Es schmerzte, diese Erinnerung wieder hervorzuholen. Sie war so unerträglich und trotzdem wollte ich sie um keinen Preis verlieren. Dieser Moment als das Foto aufgenommen wurde, war immerhin mein letzter schöner Augenblick, bevor alles über mir zusammenbrach. Niemals würde ich diesen Gedanken verwerfen wollen, denn er machte mich trotz alledem stark. Es erinnerte mich daran, dass es mehr gibt als das eigene Leben und dass es in den Menschen immer noch vorhanden ist: Opferbereitschaft und Hoffnung. Ohne Alexander würde ich jetzt nicht hier sein, ohne ihn hätte ich keine neue Chance zu leben bekommen. Ich verdanke ihm so viel und kann es ihm nie wiedergeben.
Traurig schloss ich meinen Anhänger, mit einen letzten Blick auf meinen Bruder, wieder und holte erst einmal tief Luft. Als ich den Sauerstoff in meinen Lungen spürte, fühlte ich mich sofort besser; auch das Weinen hatte mir geholfen, so absurd es auch klang. Immer, wenn ich weine, fühlte ich mich danach besser, da die angestauten Dinge endlich für eine kurze Zeit weg sind. Doch sie sind es nie gänzlich.
Über meine eigenen Gedanken seufzen, legte ich meine Kette um den Hals und sah zu der Kopie meines Bettes aus Hellmir, auf dem Samira lag und mich mitfühlend ansah. Ich brauchte es gar nicht erst zu versuchen, meine Beschützerin anzulügen, da sie es immer sofort bemerken würde. Also schenkte ich ihr nur ein gequältes Lächeln, stand von den Klavierhocker auf und nahm meine Tasche neben dem Instrument in die Hand. Mit einem kurzen Kopfnicken in Richtung Tür blickte ich wieder zu meiner Katze, die sofort von der Bettdecke herunter sprang und mir folgte. An der Tür angekommen hielt ich noch einmal kurz inne, ehe ich die Türklinke betätigte. Vorsichtig blickte ich in den Korridor und konnte, glücklicherweise, niemanden entdecken. Hastig lief ich aus den Raum der Wünsche, zusammen mit Samira und wartete anschließend darauf, dass die Tür wieder verschwand, was auch kurz darauf geschah. Beruhigt schlenderte ich mit meiner Begleiterin die Flure entlang und bemerkte durch den Stand der Sonne, dass es bereits Nachmittag war und ich anscheinend das Mittagessen verpasst hatte. Aber komischer Weise verspürte ich kein Hungergefühl und somit beließ ich das Thema für mich.
Nach einer Weile entschied ich mich zum Gemeinschaftsraum zu gehen, um mich dort ein wenig zu entspannen. Somit schlug ich diesen Weg ein und kam ungefähr zehn Minuten später auch vor dem Portrait der fetten Dame an.
,,Drachenherz.", murmelte ich ihr zu und sofort schwang das Portrait auf. Flink schlüpfte ich mit Samira hindurch und sah mich um. Außer uns beiden war der Raum der Gryffindors wie leer gefegt und selbst der Kamin, der normalerweise immer brannte, war gelöscht worden. Das einzige Licht in diesem Raum kam nun von den bodentiefen Fenstern zu meiner Rechten. Ohne zu zögern ging ich auf diese zu und sah hinaus. Vor mir erstreckte sich noch ein Teil Hogwarts, ehe die Ländereien anfingen und schließlich am verbotenen Wald endeten. Eiskalt lief es mir den Rücken herunter als ich an die Vorfälle dachte, die mit diesem in Verbindung standen. Das erste Mal als ich hier her kam und mich mit Samira in einer kleinen Grube unter einem Baum verstecken musste und dann der Schatten während der Astronomiestunde. Ich hatte keine Ahnung, ob es wirklich beide Male Umbrae gewesen waren, jedoch wusste ich, dass dieser Wald mir nur Unheil bescheren würde, wenn ich ihm zu nahe käme.
Seufzend wandte ich meinen Blick von der Dunkelheit zwischen den hohen Bäumen ab und ließ meinen Blick erneut durch den Gemeinschaftsraum schweifen. Hier alleine herumsitzen und warten, bis die anderen kamen, wollte ich nicht. Aber das Schloss verlassen traute ich mich ebenso wenig. In den letzten paar Wochen war ich nur ein einziges Mal außerhalb des Schlosses gewesen, und das war der Treff mit dem goldenen Trio am schwarzen See. Damals hatte ich mich noch sicher gefühlt, doch nun war dies nicht mehr so. Während meine Klassenkameraden draußen saßen und sich sonnten, lernten oder trainierten, saß ich mit meiner Beschützerin hier im Gebäude und hatte schon Angst genug mich dem Schlossportal nach draußen zu nähern. Ich weiß nicht, was mit mir los war. Von einen auf den anderen Tag hatte ich fürchterliche Angst bekommen das Schloss zu verlassen, und genau dies tat mir in der Seele weh. Ich liebte es draußen in der Natur zu sein, dem Wind zu lauschen, den Duft der Blumen einzuatmen und die Wärme der Sonnenstrahlen zu genießen. Zu Hause in Hellmir hatte ich jede freie Minute genutzt, um hinaus in unseren Garten zu gehen. Und nun hatte ich Angstzustände, wenn ich auch nur einen Schritt nach draußen wagte. Es war zum verrückt werden, ich wollte nicht in diesem seelischen Gefängnis leben, ich wollte einfach nur frei sein und das tun, was ich wollte. Doch ich hinderte mich selber mit meiner Angst und dies bemerkten auch die anderen nach und nach. Am ehesten war es Hermine aufgefallen, die mich immer besorgt und kritisch musterte, wenn ich es ablehnte mit nach draußen zu kommen. Doch mit der Zeit wurde es immer schwieriger Ausreden zu erfinden. Auch gesundheitlich machte sich die Sehnsucht nach der Natur bemerkbar. Meine Haut wurde zunehmend heller und sah nun eher kränklich aus, meine Augen hatten jeglichen Glanz verloren und seit längeren plagten mich Kopfschmerzen durch die fehlende frische Luft. Kurz gesagt mir ging es mehr als schlecht, doch versuchte es niemanden spüren zulassen. Es war immerhin mein Problem und sollte auch so bleiben.
Unsicher sah ich wieder aus dem Fenster und überlegte, was ich nun tun sollte, bis mir eine Idee kam. Zwar war ich selber nicht gerade begeistert von meinem eigenen Vorschlag, wollte es jedoch machen. Mit einen Blick nach unten zu Samira setzte ich mich in Bewegung und verließ mit ihr den Turm. Eilig stieg ich die verzauberten Treppen hinab und kam schließlich im großen Flur vor dem Schlossportal an, welches hinaus in die Natur führte. Zögernd ging ich auf die riesige Doppeltür zu und blieb eine Armlänge vor ihr stehen. Wollte ich das wirklich? Sollte ich jetzt da raus gehen? Verunsichert sah ich zu Boden und sah, dass ein wenig Sonnenlicht durch das Türende am Boden schien. Dies packte meinen Geist und rüttelte ihn wach, ich wollte nicht länger Angst davor haben das Schloss zu verlassen, obwohl ich wusste, dass Hogwarts der sicherste Ort auf der Erde war. Entschlossen hob ich meine Arme und drückte sie gegen die hölzernen Türen. Leichter als gedacht, ließen sich diese öffnen und die Wärme der Sonne empfing mich. Wohlig seufzte ich und schlug meine Augen wieder auf, da ich sie wegen des blendenden Lichteinfalls geschlossen hatte. Alles sah noch genauso aus, wie bei meiner Ankunft und doch hatte sich alles verändert oder war es bloß meine Sichtweise, die nicht mehr die selbe war? Ich wollte gerade einen Fuß nach draußen setzten, als meine Füß meinen Befehl verweigerten. Auch meine Atmung wurde unregelmäßiger und ich bemerkte, wie sich meine Muskeln überall verkrampften. Ich wusste ganz genau, was mit mir los war, doch konnte ich nichts unternehmen. Es war als würde mein Gehirn Befehle erteilen, doch niemand nahm davon Notiz. Ich fühlte mich unbeholfen und verängstigt, alles, wirklich alles, hätte ich jetzt in Kauf genommen, aber keine Panikattacke. Es war die erste seit langen und trotzdem war sie genauso, wenn nicht sogar noch schlimmer als die letzte. Diese hatte ich in den Wochen nach Alexanders...Verschwinden auf meinen Zimmer erhalten und war allein gewesen. Selbst Samira war in diesem Moment nicht bei mir gewesen, da sie in dieser Zeit immer die Korridore rund um mein Zimmer bewacht hatte und erst später zu mir stieß. Es war damals die erste Panikattacke und nun hatte ich meine zweite. Ich bemerkte, dass Samira mich verwirrt und ängstlich ansah, da sie keine Gefahr ausfindig machen konnte, die mich in diesen Zustand brachte. Doch diese Gefahr konnte und wird sie auch niemals wahrnehmen können, da ich allein ihr Auslöser war. Zögerlich kam meine Beschützerin zu mir und fing sich an meine Beine zu schmiegen, was mich ein wenig entspannte aber mir immer noch nicht aus dieser Starre half. Ich war machtlos und konnte nicht einschätzen, wie lange ich noch hier stehen bleiben würde.
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Engel der Nacht (Harry Potter FF)
FanfictionTeil I: Engel der Nacht (beendet) Teil II: Engel der Finsternis (angefangen) Eine dunkle Zeit zieht über das Land herein. Bedroht dessen Bewohner und raubt ihnen die Hoffnung. Die magische Welt wirkt chancenlos im Kampf gegen die aufsteigenede Mach...