40.Beflügelter Wintertag

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Nachdem wir den Gemeinschaftsraum verlassen hatten und zur großen Halle gingen, umhüllte uns sofort wieder der Gesang der Geister und verzauberten Rüstungen. Fröhlich und unermüdlich trällerten sie ihre Weihnachtslieder, wie in den letzten vier Wochen. Neben mir bemerkte ich, dass Leon verstimmt das Gesicht verzog und wahrscheinlich versuchte die Lieder auszublenden. Mit einem belustigten Kopfschütteln nahm ich dies zur Kenntnis sagte jedoch nichts dazu. Auf unseren Weg zum Frühstück, trafen wir nur vereinzelt andere Schüler, denen wir frohe Weihnachten wünschten und anschließend weiter gingen. Schließlich erreichten wir die festlich geschmückte Halle mit einem riesigen Weihnachtsbaum und betraten diese, in der uns augenblicklich ein festlicher Geruch entgegen kam. Anscheinend stimmte mir da mein Magen zu und begann leise zu knurren, was Leon dazu brachte leise zu lachen. Und auch wenn Samira nicht dazu fähig war, konnte ich so etwas wie Belustigung in ihrem Blick erkennen. 
,,Hat da etwa jemand Hunger?", fragte mich Leon flüsternd und zog dabei seine linke Augenbraue spöttisch nach oben.
,,Nein überhaupt nicht. Ich glaube eher, dass deine Ohren nicht mehr richtig funktionieren, mein Lieber.", antwortete ich ihm zuckersüß und löste mich von meinem Beschützer, um alleine auf den Gryffindortisch zu zu gehen. Dort angekommen, ließ ich mich recht mittig des Tisches nieder, so dass der Huffelpufftisch hinter meinem Rücken lag.
,,Kommst du oder willst du dort festwachsen?", fragte ich meinen besten Freund, der immer noch an der selben Stelle stand und mir verdattert in die Augen sah, ehe er den Kopf schüttelte und sich zusammen mit Samira neben mich setzte. Als dies getan war, sah ich mir das Essen vor uns an und staunte mal wieder, was Elfen alles schaffen können. Von Brötchen bis Zuckerkuchen war alles vertreten, doch entschied ich mich schlussendlich für meine geliebten Pancakes, ein paar schokolierte Früchte und einen Becher Kürbissaft. Leon hingegen nahm sich ein Brötchen und verschiedene Fleisch- und Käseaufschnitte, ein Stück Zuckerkuchen und einen Becher Kräutertee. Während wir beide unser Frühstück aßen, wartete meine Katze geduldig darauf selbst zu fressen. Als es schließlich soweit war, schnitt ich ihr eine Schnitte mit Wurst klein und reichte ihr die Stücke einzeln.
,,Das ist ganz schön viel Essen für so viele Schüler, oder?", fragte mich mit einem Male Leon und löste damit meine Aufmerksamkeit von meiner Beschützerin los. Interessiert über diese Frage guckte ich mich in der Halle um und stimmte ihm stumm zu. An allen Haustischen saßen nicht mehr als zehn Personen, so dass die Halle noch größer wirkte. Dabei bemerkte ich, dass Albus ebenfalls fehlte, wusste aber durch ein Gespräch am Anfang des Schuljahres, dass er sich manchmal auf die Suche nach Horkruxen machte. Weiterhin sah ich kaum bekannte Gesichter, nur ab und zu welche, mit denen ich Unterricht hatte, wie beispielsweise Hannah Abbott, die gerade durch das Portal zu ihrem Haustisch ging. Auch wenn nur wenige Schüler anwesend waren, so versprühten sie durch das Weihnachtsfest eine glückliche Stimmung und Atmosphäre. Gerade als ich mich meinem Kürbissaft zuwenden wollte, stupste mich Leon unauffällig in die Seite. Verwirrt blickte ich zu ihm, doch blickte er nicht zu mir, sondern zum Eingang der großen Halle durch den nun Draco Malfoy kam und geradewegs zum Slytherintisch ging. Auch wenn ich in letzter Zeit nicht wirklich darauf geachtet hatte, so vielen mir seine dunklen Augenringe, aber auch leicht eingefallen Wangenknochen auf, vielleicht täuschte ich mich dabei aber auch. Denn sicher war ich mir bei dieser Sache nicht.
,,Er sieht erschöpft aus.", sprach ich plötzlich meinen Gedanken leise aus und senkte meinen Blick auf den leeren Teller vor mir.
,,Hm...stimmt schon. Aber mich würde interessieren, ob ihn die Vorwürfe von Professor Snape so zu schaffen machen oder diese tatsächlich wahr sind."
,,Da hast du recht, mich macht dies auch neugierig.", murmelte ich und sah mich kurz um, als mir ein Gedanke kam.
,,Oh nein, Lia. Vergiss es, denn auch wenn wenig Schüler und Lehrer hier sind, so würde ich dir davon abraten deine Fähigkeit einzusetzen."
,,Und deshalb sollst du auch aufpassen, dass es niemand bemerkt. Immerhin sieht es bestimmt unheimlich aus, wenn ich jemanden so intensiv anstarre."
Zuerst zögerte Leon und sah sich selbst noch mal unauffällig um, ehe er seufzend mit dem Kopf nickte.
,, In Ordnung, aber sobald ich dich anstupse, brichst du die Verbindung ab. Egal, ob dir etwas auffällt."
,,Ja Leon keine Sorge. Immerhin habe ich dies auch schon ein paar Mal in deiner Abwesenheit hier gemacht."
,,Ich sage dazu jetzt mal lieber nichts.", murrte Leon und gab mir mit einem Blick zu verstehen, dass ich anfangen könnte. Sofort sah ich zum Slytherintisch, wo Draco glücklicherweise nicht mit dem Rücken zu mir saß. Zwar hätte es auch so funktioniert, doch ist es für mich leichter, wenn ich den Menschen dabei ins Gesicht und noch besser in die Augen sehen kann. Konzentriert schloss ich meine Augen und rief im Innern meine Fähigkeiten auf. Als ich sie wie einen dünnen Schleier bemerkte, öffnete ich die Augen und heftete meinen Blick an Draco. Dabei wurde meine Sicht wie gewohnt an den Rändern dunkler und es erschienen zunächst einige bunte Fäden, die nicht nur Draco gehörten. Ich intensivierte meinen Blick und sofort verschwanden die unwichtigen Linien. So wie es auch schon bei den anderen Malen gewesen war, erschienen mir drei Schicksalsfäden. Die blaue war unverändert matt und schimmerte nur noch an wenigen Stellen, die grüne hatte sich auch nicht gebessert. Ich hatte sogar eher den Eindruck, dass sie noch ein wenig schwächer leuchtete als zuvor. Als letztes sah ich mir die schwarze an, die noch weniger leuchtete als die anderen. Seit dem letzten Mal hatte ich heraus gefunden, dass diese die sogenannte innere Stärke oder auch Willenskraft darstellte. Ich hatte das gesehen, was ich wissen wollte und hatte schon vor die Verbindung zu trennen, als mir ein leichtes Flimmern auffiel. Verdutzt sah ich mir das an und erkannte, dass dieses "Flimmern" ein anderer Schicksalsfaden war, doch konnte ich nicht genau sagen, zu wem er hinführen sollte oder ob es überhaupt nur ein Faden war.
Mit einem Male spürte ich einen leichten aber dennoch deutlichen Druck an meiner linken Leistengegend und brach augenblicklich die Bindung zu dem Slytherinjungen. Etwas benommen versuchte ich meine Sicht wieder zu schärfen und schaffte dies kurz darauf, mehr schlecht als recht.
,,Ist alles in Ordnung?", fragte mich Leon besorgt und berührte dabei meine Hand vorsichtig.
,,Ja...es geht schon.", meinte ich mit einer etwas belegten Stimme und versuchte mich auf meine Umgebung zu konzentrieren.
,,Willst du kurz an die frische Luft? Du wirkst gerade etwas blass.", schlug Leon behutsam vor. Langsam nickte ich und stand mit wackligen Beinen auf. Als ich einen einigermaßen sicheren Stand hatte, stieg ich über die Holzbank am Gryffindortisch, wobei ich mich an Leons ausgestreckter Hand festhielt. Zusammen mit meinen Beschützer verließ ich die große Halle und bemerkte nur unterschwellig, wie uns ein Augenpaar verfolgte.

Engel der Nacht (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt