre UTZ Prüfungen benötigen werden. Daher werden wir mit...etwas einfachen anfangen. Was ist der Unterschied zwischen einem Inferius und einem Umbra und was haben sie gemeinsam?"
Niemand meldtete sich, selbst Hermine schien zu zögern. Ausnahmsweise musste ich Snape recht geben: wenn die noch nicht mal eine so einfache Frage beantworten können, wird es für sie sichtlich schwer werden in den Prüfungen.
Schließlich erhob ich meinen Arm und sofort lagen alle Blicke auf mir, auch die von Severus Snape. Alle sahen sie mich überrascht an. Ehrlich gesagt wusste ich nicht, was sie haben. Dumbeldore hatte mir das bereits vor ein paar Jahren beigebracht und es war wirklich simpel.
,,Nun Miss Rave, würden Sie den anderen bitte die Antwort nennen, damit sie es auch endlich mal wissen."
,,Ein Inferius und ein Umbra sind beides Bewohner der Hölle, eine der vier Welten. Es sind beides die Seelen Verstorbener, die durch dunkle Magie wieder erweckt wurden und ihrem Meister zur Seite stehen. Jedoch unterscheiden sie sich in ihrem Aussehen. Ein Inferius ist eine wächsernde Leichengestalt, die nicht so leicht zu besiegen ist. Man kann sie nämlich nicht umbringen, da sie ja schon tot sind. Der einzige Weg sie aufzuhalten, ist Helligkeit und Hitze.
Ein Umbra hingegen ist ein wandelnder Schatten. Besonders charakteristisch für einen Umbra sind die leuchtend roten oder gelben Augen. Er kann sich eigenständig materiellisieren und wieder demateriellisieren. Somit macht es ihn weitaus gefährlicher als ein Inferius, da man sie selber nicht greifen kann aber sie uns. Zudem besitzen sie eine Art Verstand, der es ihnen erlaubt ihren Auftrag in verschiedenster Weise auszuführen."
Als ich endete bemerkte ich, wie ich wieder von allen ungläubig angestarrt wurde, auch von Professor Snape.
,,Korrekt. Nun Sie alle hier können sich mal ein Beispiel an Miss Rave nehmen und intensiver lernen. Fünf Punkte...für Gryffindor.", lobte er mich, in gewisser Weise, was nun ihm verwunderte Blicke einbrachte. Meine Güte, ist es wirklich so schlimm, dass er uns Punkte gegeben hat?

Engel der Nacht (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt