14.Glückliche Erinnerung

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,,Ich könnte mit dem Kopf auf dem Teller einschlafen.", meinte ich nur schläfrig und musste ein Gähnen unterdrücken.
,,Wieso das den? Wir sind doch zur selben Zeit in den Schlafsaal gegangen.", fragte Hermine mich und sah verwirrt aus. Da hatte sie zwar recht, jedoch musste ich gestern gefühlt tausend mal gegen den "Umbra" kämpfen und das zerrte gewaltig an meinen Kräften.
,,Hab schlecht geschlafen.", meinte ich nur und sah zum Lehrertisch hinauf, wo ich bemerkte, dass Albus nicht anwesend war. Doch ich wusste ja, dass er nach Horkruxen suchte und einen Weg sie zu zerstören um Harry zu helfen.
,,Geh doch mal zu Madame Pomfrey, wenn es nochmal geschieht. Du siehst richtig blass aus.", riet mir Hermine und fing an wieder zu frühstücken. Auch ich fing an etwas zu essen, um mich von meiner Müdigkeit abzulenken.
Den restlichen Schultag verbrachte ich damit wach zubleiben, wobei ich wirklich alles versuchte. Als der Tag schließlich endete war ich eingeschlafen ehe ich das Kopfkissen berührt hatte. Ein Glück war ich am nächsten Morgen ausgeruhter und ging mit dem Trio, Ginny und Samira in die große Halle, um zu frühstücken. Danach ging es ab in den Unterricht: Alte Runen war recht uninteressant, außer das wir eine Hausaufgabe abgeben und dann uns im Buch einige Texte durchlesen mussten. Die eine Freistunde verbrachte ich zusammen mit Hermine und Samira in der Bibliothek, um mich für Astronomie vorbereiten zu können. In Verwandlung kam diesmal ausschließlich nur Theorie dran und alle, ich mit eingeschlossen, langweilten uns beinahe zu Tode. Als wir dann endlich von der Pause erlöst wurden, liefen das goldene Trio, Samira und ich in die große Halle und stärkten uns. Schließlich gingen wir zu unserer vorzeitig letzten Stunde des Tages bei Snape. Auf dem Weg zum Klassenzimmer regten sich Harry und Ron über Snape und seinen Unterricht auf und bedankten sich nochmals bei mir für die Hilfe bei den Aufsätzen, da sie beide ein Annehmbar bekommen hatten. Nachdem wir den Raum betreten und uns auf unsere Plätze gesetzt hatten, fing auch schon der Unterricht an.
,,Wir werden heute mit ungesagten Zaubern beginnen. So weit ich weiß, sind sie alle Anfänger auf diesen Gebiet?", sagte Snape mit einem gehässigen Lächeln und sah durch die Klasse.
,,Was ist der Vorteil eines ungesagten Zaubers?"
Außer der Hand von Hermine und mir gingen keine Hände nach oben.
,,Nun...Miss Granger."
,,Durch einen ungesagten Zauber weiß unser Gegner nicht, welchen wir verwenden. Dadurch gewinnt man in einem Duell vielleicht eine Sekunde, die im Ernstfall wichtig sein könnte.", sprudelte es nur so aus Hermine heraus.
,,Zwar klingt es fast genauso wie die Definition aus ihrem Buch, aber im wesentlichen richtig. Nun werden Sie sich alle mit unausgesprochenen Zaubern beschäftigen. In Partnerarbeit üben.", ordnete er an und ließ, nachdem alle aufgestanden waren, die Tische und Stühle an die Seite rückten und ging vor zu seinem Pult, um das ganze Geschehen zu beobachten. Über all sah man nun konzentrierte Schüler, die versuchten ihren Gegenüber mit einen Zauber zu belegen. Auch Hermine tat sich schwer mit dieser Art von Zauber und wurde zunehmend wütender.
,,Probiere du es mal aus.", meinte sie nur.
,,Okay.", antwortete ich ihr und hob nun meinen Zauberstab. Erstaunt sah Hermine zu mir und runzelte die Stirn dabei. Ohne weiter darauf zu achten, blendete ich meine Umgebung aus und dachte an den Zauber, den ich wirken lassen wollte.
Expelliarmus...
Augenblicklich entwaffnete ich Hermine und fing ihren Zauberstab auf. Plötzlich bemerkte ich, dass mich nun wieder alle anstarrten. Langsam aber sicher wird das hier irgendwie zur Gewohnheit.
,,So sollten Ihre Zauber eigentlich aussehen.", sagte Snape und  durchbrach somit die Stille.
,,Würden Sie sich ein Duell mit ungesagten Zaubern trauen, Miss Rave?"
Zögernd nickte ich und sah ihn ein wenig verwirrt an.
,,Potter, her kommen. Sie werden gegen Miss Rave antreten. Sie dürfen Ihre Zaubersprüche auch laut sagen, da Sie es ja anscheinend nicht hinbekommen haben.", höhnte er und erschrocken sahen Harry und ich uns an, während die anderen sich an die Seite stellten und uns zusahen. Entschlossen nickte ich zu Harry, der diese Geste erwiderte. Gemeinsam gingen wir ein paar Schritte auseinander, verbeugten uns, hoben den Zauberstab zum Gesicht und gingen in Angriffsposition. Abwartend sah ich zu Harry und gab ihn mit einem Nicken zu verstehen, dass er anfangen sollte.
,,Stupor!", rief er und ich hob die Arme. Protego, dachte ich nur und ein durchsichtiger Schild ließ den Zauber abprallen. Nun war ich an der Reihe und dachte nun an den nächsten Zauber.
Expelliarmus. Harry bemerkte den Spruch noch rechtzeitig und wich aus. Wieder rief er seinen ersten Zauber und ich musste dieses Mal ausweichen, da ich nicht schnell genug reagieren konnte. Immer wieder rief er Stupor oder Expelliarmus und ich hatte Mühe auszuweichen. Irgendwann rief ich wieder das Schild auf und steckte all meine Konzentration hinein. Und wirklich, fast alle Sprüche wurden durch Protego abgeblogt und ein paar wurde sogar wieder zurück geworfen. Da Harry nicht damit gerechnet hatte, wurde er von seinem eigenen Zauber entwaffnet und sah mich aus großen Augen an, während der Zauberstab auf mich zurollte und ich ihn aufhob.
,,Das reicht nun mit der Übung. Die Stunde ist beendet.", meinte Snape nur und sofort nahmen alle ihre Sachen und verließen den Raum. Auch das Trio, Samira und ich. Als wir schließlich auf dem Korridor waren, begannen mich die anderen mit Fragen zu durchlöchern.
,,Woher kannst du das?"
,,Kannst du noch mehr aus dem Unterricht?"
,,Würdest du uns dabei helfen?"
,,Stop, Leute können wir erstmal in den Turm gehen? Da werde ich dann auch die Fragen beantworten.", meinte ich leicht überfordert und sah wie das Trio nickte. Zusammen liefen wir schweigend die Flure entlang, doch konnte ich merken, dass die anderen beinahe vor Neugier platzten. Schließlich erreichten wir den Gemeinschaftsraum und setzten uns auf unsere Stammplätze vor den Kamin.
,,Also um eure Frage zu beantworten: Ich hab das schon vor einer Weile bei meinem Privatlehrer gelernt und klar würde ich euch helfen.", sagte ich und sah wie die anderen anfingen zu schmunzeln.
,,Aber unter einer Bedingung."
,,Und die wäre?", fragte Harry mich verwirrt und guckte zu Hermine und Ron.
,,Ihr bringt mir den Patronus-Zauber bei.", antwortete ich ihm mit einem Lachen. Auch die anderen stiegen mit ein.
,,Einverstanden. Wir haben ja noch eine Weile Zeit, bis zum Abendbrot und Astronomie. Wie wärs, wir könnten in den Raum der Wünsche gehen und dort üben."
