3. ~ "Ich bin noch keine Königin!"

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Frank Ocean - White Ferrari

Ich schrecke auf, als der Donner genau vor meiner Veranda ertönt. Der nächste Schreck, dass ich in meinem Bett liege, zugedeckt und an mir Nicholas' Shirt, das er unter seiner Uniform getragen hat. Der dritte Schreck, das Knistern des noch nicht gelöschten Feuers, im Kamin.
Was allerdings kein Schreck ist, dass der Platz neben mir völlig leer, unbenutzt und verlassen ist. Ich streiche mein Haar zurück und setze mich richtig auf, ehe ich die Dunkelheit, die draußen durch die Gardinen scheint, wahrnehme. Ein Blick auf die Wanduhr zeigt mir das bald der Morgen anbrechen wird, weswegen ich mich wieder ins Kissen fallen lasse. Ich starre den Kronleuchter an, der die Decke erfüllt und umfasse den Ring an meinen Ringfinger, ehe meine Augen wieder zufallen.

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"Soldat Sebastian.", nicke ich dem Soldaten meiner Mutter zu, der mir die Türen zu ihrem Gemach öffnet. Ich schaue mich nicht weiter im Zimmer um, denn ich weiß meine Mutter liegt noch immer im Bett. Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen, lasse mich auf das Bett meiner Mutter nieder und umfasse ihre kühle Hand. Ihre Augen sind geschlossen, so wie die Gardinen vor den Fenstern, die nur den Duft von Regen und frischem Gras hinein wehen. Die Haut meiner Mutter gleicht meiner, obwohl ihre etwas Farbe, ein paar Sonnenstrahlen entern könnten. Mit der anderen Hand streiche ich über die Hand meiner Mutter und atme tief durch. Sie schläft friedlich, ruhig und sieht entspannt aus, doch ich möchte nicht wissen wie es eigentlich in ihr aussieht - was sie alles in ihrem inneren angreift. Ihr dunkles schwarzes Haar gleicht ebenfalls meinem, das ich aus ihrer Stirn streiche. "Mutter.", flüstere ich leise, als ich die Türen des Gemaches wahrnehme. "Kronprinzessin.", ein Blick über meine Schulter und ich erkenne den Doktor, vor mir verbeugend. "Wie geht es ihr?", richte ich meinen Blick wieder auf meine Mutter. "Es erging der Königin bereits besser, Hoheit.", legt der Doktor seine Tasche ab, doch ich mache keine Anstalt mich zu bewegen.
Früher, als ich ein Kind war, hat meine Mutter mich jeden morgen geweckt, mit einer samt Stimme von Summen, während sie durch mein Haar gefahren ist um mich in den Tag zu wiegen. Ich bemerke gar nicht, wie die Melodie meine Lippen verlässt, ohne das ich sie öffne und beobachte im Augenwinkel den Doktor, der still und schweigend wartet.
"Entschuldigt. Ich werde nun gehen, damit Ihr Eure Arbeit machen könnt.", spüre ich wie mir die Tränen kommen, als ich die Hand meiner Mutter an meine Lippen führe und küsse. Ich wende den Blick von ihr an, als ich mich erhebe und mein Kleid den Boden berührt. "Hoch lebe die Königin.", knicke ich vor meiner Mutter ein, verschränke die Hände aneinander und bemerke, als ich mich wieder erhebe wie sich die Tränen von meinen Augen lösen.

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Als der Regen nicht aufhört sich in den Brunnen abzulassen öffne ich meine Augen und sehe zu wie sich meine Tränen mit dem Wasser des Brunnens und des Regens vermischen. Mein Haar klebt an meinem Gesicht und an meinem durchnässtes Kleid. Langsam spüre ich wie der Regen mein Korsette angreift, da ich nichts weiter als ein langes schwarzes Kleid, mit Unterrock meinen Körper bedeckt. Meine Sicht ist verschwommen und ich lasse den kalten Schauer über meinen Rücken weilen, mit den Blick nach unten gerichtet. "Prinzessin, kommt zurück ins Schloss.", höre ich es aus der fernen Weite und es klingt nach Johnathan, doch ich bewege keinen Zentimeter meines Körpers, nur meine Tränen finden ihren Weg.

Was ist das für ein Gefühl, jemand zu sein der man nicht sein will?
Was ist das für ein Gefühl, immer das zu tun was von einem verlangt wird?
Was ist das für ein Gefühl, sein Glück nicht selbst in die Hand nehmen zu können?

"Königin.", nehme ich seine Präsenz neben mir wahr, doch wende meinen Blick ab, lege die Arme an meine Oberarme, da ich drohe zu erfrieren.
"Ich bin noch keine Königin.", zische ich durch meine Lippen die sich wund und kalt anfühlen. "Erst wenn Mutter im Himmel weilt, werde ich ihren Platz als Thronfolgerin einnehmen, Nick. Ich bin noch keine Königin und will es auch nicht sein. Ich will meine Mutter nicht verlieren.", schließe ich meine Augen und spüre wie sich meine Kehle zusammen schnürt, vor lauter Kummer. "Anabeth.", spüre ich seine warmen Hände an meinem kalten Körper, doch ich ertrage dies nicht, weswegen ich einen Schritt zur Seite mache, weg von ihm. "Nicht.", wird das Diadem auf meinem nassen Haar schwerer und schwerer. Ich lege die Hand an mein Herz, während ich nach Luft ringe. "Sobald Mutter stirbt muss ich regieren und ich weiß nicht ob ich dafür bereit bin, Nick. Ich kann das nicht, nicht mit Alexander an meiner Seite. Ich soll einen Mann heiraten, der mich vielleicht lieben kann, aber ich ihn nicht, weil ich mit seinem Bruder Nachts mein Bett teile.", schüttle ich den Kopf und bemerke seine Präsens wieder direkt hinter mir, spüre wie seine Uniformjacke meinen Oberkörper umfüllt, doch ich ziehe zurück, sodass die Jacke zu Boden fällt und schließe erneut die Augen, als sich mein Herz zusammen zieht. "Ich kann nicht über Deutschland und Frankreich herrschen, Nicholas."
"Königin. Seht mich an.", wendet er mich in seinen Armen zu sich. Da es regnet stehe nur ich am Brunnen, mit seinen Armen um mich. Nicholas tropft der Regen ins Gesicht, da die Tropfen sich nicht in seinem Haar verfangen können. Seine Augen blicken mich mit einer Vertrautheit an, die mein Inneres erwärmt, genauso wie seine Hände. "Du hast um die Hand der Tochter eines Generals gehalten, Nick. Wir können das nicht mehr tun.", schlucke ich weitere Tränen herunter, die sich in mir anbahnen, wenn er mich so anblickt. "Ich muss Alexander heiraten und du-", schnürt sich meinen Lunge zusammen, und meine Tränen vermischen sich mit dem Regen, da ich nichts mehr ertragen kann. Seine Arme schließen sich um mich, fest und stark. Ich habe keine Möglichkeit zu entfliehen, niemals. "Hör mir zu, Anabeth.", ist seine Stimme fest und ansehnlich, als er mich von sich lässt, um mir in die Augen zu blicken.
"Vielleicht musst du meinen Bruder zum Mann nehmen, vielleicht habe ich um die Hand der Tochter des Generals gehalten, aber das bedeutet nichts. Du bedeutest mir etwas, seit unsere Eltern diese Allianz angezapft haben.", umfasst er meine Wange. "Prinzessin, dass mit der Königin ist eine Tragödie, du verdienst das nicht und ich, ich verdiene dich nicht.", streicht er mit dem Daumen über meine Wangen und ich spüre, wie mein Herz darauf anschlägt. "Claude bedeutet mir rein gar nichts, ich werde immer nur Euch dienen. Ihr habt mein Wort. Und auch wenn du mit meinem Bruder vermählt bist, ich werde derjenige sein der Nachts Eure Lüste befriedigt, meine Majestät."
"Nicholas, bitte tu' das nicht. Wir können niemals zusammen sein.", blinzle ich zu ihm hoch, ehe ich von ihm ablasse, meine Arme vor meiner Brust verschränke und mit gesenktem Blick den Weg zum Schloss einschlage.

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