Schweigend standen Harry, Samira und ich einige Sekunden regungslos da. Niemand von uns konnte mit den Geschehnissen des heutigen Abends umgehen, obwohl ein jeder von uns geahnt hatte, dass ein solcher Fall hätte eintreten können. Nur das Knistern des Feuers durchbrach die Stille und erinnerte uns, dass die Zeit nicht stehenblieb. Doch mit einem Mal ertönten hinter mir schwere Schritte, die sich auf uns zu bewegten.
,,Harry, Thalia? Was ist denn mit euch passiert, sagt mal?", fragte uns die Bass lastige Stimme von Hagrid. Überrascht, aber dennoch froh, dass ihm nichts passiert war, drehten wir uns zu ihm und blickten in ein verwirrtes Gesicht.
,,Thalia, ist das da eine Felis Vindex? Unglaublich, dass ich mal eine zu Gesicht bekommen. Wusste Dumbledore davon? Dass muss ich ihn nachher mal fragen, sobald das Feuer aus ist."
Ich sagte nichts und als er Albus erwähnte, war ich Harry dankbar, dass er meinem Oberarm bestärkend drückte. Verzweifelt sah ich von ihm zu Hagrid und danach in den Himmel zu dem Dunklen Mal. Der Wildhüter folgte verwirrt meinem Blick und wurde aschfahl im Gesicht.
,,Wer hat das Dunkle Mal herauf beschworen? Ist jemanden etwas zugestoßen? Wir müssen sofort zu Professor Dumbledore.", rief der bärtige Halbriese leicht verängstigt aus und wollte schon losstürmen, als Harry ihn zurückhielt.
,,Hagrid, Professor Dumbledore ist...er kann nicht...", begann er stammelnd, fand jedoch nicht die richtigen Worte, um seinen Freund die schlimme Nachricht zu übermitteln.
,,Das Dunkle Mal...es wurde wegen Albus heraufbeschworen.", unterstützte ich Harry mit einer leisen, brüchigen Stimme und wich Hagrids fragenden Blick aus. An meiner Stelle fuhr Harry fort mit unserer Erklärung, der sich mittlerweile etwas gefasst hatte.
,,Hagrid, Professor Dumbledore ist tot. Er wurde im Astronomieturm von Snape ermordet."
Nach dieser Klarstellung wurde der Halbriese noch bleicher im Gesicht und sah uns nacheinander an. Verzweifelt suchte er nach einem Strohhalm, dass unsere Aussage nicht wahr war. Doch dem war nicht so und dem war ich auch mir bewusst. Sofort trieb mir der Gedanke daran Tränen in die Augen, die unaufhaltsam meine feuchten Wangen herunterliefen. Und so war es wieder leise um uns vier herum, selbst das prasselnde Feuer von Hagrids Hütte war mittlerweile erloschen und hinterließ einzig und allein einen Haufen verkohlter Holzbalken, Asche und ein paar Stücke Glut. Ein letztes Mal sah ich zu dem traurigem Szenario, ehe ich mich mit Samira im Schlepptau umdrehte und in Richtung Schloss los lief. In meinem Kopf hatte sich ein einziger Gedanke manifestiert.
,,Thalia, wo willst du hin?", rief mir Harry hinterher, ohne sich vom Fleck zu bewegen. Ohne mich umzudrehen oder gar stehen zu bleiben, antwortete ich ihm.
,,Meine Pflicht erfüllen."Nach ungefähr zehn Minuten Fußmarsch, in dem sich Samira wieder komplett zurück verwandelt und Harry und Hagrid sich mir schweigend angeschlossen hatten, erreichten wir den Innenhof, der zum Astronomieturm gehörte. Schon aus einiger Entfernung konnte ich einige Schüler weinen oder tuscheln hören. Als ich jedoch zusammen mit den anderen den Platz erreichte, fühlte es sich an, als würde ich bleierne Gewichte auf meinen Schultern tragen. Ich wollte nicht durch die Menge treten, nur um dann Albus leblosen Körper vorzufinden. Doch ich musste und nicht nur für Harry. Schweigend schoben wir beide uns mit Samira an meiner Seite durch die Schülerschaft bis wir den Rand erreicht hatten. In einem Umkreis von drei Meter zu Albus stand kein einziger Schüler oder Lehrkörper, nicht einmal Professor McGonagall. Leon hatte ich währenddessen nicht entdecken können.
Zunächst zögerte ich mit Harry, doch nachdem ich an meine Verpflichtung dachte und dem dunkelhaarigen Jungen einen bestätigenden Seitenblick zuwarf. Ich löste mich als Erste aus meiner Starre und lief bedächtig auf Albus Leichnam zu. Vorsichtig ging ich bei ihm angekommen in die Knie und betrachtete sein Gesicht. Hätte ich die Geschehnisse der letzten Stunden nicht mit eigenen Augen ansehen müssen, so hätte ich vermutet, dass er nur schlafen würde. Neben mir bemerkte ich, wie Harry meinem Beispiel folgte und sich neben mir niederließ. Ohne darüber nachzudenken fuhr ich mit meiner linken Hand seine Wange entlang und umklammerte krampfhaft mein Medaillon, welches ich mit Albus Hilfe am Anfang des Schuljahres verzaubert hatte. Ich durfte auf keinen Fall jetzt die Nerven verlieren und meine Aufgabe vernachlässigen, doch konnte ich dies überhaupt?
Sanft legte sich eine warme Hand auf meine Schulter. Vorsichtig sah ich schräg hinter mich und blickte in die blauen Augen meines besten Freundes. Anders als die Anderen sah er mich und Harry nicht verwirrt oder mitleidig an. Sein Blick strahlte für mich pures Vertrauen und Sicherheit aus, in meine Fähigkeiten als Tutor Anima aber auch als ich selbst. Er konnte nur allzu gut nachvollziehen, was für ein Sturm in diesem Moment in meinem Kopf und Herz tobte. Ohne auch nur einen Ton von sich zu geben, nickte er mir zuversichtlich zu und kniete sich auf meine andere Seite. Somit war ich für die anderen Schüler abgeschirmt, was mir auch recht war.
Zitternd holte ich ein paar Mal tief Luft, ehe ich meine rechte Hand aus Albus Brustkorb legte, auf die Höhe, wo noch vor etwa einer Stunde sein Herz geschlagen hatte. Es fühlte sich merkwürdig an... und doch irgendwie vertraut.
Ein letztes Mal sah ich zu Leon, der mir stumm zu nickte und mich beobachtete. Wieder richtete ich mich Albus Körper zu ehe ich meine Augen schloss und in mich hinein horchte.
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Engel der Nacht (Harry Potter FF)
FanfictionTeil I: Engel der Nacht (beendet) Teil II: Engel der Finsternis (angefangen) Eine dunkle Zeit zieht über das Land herein. Bedroht dessen Bewohner und raubt ihnen die Hoffnung. Die magische Welt wirkt chancenlos im Kampf gegen die aufsteigenede Mach...