,,Klingt gut. Ihr müsst mir nur zeigen wo dieser Raum ist.", sagte ich scheinheilig und stand auf. Zustimmend nickten die anderen und zusammen gingen wir, natürlich mit Samira, in den Raum der Wünsche. Dort angekommen befand sich diesmal ein weites Zimmer, welches mit Matten auf dem Boden ausgepoltzert wurde.
,,Wollen wir zuerst mit den Ungesagten Zaubern beginnen?", fragte ich in die Runde und bekam ein bestätigende Antwort.
,,Zunächst schließt eure Augen. Und-"
,,Wieso das denn?"
,,Ruhe Ron. Vertrau mir und schließ die Augen.", zischte ich ihm zu und augenblicklich tat er dies.
,,Nun denkt ganz fest an einen Zauber. Zu Beginn wäre Stupor angemessen. Denkt an die Betonung der Worte, wenn man sie aussprechen würde. Stellt euch die Bewegung vor und führt diese vor eurem inneren Auge durch. Ihr müsst euch ausschließlich darauf konzentrieren. Kapselt euch für einen Moment von eurer Umwelt ab und lasst euch von nichts und niemanden aus der Ruhe bringen.", sprach mit ruhiger Stimme.
,,Nun hebt euren Zauberstab, denkt ganz fest an das Wort und wiederholt es tief in euch drin.", forderte ich sie auf und ging einige Schritte zur Seite. Doch dabei ließ ich ihre Gesichter nicht aus den Augen. Alle drei sahen nach einiger Zeit frustriert aus und öffneten nacheinander die Augen.
,,Ihr konzentriert euch nicht richtig.", meinte ich mit verschrenkten Armen.
,,Wir konzentrieren uns, falls es dir nicht aufgefallen sein sollte.", antwortete Harry mir leicht gereizt.
,,Das sehe ich. Ihr konzentriert euch zwar, aber nicht richtig. Bei euch ist das Problem, dass ihr euch nicht richtig von der Umgebung abkapselnd könnt. Noch einmal und dieses Mal denkt ihr nur an den Zauber und an nicht anderes."
Seufzend schlossen die drei wieder ihre Augen und begannen sich wieder zu konzentrieren. Währenddessen setzte ich mich zu Samira auf den Boden und kraulte sie. Nach einer Weile bemerkte ich eine Veränderung bei Hermine. Der vorher noch so frustrierte Blick war verschwunden, stattdessen sah ihr Gesicht jetzt entspannt aus. Kaum eine Sekunde später löste sie einen Zauber aus und öffnete die Augen, so auch wie die anderen.
,,Klasse Hermine. Genauso musst du es machen.", meinte ich, stand auf und umarmte sie.
,,Danke, jetzt wo ich weiß wie es geht, verstehe ich deine Worte auch."
Augenrollend setzten sich die Jungs auf den Boden und versuchten sich zu entspannen.
,,Ok ich denke, dass wir eine Pause machen sollten. Während die anderen zwei sich ausruhen, kann mir ja der dritte beim Patronus-Zauber helfen.", schlug ich vor. Begeistert zeigten die Jungs einen Daumen nach oben.
,,Ich wäre ja dafür, dass Harry dir bei dem Spruch hilft. Schließlich hat er es uns ja auch beigebracht. Nicht wahr, Harry?", schlug Hermine vor, wobei es eher wie ein Befehl klang. Nickend stand Harry auf und kam auf mich zu. Drei Meter von mir entfernt, blieb er stehen.
,,Wie du vielleicht weißt, ist der Patronus dazu da Dementoren abzuwehren. Er ist das komplette Gegenteil von diesen Kreaturen. Während der Dementor versucht dir deine glücklichsten Erinnerung auszusaugen, versucht der Patronus dies zu verhindern. Es erfordert Willensstärke einen gestaltlichen Patronus zu erschaffen. Doch dazu kommen wir, wenn du es geschafft hast einen normalen Patronus zu zaubern. Ganz wichtig dabei ist es, während des Zaubers, sich an den glücklichsten Moment in deinem Leben zu erinnern. Die Formel, die du sagen musst, lautet: Expecto Patronum. Probiere es einfach einmal.", erklärte es Harry noch einmal konkret und ich nickte ihm zu, damit er wusste, dass ich es verstanden hatte. Konzentriert schloss ich meine Augen und dachte nach, was meine glücklichste Erinnerung sein könnte. Da meine Familie beim letzten Mal nichts ausgelöst hatte, überlegte ich weiter. Dachte an die lustigen Unterrichtsstunden mit meinen Schwestern, unsere gemeinsamen Picknicks in unserem Garten und die Zeit mit meinen Eltern. Doch dann flackerte etwas ganz weit hinten in meinem Gedächtnis auf. Es war eine kleine Erinnerung aus meiner Kindheit und doch wusste ich sofort, dass sie zu den wenigen zählte, die mir viel bedeuteten.

Erinnerung
Ich weiß nicht, wie alt ich genau war, doch ich schätze, dass ich nicht älter als fünf Jahre alt sein konnte. Woher ich das ahne? Bis ich sechs war, besaß ich ein gelbes Sommerkleid, aus welchem ich später rausgewachsen war. Und genau dieses trug ich in der Erinnerung. Die weiße Spitze an dem Saum würde ich überall wieder erkennen. Ich war gerade auf den Weg zu unserem Gartenpavillon, der mitten in einem Labyrinth von Rosenhecken stand. Doch ich würde auch blind aus diesem Wirrwar von Gängen herausfinden, so oft wie ich hier war. Gerade erreichte ich den weißen Marmorpavillon und setzte mich genau in die Mitte. Dann begann ich zu weinen. Warum? Weil ich mich an diesem Tag sehr mit meinen Schwestern gestritten hatte und aus dem Schloß gerannt bin. Erst als ich etwas an meiner Schulter spürte, wusste ich, dass ich nicht allein war; schluchzend sah ich in das Gesicht eines Jungen, der ein bisschen älter war als ich.
,,Warum bist du so traurig?", fragte dieser mich und sah mich bestürzt an.
,,Ich...ich hab mich...mit...meinen Schwestern...gestritten. Jetzt...sind sie sehr...böse auf mich.", wimmerte ich und fing nur noch mehr an zu weinen. Ohne zu zögern, nahm mich der Junge in die Arme und versuchte mich zu beruhigen. Nach einer Weile beruhigte ich mich auch wieder und löste mich aus seiner Umarmung und sah ihm in die hellblauen Augen, die mich freundlich ansahen.
,,Ich bin Leon und du?"
,,Thalia.", antwortete ich ihm und wartete ein wenig ängstlich seine Reaktion ab.
,,Dann bist du also die Prinzessin.", stellte Leon fest. Traurig nickte ich, da ich manchmal nur ein einfaches Mädchen sein wollte mit Freunden. Doch die Reaktion die dann kam, verwundert mich bis heute noch.
,,Ich finde es nicht schlimm, dass du eine Prinzessin bist. Für mich bist du ein ganz normales Mädchen. Und wenn du willst, würde ich gern dein bester Freund werden.", sagte er schüchternd und sah mir in die Augen. Freudestrahlend umarmte ich ihn.

Seit diesem Tag waren wir wirklich beste Freunde. Auch unsere Eltern akzeptierten die Freundschaft, da Leons Vater ein guter Bekannter meines Vaters war.
Selbst jetzt, wo ich an Leon und unsere Freundschaft dachte, entlockte es mir ein Lächeln und hob den Zauberstab. Immer noch hatte ich die Augen geschlossen und hielt an dieser Erinnerung fest. Dann murmelte ich die Zauberformel.
,,Expecto Patronum."

Engel der Nacht (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt