35.Eine Winternacht

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Auch die darauffolgenden Nächte klangen meine Albträume nicht ab, nur mit den Unterschieden, dass ich wieder im Mädchenschlafsaal des Gryffindorturmes war und nicht mehr im Schlaf schrie oder sprach. Natürlich hatten wir mit Leon Hermine am Morgen nach der Trauerzeremonie darin eingeweiht, dass ich besonders zu dieser Zeit von eben diesen geplagt wurde. Bestürzt, jedoch ohne zu zögern, meinte meine beste Freundin, dass sie zu mir steht und mich im Notfall wecken würde, was ich ihr hoch anrechnete. Doch konnte mir weder sie, Leon noch Samira dabei helfen diese Zenarien aus meinem Kopf zu verbannen, denn sie steckten zu tief in meiner Seele und ließen sich nicht mehr lösen. Dementsprechend verlief meine vorletzte Schulwoche vor den Weihnachtferien nicht besonders rosig: ich fühlte mich kraftlos, wie bei einer schweren Grippe und zuckte bei jedem Geräusch zusammen, was auch nur ansatzweise wie das in meinem Traum klang. Auch meine Lehrer bemerkten, dass es mir nicht gut erging, doch genau dafür hatte Albus einen Plan, um diese Symptome zu erklären, doch wusste ich da noch nicht, was mich da erwartete.

Rückblick
Es waren gerade einmal drei Tage nach dem Todestag meines Bruders vergangen und doch blieb dieser bittere Beigeschmack der Trauer bestehen. Gefühlt jede Sekunde hing ich an meinem Anhänger und betrachtete mit aufkommenden Tränen das letzte Bild meines Bruders, welches an dem Tag meiner Krönung aufgenommen wurde und schloss schnell den Anhänger wieder. Erst jetzt bemerkte ich, wie sorglos und stressfrei ich damals war und konnte nur über meine anstrengenden Trainigsstunden bei uns im Thronsaal lachen, denn damals wollte ich sie einfach nur hinter mir lassen und heute wünschte ich mir genau das Gegenteil. Wie gerne würde ich wieder vor den Treppenstufen stehen, meine Rede auswendig lernen oder das laufen üben mit einem Buch auf dem Kopf, bei dem mich Alex unterstützt hatte. Doch konnte man nicht die Zeit zurück drehen, nicht einmal ein Bewohner Hellmirs, denn die Zeit war die einzige Größe, die unumstößlich war, ist und jemals sein wird. Zwar gibt es hier auf der Erde vereinzelt Zeitumkehrer, doch wäre diese Methode zu gefährlich. Jeder Eingriff mit dieser Art von Magie fordert im Gegenzug für ein gerettetes Leben ein anderes zum tauschen, das heißt ich müsste jemand anderen sterben lassen, um meinen Bruder zurück zu holen und das konnte ich nicht. Es wäre nicht richtig.
Auch wenn mir diese Gedanken nicht weiter halfen oder mich trösteten, so brauchte ich sie, um mich abzulenken. Wie jeden Abend saß ich auch heute mit Hermine, Ginny, Leon und Samira im Gryffindorgemeinschaftsraum vor dem Kamin und starrte verloren zu den goldenen Flammen im Feuer. Draußen war es bereits seit ein paar Stunden dunkel und in der Ferne, hinter den Hügeln der Ländereien, konnte man einen rötlichen Streifen am Horizont sehen, der der Landschaft einen weiteren Hauch von Magie verlieh. 
Seufzend wandte ich meinen Blick von dem Ausblick ab und nahm mein Medaillon in die Hand. Wie so oft strich ich behutsam über die Ranken einer Blume, die es nur in Hellmir gab, da sie meine Großmutter vor vielen Jahrhunderten erschuf zu Ehren der Geburt meiner Mutter. Die Blume nannte sich Floris Coelum, übersetzt die Himmelsblume und hatte ihren Namen zu recht erhalten, denn sie besaß ein ungewöhnliches Dunkelblau, welches trotz der dunklen Farbe zu leuchten schien und einen schneeweißen Stempel und Staubfäden. Blickte man von oben auf diese Pflanze so könnte man denken, dass man zum Sternenhimmel sah, obwohl man nur auf eine sechsblättrige Blume guckte. 
Sehnsüchtig dachte ich an unseren Garten, in welchem sie wuchs und wie Alexander, meine Schwestern und ich uns um sie gekümmert haben, als alles noch einfacher und ungefährlicher war. Auch konnte ich mich noch daran erinnern, wie mein Bruder mir eines Tages eine Blume hinters Ohr gesteckt und gemeint hatte, wie schön es anzusehen war, seine Lieblingsblume und Prinzessin vor sich zu haben. 
Langsam und behutsam drückte ich schließlich den Knopf an der Seite und blickte auf das magische Foto vor mir und dachte dabei an Alexs Stimme, sein Lächeln und diesen ganz besonderen Schimmer, wenn er fröhlich war.
Ich bemerkte gar nicht, wie tief ich in Gedanken versunken war, bis ich plötzlich eine Hand an meiner Schulter spürte und mich verschreckt umdrehte. Doch hinter mir stand nur Harry, welcher bis eben bei Professor Dumbeldore war und weiter nach den Horkruxen gesucht hatte, und sah mich etwas überrascht an, sammelte sich jedoch gleich wieder.
,,Thalia, Professor Dumbeldore hat mich gebeten dir mitzuteilen, dass du bitte gleich allein in sein Büro kommen sollst. Er meinte, du wüsstest, worum es ginge."
,,Danke, Harry. Ich werde mich gleich auf den Weg machen.", bedankte ich mich bei ihm und stand von dem Sessel auf. Sofort bemerkte Leon die Bewegung meinerseits und wollte mir es gleich machen, als ich ihn stoppte.
,,Ich muss nur kurz zu Professor Dumbeldore, allein. Es wird wahrscheinlich nicht allzu lange dauern.", meinte ich und sah, dass es ihm missfiel mich alleine durch die Gänge laufen zu lassen, doch nickte er schließlich missmutig. Schnell blickte ich zu Samira, die vor dem Kamin zusammen mit Krummbein schlief und die Wärme des Feuers genoss. Sofort entschied ich mich dazu sie ebenfalls hierzulassen, da sie durch mich die letzten Tage nicht richtig geschlafen hatte und nun endlich einmal ihre Ruhe hatte. Zügig, mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen, verließ ich den Turm und begab mich auf den Weg zu dem Büro unseres Schulleiters. Vorbei an den verzauberten Treppen und den sprechenden Gemälde bog ich in den Gang zum Hof ab, der an Professor Dumbeldores Büro angrenzte. Da ich nur meinen Schulpullover und unter meinem Rock eine Strumpfhose mit dick gefütterten Stiefeln anhatte fror ich ein wenig und schlang meine Arme um meinen Oberkörper, doch es war mir in diesem Moment egal. Gerade als ich zum Hof kam blieb ich völlig erstaunt stehen, denn durch den fallenden Neuschnee hatte sich eine relativ hohe Schicht an Schnee angesammelt und lag unberührt vor mir und durch das sanfte Licht des Halbmondes und der Sterne schimmerten die Eiskristalle besonders schön. Vorsichtig ließ ich meinen Blick umherschweifen, bis ich mir sicher war, dass niemand in der Nähe war und betrat langsam die weiße Winterdecke. Leise begann der Schnee unter meinen Schuhen an zu knirschen und ich spürte, wie die Flocken auf mich fielen und vollendeten damit dieses Bild unter dem ich mir eine perfekte Winternacht vorstellte. Behutsam löste ich meine verschränkten Arme und streckte sie weit aus einander, wobei ich die Kälte des Schnees auf meinen Händen bemerkte. Wohlig seufzte ich und wandte meinen Blick zum Himmel, um die Sterne über mir zu betrachten, welche mir heller als sonst entgegen strahlten, geradeso als wollten sie mich trösten, dass ihr Vertreter der Magie, mein Bruder, nicht mehr bei mir sein konnte. Auch wenn ich wusste, dass dies ein alberner Gedanke war, begann ich zu lächeln und hauchte ein leises Danke zum Himmel und betrachtete dabei meine kleine ausgestoßene Atemwolke. Ohne es wirklich zu merken, hatte ich angefangen mich leicht um meine Achse zu drehen, was mein Lächeln weiter wachsen ließ. Ich hätte wahrscheinlich noch eine Weile so weiter gemacht, hätte ich nicht etwas hinter mir gehört. Abrupt hielt ich inne, ließ meine Arme sinken bevor ich mich vorsichtig umdrehte und kaum merklich zusammen zuckte.
,,Was tust du hier?", meinte ich mit leicht belegter Stimme meinen Gegenüber und sah ihn unentwegt an.
,,Genau das selbe könnte ich dich auch fragen, immerhin sieht man dich kaum noch außer im Unterricht oder zum Essen.", meinte nun die Stimme vor mir und kam einen Schritt näher auf mich zu. Sofort begann der Schnee wie vorhin zu knirschen und durch das einfallende Licht, konnte ich nun endlich die Person vor mir erkennen.
,,Ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte, Draco.", sprach ich und merkte, wie sich der Junge vor mir anspannte.
,,Denkst du etwa, dass ich nicht bemerken würde, dass du was verschweigst. Vielleicht sind deine Freunde ja so dumm, aber ich nicht. Wie ich es schon einmal gesagt hatte, du verbirgst etwas vor allen, was kein einfaches kleines Geheimnis ist. Und immer wenn ich dich dabei zur Rede gestellt habe, ist irgendetwas merkwürdiges passiert. Das erste Mal in der Bibliothek, als du umher geschlichen bist, wie bei einer Verfolgung, dann als ich dich vor dem Krankenflügel gesehen habe und du vor mir zusammen gebrochen bist und das letzte Mal im siebten Stock, wo du dich apathisch umgesehen und verhalten hast. Immer wenn man dich danach fragt, weichst du den Fragen aus. Also frage ich dich ein letztes Mal, warum du so ein großes Geheimnis um deine Person machst.", antwortete er mir mit fest entschlossener Stimme und kam mir dabei zwei Schritte näher, wodurch ich umso nervöser wurde. Unbewusst hatte ich angefangen zu zittern und spürte die Unruhe in mir.
,,Vielleicht hast du auch einmal daran gedacht, dass es niemanden etwas angeht, was in meiner Vergangenheit passiert ist. Du weißt ja noch nicht einmal wer ich bin, meinst aber dir schon ein Urteil über mich bilden zu können. Aber soll ich dir etwas sagen, du würdest es niemals verstehen und warum, weil du nie meine Erfahrungen und Ängste haben wirst. Genau deshalb kannst du es nicht verstehen, niemand hier kann dies.", meinte ich mit bebender Stimme, aber nicht vor Trauer, sondern vor Wut. Hellmir, er war so festgefahren, dass er gar nichts mitbekam.
,,Ach aber dein komischer Freund kann dies oder wie? Selbst von ihm kapselst du dich ab."
,,Lass Leon aus dem Spiel. Er versteht und kennt mich schon seit ich klein war und stand mir immer zur Seite, denn er ist mein bester Freund, aber so etwas willst du gar nicht begreifen."
,,Ich weiß sehr wohl, was Freundschaft heißt, aber du dafür anscheinend nicht."
Vor Wut und Frust ballte ich meine Hände zu Fäusten und blendete komplett die Kälte und die fallenden Kristalle um mich herum aus. Innerlich ermahnte ich mich jedoch ruhiger zu werden und holte geräuschlos Luft und atmete sie wieder aus, ehe ich meine Stimme wieder erhob.
,,Draco, ich habe jetzt keine Zeit und Konzentration für deine haltlosen Beschuldigungen und Unterstellungen. Wenn du mich also  entschuldigen würdest."
Mit diesen Worten stapfte ich los, ohne auf eine Antwort von ihm zu warten und wollte gerade an ihm vorbei gehen, als ich einen festen Druck an meinem rechten Oberarm bemerkte, der mich zum bleiben zwang. Verwundert und verärgert sah ich zu Dracos Hand und dann zu seinem Gesicht, welches mich eingehend musterte, was mir ehrlich gesagt ziemlich unangenehm war.
,,Würdest du mich bitte los lassen, ich habe noch etwas zu erledigen und nicht hier fest zu frieren.", meinte ich gereizt, doch er schien meinen Tonfall gar nicht bemerkt zu haben oder ignorierte ihn gekonnt.
,,Sag mir endlich die Wahrheit, Thalia Rave.", entgegnete er mir mit einem herben Tonfall, der gar nicht zu ihm passte. Ungewollt mischte sich zu meiner Wut auch die Traurigkeit wieder ein und ich glaubte auch zu wissen, dass mein Gegenüber diese in meinen Augen sehen konnte.
,,Wieso sollte ich jemanden ein Geheimnis anvertrauen, der noch nicht ein mal weiß, was es bedeutet geliebt und verloren zu haben, der nie meine Gedanken verstehen oder akzeptieren würde?", antwortete ich ihn und merkte, dass er den Druck um meinen Arm verschwinden ließ und ich mich somit aus seinem Griff wand und ohne auf ihn zu achten zu einer Ecke ging, ganz in der Nähe des Wasserspeiers und mich dahinter versteckte. Einen kurzen Augenblick lang blieb der Slytherinjunge dort noch stehen, bis er mit schnellen Schritten wieder zum Portal ging und nach drinnen verschwand. Erleichtert ließ ich meine Anspannung fallen und wandte mich nun zu der Figur vor mir und murmelte ganz leise 'Säuredrops'. Kurz darauf setzte sich der Speier in Bewegung und gab somit den Weg zum Büro frei, den ich ohne zu zögern einschlug.
Nun stand ich vor der hölzernen Tür und klopfte zaghaft an, woraufhin von der anderen Seite ein deutliches 'Herein' erklang. Eilig folgte ich dieser Anweisung und öffnete die Tür vor mir, welche mir sofort wieder das Bild von Professor Dumbeldores Büro entgegenbrachte.
,,Ah Thalia, bitte setzt dich doch.", meinte der ältere Mann hinter seinem Schreibtisch und deutete auf den Stuhl vor ihm. Schweigsam ging ich auf diesen zu und ließ mich auf diesen nieder, während ich meinen alten Zaubereilehrer nicht aus den Augen ließ.
,,Du weißt sicherlich, warum ich dich zu mir gebeten habe, nicht wahr?"
,,Ja, Professor."
,,Natürlich hat das Kollegium bemerkt, dass es dir nicht gut geht und das auch schon vor dem Unterricht am Wochenende. Es haben mich auch deswegen einige heute aufgesucht oder mich mittels eines Briefes gefragt, was der Grund dazu ist. Ich weiß ja, dass dies leider eine sehr schwierige Zeit für dich und deine Familie ist und respektiere deine Trauer. Deswegen haben ich mir erlaubt zu lügen und habe den Lehrern gesagt, dass es in deiner Familie eine Kette unglücklicher Zufälle gab."
,,Danke, Professor Dumbeldore.", wisperte ich und sah ihn dabei dankbar an. Auf meine leise Antwort hin musste mein Gegenüber schmunzeln und faltete dabei seine Hände ineinander.
,,Dafür nicht, Thalia. Nun sag mir aber, willst du mir irgendetwas mitteilen?", fragte er mich und die Frage überrumpelte mich ein wenig.
,,Am Abend der Zeremonie haben Leon und ich Hermine angetroffen und ihr unser Geheimnis anvertraut. Sie wird es für ich behalten, da bin ich mir sicher."
,,Dagegen habe ich auch nie etwas gesagt und ich weiß auch, dass Miss Granger dein Geheimnis sicher verwahren wird. Ich meinte aber mit dieser Frage nicht sie, sondern den Zwischenfall von vorhin mit Mister Malfoy."
Verwirrt und überrascht zugleich riss ich meine Augen auf, wusste aber, dass ihm innerhalb Hogwarts selten etwas entging.
,,Eine kleine Auseinandersetzung, die ich aber schnell unterbinden konnte."
,,Gewiss, doch sei vorsichtig. Er ist sehr interessiert an deinem Geheimnis, daher musst du gut aufpassen."
,,Hat es etwa damit zu tun, dass seine Familie früher Du-weißt-schon-wen gedient hat?", stellte ich ihm schnell die Frage, die ihn ein wenig verwirren zu schien, denn er sah mich ratlos aus seinen blauen Augen an.
,,Zum Teil, Thalia. Du wirst verstehen, wenn ich dir nicht alles sagen kann, doch kann ich dich um etwas bitten?"
Nun war ich wieder verwundert, nickte jedoch zögerlich als Antwort.
,,Nichts ist so wie es auf den ersten Blick, besonders Menschen. Ich bitte dich darum, deine Fähigkeiten so gut es geht weiter zu trainieren und weiter zu entwickeln."
,,Und warum, Professor?"
,,Es wird bald eine Zeit kommen, in der du keine Zeit mehr für Vorbereitungen hast, in denen du intuitiv und instinktiv handeln musst, um die zu retten die du liebst."

Heyho,
erstmal ein riesengroßes SORRY an euch da draußen. Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich im September nicht geupdatet habe, jedoch wird für mich der zu lernende Schulstoff immer mehr und vor allem anspruchsvoller. Bitte habt dafür Verständnis, dass dies wahrscheinlich auch im November der Fall sein wird, da dort die Zeit einiger Prüfungen für  mich sein wird und ich die Schule höher stelle als Wattpad, so leid es mir tut, denn es macht  mir wirklich Spaß an dieser Geschichte zu schreiben.
Ich hoffe aber, dass ihr trotzdem noch auf weitere Kapitel dieses Buches wartet.
Eure Julia.

Engel der Nacht (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt